Am Mittwoch wird der Buwog-Prozess fortgesetzt und damit auch der "Weg des Lernens" Peter Hocheggers. So beschrieb der Ex-Lobbyist vor Gericht seine Wandlung vom in Korruptionsaffären verstrickten Lobbyisten hin zum geläuterten Angeklagten, der nun ein Geständnis ablegt. Auch am zehnten Verhandlungstag wird Hochegger Rede und Antwort stehen, diesmal dem Anwalt Walter Meischbergers. Und wieder wird Hochegger wohl Fragen zu den wichtigsten Punkten seines Geständnisses beantworten müssen: Jenen beiden Gesprächen, aus denen er erfahren haben will, das der Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser am Buwog-Deal beteiligt war.
Der Dreh- und Angelpunkt des Prozesses ist eine simple Frage: Hat Karl-Heinz Grasser vom Buwog-Verkauf profitiert, oder nicht? Bei der Beweislage wird es zwar immer komplizierter. Im Zentrum des Hochegger-Geständnisses steht aber das brisante Treffen im Hotel am Stephansplatz im Jahr 2005. Dort habe er im Zwiegespräch mit dem Bankberater und Meischberger-Vertrauten W. von der Beteiligung Grasser erfahren, behauptet Hochegger. Thema des Treffens sei eigentlich nur die Überweisung der Buwog-Provision nach Liechtenstein gewesen. Wie es anders kam, bescheibt Hochegger so: Der Bankberater habe ihm unvermittelt einen Zettel gezeigt, auf dem drei Liechtensteiner Konten vermerkt waren, eines hieß „Natalie“, das zweite „Karin“ und beim dritten sei nur die Nummer 400.815 gestanden. Das Konto 400.815 gehöre Karl-Heinz Grasser, soll der Bankberater dazu gesagt haben – zumindest behauptet das Hochegger. "Für mich war es ein Schock", sagte Hochegger.
Die Buwog-Provision ist laut Anklage auf diese drei Konten geflossen. Grasser streitet seine angebliche Beteiligung am Buwog-Deal nach wie vor ab. Schriftliche Beweise kann Hochegger allerdings keine vorweisen, nur seine Erinnerung. Das ermöglichte den Anwälten Karl-Heinz Grassers am bisher letzten Verhandlungstag vergangene Woche einen wirksamen Konter: Sie legten Dokumente zur Eröffnung der drei Konten vor, die belegen, dass zwei der Konten zum von Hochegger angegebenen Zeitpunkt des Treffens im Jahr 2005 noch gar nicht existierten. Also hätte Bankberater W. ihm auch keine Auskunft darüber geben können.
Hochegger entgegnete, dass er sich beim Zeitpunkt nicht sicher sei, das Treffen könnte auch später stattgefunden haben. Das Gespräch sei immerhin zwölf Jahre her. Doch die Frage steht nun endgültig im Raum: Lügt Hochegger? Wenn es nach Grassers Anwälten geht: Ja.
In dieser ersten Phase des Prozesses geht es nun vor allem darum, welche Version Peter Hocheggers die glaubwürdigere ist: Die des geläuterten Dealmakers, der alles verloren hat und reinen Tisch machen möchte - oder die des gewieften PR-Experten, der seine Mitstreiter ans Messer liefert, um sich selbst Vorteile zu verschaffen. Ein Geständnis gilt nämlich als Milderungsgrund.
Grassers zweiter Anwalt Norbert Wess versuchte außerdem nahezulegen, dass Hochegger sein Geständnis von langer Hand geplant habe. Er legte ein Schreiben aus dem Jahr 2016 vor, in dem einer von Hocheggers Anwälten um einen Gesprächstermin mit den Staatsanwälten bat. Ihm sei zugetragen worden, dass es bei dem Treffen um eine Kronzeugenregelung ging, sagte Grasser-Anwalt Wess.
"Ich habe zu keiner Zeit mit der der Korruptionsstaatsanwaltschaft oder sonst jemandem in Justizkreisen über eine Kronzeugen- oder Sonderregelung gesprochen. Das stimmt nicht", sagte Hochegger und verneinte außerdem, von dem Treffen gewusst zu haben.
Am Mittwoch sind nun die Anwälte der anderen Angeklagte an der Reihe, Hocheggers Geständnis in Zweifel zu ziehen. Als erster wird der Anwalt Walter Meischbergers das Wort ergreifen. Hochegger behauptet, dass er in einem Gespräch mit Walter Meischberger auf Ibiza im Jahr 2009 endgültig Gewissheit über die Beteiligung Grassers erlangt habe. Meischberger soll ihm gesagt haben: „Ohne den Karl-Heinz hätten wir das nicht geschafft.“
Wie Meischbergers Anwalt auf die Ibiza- und „Hotel am Stephansplatz“-Gespräche eingeht, wird mit Spannung erwartet. Ob die Verteidiger weitere Asse im Ärmel haben, ebenso.
Seit dem bisher letzten Prozesstag hat sich aber auch auf Nebenschauplätzen einiges getan. Wie berichtet, fing sich Grasser-Anwalt Manfred Ainedter eine Rüge dafür ein, in einer Verhandlungspause zwei Schöffen auf Details aus ihrem Privatleben angesprochen zu haben. "Herr Doktor, Sie wissen aus ihrer langjährigen Erfahrung, dass das nicht geht!", sagte Richterin Marion Hohenecker. Ainedter tat die Gespräche als „Smalltalk“ ab. Es gehöre zu den Aufgaben eines Verteidigers, über Schöffen zu recherchieren.
Doch wie sich herausstellte, könnte die Episode für Ainedter ein Nachspiel haben und etwaige Erfolge im Gerichtssaal überdecken. gibt es bereits eine disziplinarrechtliche Anzeige gegen Ainedter bei der Rechtsanwaltskammer.
Und nicht nur Ainedters Prozesspausen-Gespräche brachten die Verteidigung in Bedrängnis: Von den Staatsanwälten befragt, gab Hochegger auch zu Protokoll, dass Walter Meischberger ihn in der Pause vor seinem Plädoyer noch versucht habe, ihn vom seinem Geständnis abzubringen. „Peter, das kannst du nicht machen, wo wir jetzt so gut liegen“, habe Meischberger gesagt. „Es gibt kein wir, jeder ist für seine Vergangenheit verantwortlich“, will Hochegger geantwortet haben.
Auch die Richterin Marion Hohenecker ist in der Zwischenzeit wieder selbst zum Thema geworden. Der frühere FPÖ-Justizminister Dieter Böhmdorfer, einst in einer Regierung mit Grasser, hat am 5. Jänner „Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes“ bei der Generalprokuratur eingebracht, . Sie möge beim Obersten Gerichtshof prüfen lassen, ob die Richterin aufgrund Grasser-kritischer Tweets ihres Ehemanns, selbst ein Richter, nicht doch befangen sein könnte. Ensprechende Anträge wurden vorab bereits vom Präsidenten des Straflandesgerichts und von der Richterin selbst am ersten Prozesstag abgewiesen. „Wir prüfen das“, sagte ein Sprecher der Generalprokuratur. Sollte sie sich an Böhmdorfers Rechtsmeinung anschließen und der OGH anschließend die „Anscheinsbefangenheit“ bejahen, müsste Hohenecker den Prozess abgeben – er müsste dann von vorne beginnen.