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Mehr Härte schreckt Sex-Täter nicht ab

5-02-2018, 18:18

Zwei Wochen tobte der Meinungsstreit über den Nazi-Skandal    rund um FPÖ-Politiker Udo Landbauer, nun will die türkis-blaue Regierung wieder in die Offensive gehen. Das  Vehikel: Eine Verschärfung des Strafrechts. Mit dieser  schon  im Wahlkampf   angekündigten (und da bereits   kritisierten) Maßnahme sollen Sexualdelikte strenger bestraft   werden. Denn geht es nach der Regierung,  sind die Strafen für  Gewaltdelikte im Vergleich zu anderen Vergehen wie Diebstahl  zu niedrig. Die ÖVP-Staatssekretärin im FPÖ-geführten Innenressort, Karoline Edtstadler, wird   eine  „Taskforce“ einberufen, um das Fundament für Verschärfungen   zu legen.
 Doch darum kreisen  viele Fragezeichen:  Was genau  ist  geplant, wer  braucht   das und warum kümmert sich   das Polizei- und nicht das Justizministerium federführend  darum?  Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen.

Die jüngste  Strafrechtsreform  trat erst vor  zwei Jah ren  in Kraft. Welche Strafrahmen wurden 2016 schon erhöht?
Neu hinzugekommen ist die Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung: Wer gegen den Willen des Opfers eine sexuelle Handlung setzt, dem drohen – ohne Untergrenze – bis zwei Jahre Haft. Gewalt oder Drohung sind dazu nicht erforderlich. Bei der Vergewaltigung   erhöhte sich der Strafrahmen – bis dahin ein bis zehn Jahre Haft – auf fünf bis 15 Jahre, wenn das Opfer eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten hat. Schon jetzt können die Richter bei der Ausmessung der Strafen spezielle Erschwerungsgründe heranziehen, wenn die Hilflosigkeit ausgenützt wurde oder eine besondere Schutzbedürftigkeit des Opfers vorlag. Ist das Opfer einer Gewalttat unmündig (unter 14 Jahre), gilt für den Täter je nach Schwere des Delikts eine gestaffelte Mindeststrafe. Diese beginnt mit zwei Monaten, unterschritten werden darf sie nicht.   Laut Edtstadler geht dies zwar  alles in die richtige Richtung, sei aber zu wenig.

Wirken höhere Strafrahmen denn abschreckend?
„Kein einziges Sexualdelikt kann dadurch  verhindert werden“, sagt  der Linzer Strafrechtsprofessor Alois Birklbauer. „Was wirkt, ist das Risiko, erwischt zu werden.“   Sabine Matejka, Präsidentin derRichtervereinigung:  „Keine Strafe, egal wie hoch, kann das Leid der Opfer lindern.“

Urteilen die  Richter bei Sextätern denn zu milde?
Das Urteil für einen irakischen Flüchtling, der in einem Hallenbad einen  zehnjährigen Buben missbraucht hatte, löste heftigen Unmut aus. Der Oberste Gerichtshof reduzierte die Strafe von sieben auf vier Jahre Haft, weil das Erstgericht Erschwerungsgründe doppelt gewertet hatte. Die psychischen Folgen für das Opfer hatten die mögliche Höchststrafe bereits von zehn auf 15 Jahre hinaufgeschraubt. Daher durften  sie   nicht zusätzlich strafverschärfend wirken. Birklbauer sagt aus Erfahrung, dass Richter bei der ersten Verurteilung für Ersttäter in der Regel nur ein Drittel des möglichen Strafrahmens ausschöpfen: das sogenannte „Einstiegsdrittel“.  Die Tendenz bei Sexualdelikten geht laut dem Strafrechtler in den vergangenen Jahren nach oben: Weg von bedingten, hin zu unbedingten Haftstrafen. Werden die Strafrahmen hinaufgesetzt,   erhöht sich auch das „Einstiegsdrittel“.

Welche Maßnahmen gibt es zum Opferschutz?
Bei sexuellem Missbrauch Minderjähriger gibt es für Triebtäter im Erziehungswesen ein Tätigkeitsverbot (§220b StGB) von mindestens einem Jahr bis zu fünf Jahren. Dieses Verbot kann auch auf unbestimmte Zeit ausgesprochen werden, muss dann aber mindestens alle fünf Jahre vom Gericht überprüft werden.
Bei häuslicher Gewalt gebe es mittlerweile viele Hilfsmaßnahmen, resümmiert Udo Jesionek, Präsident der Opferschutzorganisation „Weißer Ring". Aber bei situativer Gewalt lassen diese noch zu wünschen übrig, sagt er.

Stimmt die Relation der Strafen zwischen Vermögens- und Gewaltdelikten?
Birklbauer warnt davor, ohne eingehende Evaluierung das Strafmaß für  einzelne Deliktgruppen nach oben zu schrauben. Das Problem, das daraus entstehen kann, zeigt sich bereits bei der Tierquälerei:    Weil man Tierquäler härter strafen wollte, drohen ihnen mittlerweile bis zu zwei Jahre Haft – die  Maximalstrafe bei vorsätzlicher Körperverletzung und fahrlässiger Tötung beträgt hingegen nur ein Jahr.

Warum   gibt das Innen- und nicht das Justizministerium jetzt den Ton an?
Im Sinne der Gewaltenteilung  wäre eigentlich das Justizressort für die Reform zuständig – und geht es nach Justizminister Josef Moser, ist es das   grundsätzlich  auch   so: „Es ist klar, dass die Kompetenz bei uns liegt“, sagt er zum KURIER.   Edtstadlers (im Justizressort   teils  kritisch beäugte)  Taskforce sei lediglich „eine Unterstützung“ für die ohnehin laufenden Pläne zu Strafrechtsverschärfungen.  Die Einsetzung der Kommission  sei eben eine Entscheidung des Kanzlers gewesen – und die wird heftig kritisiert: „Das Justizministerium hat ja eine eigene Strafrechtssektion, die dafür zuständig wäre“, sagt Matejka.  Die Erklärung, dass Moser  gerade sehr ausgelastet sei, findet sie „befremdlich“.

Was wird überhaupt verschärft und wann?
Bis Jahresbeginn 2019 wird Edtstadler den Bericht der Taskforce vorlegen – noch vor dem heurigen Sommer sollen allerdings erste Maßnahmen in eine Regierungsvorlage münden.  Hier geht es allerdings nur um Sexualstrafrecht und Gewalt an Frauen und Kindern. Die von Moser längst  angekündigte Evaluierung der Reform  aus dem Jahr 2016 soll  in den kommenden zwei Jahren passieren und eine große  Strafrechtsreform zur Folge haben. Verschärfungen beim Sexualstrafrecht habe man vorweggenommen, „weil sie eben wichtig sind“, heißt es aus Edtstadlers Umfeld.

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