Wladimir Putin mag Österreich: Zahlreiche offizielle Besuche, Skisport-Vergnügen und ein herzliches Verhältnis zu den Bundespräsidenten Thomas Klestil und Heinz Fischer kennzeichnen die langjährigen politischen und persönlichen Kontakte des russischen Staatspräsidenten zur Alpenrepublik. Die Wirtschaftsbeziehungen reichen noch viel weiter zurück. Als erstes westeuropäisches (und neutrales) Land hat die OMV am 1. Juni 1968 einen Erdgasliefervertrag mit der damaligen Sowjetunion unterzeichnet. Von russischer Energie ist Österreich bis heute abhängig.
Jetzt, zum 50. Jahrestag der Vertragsunterzeichnung, die von der OMV und dem Gazprom-Konzern groß gefeiert wird, ist ein hoher Gast angesagt: Putin wird in Wien erwartet. Eine offizielle Bestätigung gibt es noch nicht (man will die Wahlen in Russland abwarten, Anm.), aber wie der KURIER von verschiedenen vertraulichen Quellen erfuhr, wird der Putin-Besuch im Hintergrund intensiv vorbereitet. "Ja, die russische Seite denkt über einen geeigneten Termin eines Wien-Besuches nach", heißt es diplomatisch zum KURIER.
So wichtig die Visite des mächtigen Präsidenten für die bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Russland ist, so heikel ist der Besuch im Kontext mit den EU-Sanktionen gegenüber Russland. Diese laufen seit mehr als drei Jahren wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und dem Konflikt in der Ostukraine, bei dem Separatisten von Moskau unterstützt werden. Im März 2015 hatte der Europäische Rat die Dauer der Sanktionen mit der vollständigen Umsetzung der Minsker Vereinbarungen, eines Friedensplanes für die Ukraine, verknüpft.
Da dies bislang nicht geschehen ist, verlängerte der Rat die Geltungsdauer der Sanktionen. Österreich hat zur Verlängerung der Sanktionen, die einstimmig beschlossen werden müssen, immer Ja gesagt. Schert ein Land aus, können sie nicht länger fortgeführt werden. Gleichzeitig gehört Österreich zu den Sanktionen-kritischen Ländern, Wirtschaft, Staats- und Regierungsspitze waren immer reserviert. Zuletzt hat der Rat am 21. Dezember 2017 die Sanktionen bis zum 31. Juli 2018 verlängert. Ein heißes Datum, weil es in die österreichische EU-Präsidentschaft fällt, die am 1. Juli beginnt.
Der ehemalige deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte Mitte 2016, "Sanktionen dürfen kein Selbstzweck sein". Er plädierte, im Umgang mit Russland die Strategie zu überdenken. "Das Alles-oder-nichts-Prinzip bringt uns nicht weiter". Man müsse Sanktionen intelligent einsetzen, "so dass sie der Beschleunigung der Umsetzung des Minsk-Prozesses dienen", der Friedensvereinbarung zwischen Moskau und Kiew. Wenn es substanzielle Fortschritte gebe, könne man sich überlegen, "ob man stufenweise Sanktionen zurücknimmt".
Die türkis-blaue Koalition plädiert ebenfalls für die schrittweise Aufhebung der Russland-Sanktionen. Ob es der österreichischen Europapolitik aber gelingt, Partner dafür zu gewinnen, ist offen. Als Vorsitzland kann Österreich schwer ein Veto gegen das Sanktionenregime einlegen. Österreich muss den fairen Makler spielen.Auch der Putin-Besuch im Vorfeld könnte delikat werden. 2014 war Putin – abgesehen von seiner Teilnahme an dem Weltkriegsgedenken in Frankreich – ebenfalls in Wien, am 31. Juli 2014 traten die Sanktionen in Kraft. Mehrere EU-Länder und die USA kritisierten die Regierung. Einer, der jedenfalls voller Hoffnung ist, dass die Strafen gelockert werden, ist der russische Botschafter in Wien, Dmitrij Ljubinskij . "Gerade unter dem österreichischen EU-Vorsitz besteht die Möglichkeit, die Sanktionen stufenweise aufzuweichen", sagte er in einem KURIER-Interview (10. Jänner 2018).