Die FPÖ zieht Konsequenzen aus der jüngsten Serie von nationalsozialistischen und antisemitischen Fehltritten. Am Montag Abend folgte der FPÖ-Bundesvorstand der Empfehlung von Parteichef Heinz-Christian Strache und beschloss einen Prozess zur Aufarbeitung der FPÖ-Vergangenheit. Die Details wurden von FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz, Generalsekretär Harald Vilimsky und FPÖ-Vizeobmann John Gudenus am Dienstag der Öffentlichkeit vorgestellt.
Demnach beschloss die FPÖ eine Erklärung, in der sie sich "nochmals und schriftlich" (Vilimsky) von Nationalsozialismus und rechtsextremem Gedankengut abgrenzt. Wegen des Deutschnationalismus der Burschenschaften nimmt die FPÖ in die Erklärung auch ein Bekenntnis zur Republik Österreich auf. "Die FPÖ bekennt sich vorbehaltlos zur Republik Österreich und zur Förderung von
Demokratie und Rechtstaat. Europa ist uns wichtig, Österreich tragen wir im Herzen", heißt es in dem Text. Die
"deutsche Sprach- und Kulturgemeinschaft" wird "genauso wie die autochthonen Minderheiten" erwähnt.
"Alle Menschen sind gleich an Würde und Rechten geboren. Besondere Verantwortung sehen wir in der Bekämpfung des Antisemitismus, er hat in unserer Gemeinschaft keinen Platz", heißt es weiter. Die FPÖ werde die "dunklen Kapitel der österreichischen Geschichte nie vergessen" und erteile der Verharmlosung des Nationalsozialismus eine Absage.
Für die "Prozess-Steuerung" bei der Aufarbeitung der Vergangenheit hat der FPÖ-Vorstand eine Koordinierungsgruppe eingesetzt. Ihr gehören an: Hilmar Kabas, Peter Fichtenbauer, Ursula Stenzel, Anneliese Kiitzmüller, Harald Stefan, Norbert Nemeth, Reinhard Bösch und Andreas Mölzer. Vorsitzender der Historiker-Kommission wird der frühere FPÖ-Nationalratspräsident Wilhelm Brauneder. Brauneder bekommt von der FPÖ eine "umfassende Liste" von 30 bis 50 renommierten nationalen und internationalen Historikern, aus denen er sein "Kernteam" zusammen stellen soll. In einem erweiterten Kreis sollen darüber hinaus Wissenschafter beigezogen werden, und in einem dritten, abschließenden Verfahren sollen auch der FPÖ ausgesprochen kritisch gegenüber stehende Historiker oder Institutionen einbezogen werden. Rosenkranz gibt eine "Entwarnung": "Es wird ein breiter Prozess sein, in den sich viele Forscher einbetten können." Das sei auch im Sinn der FPÖ, damit nicht nach Abschluss des Prozesses wieder etwas Neues auftauche. Rosenkranz fordert alle, auch das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands, auf, mitzumachen und alles Belastende offen zu legen, was über die Geschichte der FPÖ vorhanden sei.
Auf die Burschenschaften habe die FPÖ keinen Zugriff, aber sie sei bereit, die Burschenschaften durch Kontaktnahme und "Charmeoffensive" zur Mitarbeit zu bewegen. Die Wissenschafter der Historiker-Kommission bekämen völlig freie Hand, ab wann und wie umfangreich sie die Geschichte der FPÖ bzw. des Dritten Lagers ansetzen, aber der Schwerpunkt solle bei der jüngeren Geschichte liegen und nicht im Jahr 1848.
Ziel ist, dem latenten Vorwurf den Boden zu entziehen, bei der FPÖ finde "wissentlich nationalsozialistisches Gedankengut Platz". Rosenkranz: "Das muss sich aufhören. Wenn irgendjemand in Österreich glaubt, er kann in der FPÖ nationalsozialistisches Gedankengut einfließen lassen oder uns als Vehikel benutzen, der soll nicht auf ein Ausschlussverfahren warten, sondern gleich gehen."
Die Koordinierungsgruppe hat weiters die Aufgabe, das Verhältnis zwischen Burschenschaften und FPÖ neu zu ordnen. Sie soll FPÖ-Mandataren und Funktionären "Empfehlungen und Ratschläge" geben, die Mitgliedschaft in einer Burschenschaft zurück zu legen, damit die FPÖ nicht mit belastendem Gedankengut und Verfehlungen "privater Vereine" assoziiert werde.
Ein erster Zwischenbericht der Historiker-Kommission soll noch rechtzeitig zu den Republiksfeiern heuer im Herbst vorliegen.
John Gudenus benutzte die Präsentation der FPÖ-Beschlüsse, um die Kritiker der Freiheitlichen "hysterisch" und "neidisch" zu nennen. Sie würden die "positiven Schritte" der Bundesregierung überdecken und die Gesellschaft spalten wollen.