Der Korrespondent des ägyptischen Staatsfernsehens kam aus dem Staunen und Schwärmen gar nicht mehr heraus. In seiner 20-jährige Laufbahn, betonte Magdy Youssef am Montag, habe er noch nie erlebt, dass ein europäischer Minister auf Arabisch geantwortet habe – bis die österreichische Außenamtschefin Karin Kneissl dies bei ihrem ersten Auftritt im Kreis der EU-Außenminister in Brüssel machte. "Sie spricht perfekt Arabisch", sagte der Journalist über die studierte Arabistin.Inhaltlich stand das Treffen im Zeichen der Krisen im Nahen Osten – eine Thematik, mit der die Nahostexpertin bestens vertraut ist. "Als interessanten Gedankenaustausch auf hohem Niveau" erlebte Kneissl ihren ersten EU-Ministerrat, bei dem sie nach ihren eigenen Worten "sofort mitten drinnen in der Debatte war". Ob Sie als Ministerin mit dem Ticket der FPÖ wahrgenommen worden sei? – wurde sie am Abend gefragt. "Niemanden hat mich darauf angesprochen. Ich wurde einfach als Karin vorgestellt." Den breitesten Raum der Gespräche nahm der israelisch-palästinensische Konflikt ein. Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas war eigens angereist. Abermals rief er die EU dazu auf, Palästina anzuerkennen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini dagegen beharrte auf der alten Position der Union: Zweistaatenlösung mit Jerusalem als Hauptstadt von Israel und Palästina. Erst kürzlich war US-Präsident Donald Trump vorgeprescht und hatte die "Heilige Stadt" offiziell als Kapitale Israels anerkannt – sein Vize Mike Pence machte bei seinem Besuch gestern in Israel klar, dass die US-Botschaft im kommenden Jahr von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt werde(siehe Seite 5 unten).
Gemeinsam mit der EU Bezüglich der Anerkennung Palästinas (gut 130 Staaten haben dies bisher getan) meinte Karin Kneissl, dass sich Österreich in diesem Punkt gemeinsam mit der EU positioniere. Allerdings solle es eine Anerkennung erst nach Abschluss von Nahost-Verhandlungen geben. Generell aber sieht Kneissl die EU nach der Abwendung der USA aus Themen des Nahen Ostens "die EU wieder in einer Situation, in der die Union wieder mehr tun kann".
"Extrem besorgt"
Ein weiteres Thema der EU-Außenminister war der Krieg in Syrien, der durch die Boden-Offensive türkischer Truppen weitere Brisanz erfährt (siehe unten). Am Vorabend der zweitägigen Syrien-Gespräche in Wien (ab Donnerstag) reagierte Karin Kneissl "mit großer Besorgnis". "Man muss an den Verhandlungstisch. Man kann nicht auf dem Schlachtfeld die Dinge definitiv lösen." Die Außenministerin hat bereits übermorgen die Gelegenheit, dies ihrem türkischen Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu direkt zu sagen. Sie reist zu einem eintägigen Besuch nach Istanbul.