Vor 20 Jahren nannten ihn viele einen Träumer. Unrealistisch sei seine Idee, Selbstversorger mit Strom zu werden. Zu teuer, zu unbequem. Der gelernte Elektrotechniker Franz Spreitz ließ sich von solcher Kritik nicht entmutigen. Er baute sein Haus in Großschönau im Waldviertel ohne Anschluss ans öffentliche Stromnetz.
"Nicht einmal der lokale Stromversorger wollte glauben, dass das funktioniert. Er schickte Mitarbeiter zum Überprüfen, ob ich nicht heimlich elektrische Energie klaue", erzählt er schmunzelnd. Nein, er zwackt keinen Strom aus den öffentlichen Leitungen ab und hat trotzdem Licht, Fernseher, Handy und lebt mit Frau und Kind recht komfortabel in seinem Häuschen.
Wie das geht? "Ganz einfach", sagt Spreitz. Eine kleine Photovoltaik-Anlage am Dach, ein Batteriespeicher im Keller und, das ist wohl das wichtigste, Energie so effizient wie nur möglich einsetzen. Gerade einmal 500 Kilowattstunden Strom im Jahr verbraucht die Familie. Zum vergleich: Der übliche Verbrauch an elektrischer Energie eines Einfamilienhauses liegt beim Zehnfachen.
Spreitz hat über die Jahre viele Fans und Nachahmer gefunden. Einer davon, Lukas Pawek, ebenfalls gelernter Elektrotechniker, hat sein altes Wochenendhäuschen in Drösing im Waldviertel auf Strom-Autarkie umgerüstet. "Mein Haus ist mein Kraftwerk", sagt er, während er auf sein Handy blickt und dann seine Energie-App herzeigt. "Schön, meine Batterie ist vollständig aufgeladen. Und das am 28. Dezember", freut er sich. "Alles Sonnenstrom", fügt er hinzu.
Natürlich, ohne Umstellung einiger Lebensgewohnheiten lässt sich so eine Unabhängigkeit vom Stromversorger, wie es die beiden "Daniel Düsentriebs" der Energie-Autarkie schaffen, nicht bewältigen. "Wir heizen und kochen mit Holz", nennt Pawek eines der Geheimnisse "der Freiheit", wie er die Autarkie bezeichnet.
Sie nutzen alles, was Strom spart: Jedes Akku-betriebene Gerät wird direkt mit Gleichstrom aus der Solaranlage geladen. Damit werden Energieverluste beim Umwandeln in Wechselstrom vermieden. Oder: Im Winter werden Plastikflaschen mit Wasser gefüllt über Nacht ins Freie gestellt und dann in den Kühlschrank gelegt. "Der braucht dann fast keine Energie mehr zum Kühlen", erklärt Pawek. Dass die Häuser bestens gedämmt sind, das versteht sich von selbst. "Dafür haben wir immer Strom. Von den vielen Ausfällen, die ein Sturm kürzlich in Niederösterreich verursachte, habe ich in meinem Haus nichts bemerkt", freut sich Pawek.
"Second Life" ist die Devise für die Stromspeicher-Batterien in den Kellern oder Heizräumen. Gebrauchte Batterien, die etwa für Elektro-Autos oder Notstromversorgungen nicht mehr ausreichend Leistung bringen, können in Häusern noch viele Jahre lang zum Speichern der überschüssigen Sonnenenergie verwendet werden.
Sowohl Spreitz als auch Pawek nutzen derzeit Blei-Batterien. Das Blei ist selbstverständlich recycelt. "In solchen Batterien sind schon mal mehr als 100 Kilo Blei drin", betont Pawek. Alt-Rohstoffhändler würden sich um diese Batterien reißen. Sie zahlen für das Blei und verkaufen es an Recyclingfirmen. "So werden Blei-Batterien ökologisch vertretbar", meint der Autarkie-Fan.
Speicher lassen sich aber auch aus kleineren Alt-Akkus bauen. So hat der Weinviertler Peter Ott aus alten Laptop-Akkus einen Pufferspeicher für seine Biomasseanlage gebastelt.
Spreitz und Pawek sind der Überzeugung, dass im Bereich Autarkie noch ein riesiges Potenzial schlummert. "Die Entwicklungsmöglichkeiten sind vergleichbar mit dem Übergang vom Festnetztelefon zum Smartphone", glaubt er. Einen Anstoß dazu liefern die beiden in ihrem Buch (siehe unten), das praktische Vorschläge für erste Schritte in Richtung Autarkie präsentiert.