Die sind nach Einschätzung der Exil-Iranerin und Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi möglicherweise "der Beginn einer großen Protestbewegung". Diese Bewegung könnte weit stärker werden als die Massenproteste von 2009, sagte Ebadi der italienischen Zeitung La Repubblica am Sonntag.
"Ich glaube, dass die Demonstrationen nicht so schnell zu Ende gehen werden. Ich habe den Eindruck, dass wir den Beginn einer großen Protestbewegung erleben", hob die in London im Exil lebende Iranerin hervor.
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Im Iran gibt es seit Tagen landesweit Proteste, die sich anfangs gegen Preissteigerungen und die hohe Arbeitslosigkeit richteten, dann aber auch gegen die Regierung. Im Iran gebe es "eine sehr schwere Wirtschaftskrise" und weitverbreitete Korruption, sagte Ebadi dazu. Das Ende der Sanktionen der westlichen Länder gegen den Iran infolge des Atomabkommens habe nicht die erhofften Verbesserungen für die Bevölkerung gebracht. Hinzu komme, dass viel Geld in die Rüstung fließe.
"Die jungen Leute sind am meisten enttäuscht", sagte Ebadi mit Blick auf hohe Arbeitslosigkeit und Korruption. Die Juristin verwies zudem auf die Zensur, die überall spürbar sei. Der Abstand zwischen Arm und Reich in dem Land sei "erschreckend". Diese Kluft sei in den vergangenen Jahren immer größer geworden, unterstrich die Friedensnobelpreisträgerin von 2003. All dies sei die Wurzel der Proteste.
Es handelt sich um die größten Demonstrationen im Iran seit der Protestbewegung 2009 gegen die Wiederwahl des damaligen Hardliner-Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad. Die Proteste wurden damals gewaltsam unterdrückt.
Der Sicherheitsausschuss des iranischen Parlaments plant eine Sondersitzung, um die regimekritischen Proteste im Land zu überprüfen. An dem nächste Woche geplanten Krisentreffen soll auch Staatspräsident Hassan Rouhani teilnehmen, wie die Nachrichtenagentur ISNA am Sonntag berichtete.
In der Provinz Lorestan im Westiran wurden und sechs weitere verletzt. Landesweit sollen inzwischen mehr als 80 Demonstranten verhaftet worden sein.
Rouhani hat sich bisher zu den Protesten nicht geäußert. Das soll er nach Angaben iranischer Medien nun am (heutigen) Sonntag tun. Es wird erwartet, dass Rouhani in erster Linie die Hardliner für die Proteste verantwortlich machen wird. Nach Angaben von Vizepräsident Eshaq Jahangiri waren die ersten Proteste in Mashhad im Nordostiran von Hardlinern organisiert worden, um Rouhanis Reformkurs zu schwächen. Janhangiri hatte gewarnt, dass die Proteste außer Kontrolle geraten könnten.
Die Proteste in Mashhad richteten sich in erster Linie gegen die hohen Preise und Rouhanis Wirtschaftspolitik. Aber schon in Mashhad gab es regimekritische Slogans. Dieser Trend setzte sich dann fast landesweit fort. Die Demonstranten riefen Slogans gegen den Klerus, die pro-arabische und anti-israelische Außenpolitik und die Islamisierung des Landes. In mehreren Städten, auch in Teheran, wurden aus den Protesten Unruhen und es kam zu Ausschreitungen.
Nach den Worten von Innenminister Abdolreza Rahmani Fazli sind das keine Proteste mehr, sondern ein Aufstand gegen das eigene Volk. "Problem mit Gewalt und Terror zu lösen, ist keine Option (...) - das können und werden wir nicht mehr dulden", sagte der Minister am Sonntag. Daher werde die Polizei bei weiteren Ausschreitungen konsequent eingreifen.
Oppressive regimes cannot endure forever, and the day will come when the Iranian people will face a choice. The world is watching!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump)
US-Präsident Donald Trump warnte die iranische Führung angesichts der anhaltenden Proteste vor ihrem Untergang. „Unterdrückerische Regime können nicht ewig bestehen und der Tag wird kommen, an dem das iranische Volk vor eine Wahl gestellt wird“, twitterte Trump. „Die Welt schaut hin!“ Neben dem US-Militär fürchte die iranische Führung am meisten das eigene Volk.