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Serbien: Strache auf heiklem Besuch in Serbien

12-02-2018, 10:20

Das Treffen zwischen Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) Montagfrüh mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic in Belgrad wurde von internationalen Beobachtern mit Spannung erwartet. Wie der staatliche TV-Sender RTS berichtete, seien bilaterale Beziehungen und wirtschaftliche Zusammenarbeit besprochen worden. Wann genau es zu dem Treffen kam, berichtete der Sender zunächst nicht.

Strache und Vucic hätten neben konkreten Möglichkeiten für die Festigung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und der regionalen Stabilität auch über die EU-Annäherung Serbiens und die Unterstützung Österreichs auf dem europäischen Weg Serbiens gesprochen.

Strache soll im Laufe des Tages auch mit der Ministerpräsidentin Ana Brnabic, dem Minister für Lokalverwaltung, Branko Ruzic, sowie dem serbischen Chefdiplomaten und Vizepremier Ivica Dacic zusammenkommen. Pressestatements sind nach dem Treffen mit Dacic gegen 11.30 Uhr vorgesehen.

Treffen nach Kosovo-Aufreger

Vucic soll seinerseits heute noch seinen zweitägigen Besuch in Zagreb beginnen. Die Beziehungen zwischen Serbien und Kroatien

Das Treffen zwischen Vucic und Strache erregte auch insofern Aufsehen, als tags zuvor ein Interview mit Strache in einer serbischen Zeitung für Aufregung gesorgt hatte. "Der Kosovo ist zweifelsohne ein Bestandteil Serbiens", wurde Österreichs Vizekanzler , obwohl Österreich sowie die EU bereits vor Jahren die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt haben. Straches Sprecher, dass diese Aussage tatsächlich so getätigt wurde.

Anerkennung für Kneissl außer Zweifel

Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) hat inzwischen klar gemacht, dass für sie die Anerkennung des Kosovo durch Österreich außer Zweifel steht. "Das ist eine unumstößliche Tatsache, das ist so und kann nicht geändert werden", sagte Kneissl am Montag gegenüber der APA.

Gleichzeitig wies die Außenministerin, die für ihr Amt von der FPÖ nominiert wurde, darauf hin, dass der völkerrechtliche Status des Kosovo innerhalb der Europäischen Union nicht vollkommen geklärt sei. So wird das kleine Land, das am Samstag sein 10-jähriges Unabhängigkeitsjubiläum begeht, von fünf der 28 Mitgliedstaaten nicht anerkannt.

Ein 30 Meter großes Plakat hängt vor dem serbischen Parlament. „No pasaran“ steht auf Spanisch darauf. „Sie kommen nicht durch.“  Das Transparent richtet sich an den Kosovo. Während dort in diesen Tagen der zehnte Jahrestag der Unabhängigkeit gefeiert wird, hat Serbien den Kosovo noch nicht einmal als unabhängigen Staat anerkannt. Eine Versöhnung nach dem Krieg in den Jahren 1998 bis 1999 scheint immer noch nicht in Sicht.

Der weitgehend ungeklärte Konflikt könnte sich nun auch auf den angestrebten EU-Beitritt Serbiens auswirken. Im Rahmen ihrer Westbalkan-Strategie hat die EU-Kommission vergangene Woche Serbien und Montenegro als Beitritts-Favoriten genannt. Unter einer Bedingung: Es müsse ein rechtlich bindendes Abkommen mit dem Kosovo geben. Obwohl Montenegro anders als Serbien den Kosovo bereits als eigenen Staat anerkannt hat, wurde das 25015 geschlossene Grenzabkommen zwischen den beiden Staaten bis heute nicht ratifiziert.

Der lange Weg zum Frieden

Während die offiziellen EU-Organe die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt haben, verweigern die Mitgliedsstaaten Griechenland, Rumänien, die Slowakei, Spanien und Zypern bis heute, das ebenfalls zu tun. Österreich hatte den Staat Kosovo bereits 2008 anerkannt. Dass FPÖ-Chef Strache nun in einem Interview mit einer serbischen Zeitung gesagt haben soll, der Kosovo sei noch immer Teil Serbiens, wird von den politischen Mitbewerbern nun als „Attacke auf die Friedensordnung am Westbalkan“ wahrgenommen.

Denn obwohl der Konflikt nicht vollständig geklärt ist, war es ein weiter Weg bis die heute weitgehend friedliche Situation in der Region entstehen konnte. Mehr als 13.000 Menschen wurden während des Kosovo-Krieges getötet oder werden bis heute vermisst. Bis 2008 war der Kosovo offiziell ein Teil Serbiens. Das albanische Volk, das in der Region die Mehrheit der Bevölkerung bildet, forderte einen unabhängigen Staat. In der ersten Phase des Krieges kam es daher zu Auseinandersetzungen zwischen der („Befreiungsarmee des Kosovo“) und der serbisch-jugoslawischen Armee.

650 Ortschaften zerstört

Als Serbien sich weigerte, den von der NATO ausgearbeitete Friedensvertrag – der sogenannte Vertrag von Rambouillet - zwischen der Bundesrepublik Jugoslawien und der Führung der Kosovo-Albaner zu unterzeichnen, begann die NATO mit Luftangriffen auf die Bundesrepublik Jugoslawien. Serbische Kräfte gingen im Kosovo gegen Albaner vor, die zu Hunderttausenden nach Albanien, Mazedonien und Montenegro flohen. Drei Monate später wurden die Bombardements wieder eingestellt. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits 650 Ortschaften zerstört worden. Albanische Flüchtlinge kehrten nach dem Krieg in den Kosovo zurück; rund 250.000 Serben und Nichtalbaner verließen die Provinz.

Bis heute wird der Krieg, vor allem der Einsatz der NATO, kontrovers diskutiert. Während die Befürworter von einer humanitären Intervention sprechen, gehen andere davon aus, dass die NATO in den Krieg eingreifen wollte, um nach elf erfolglosen Ultimaten an Serbien ihre Reputation retten wollte.  

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