
Die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels käme nach Ansicht des palästinensischen Vertreters in Großbritannien einer Kriegserklärung gleich. "Das ist der Todeskuss für die Zweistaatenlösung", sagt Manuel Hassassian der BBC am Mittwoch.
US-Präsident Donald Trump "erklärt den Krieg im Nahen Osten, er erklärt Krieg gegen 1,5 Milliarden Muslime und Hunderte Millionen Christen, die nicht akzeptieren werden, dass die heiligen Stätten völlig unter israelischer Hegemonie sind", betonte Hassassian.
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Auch der britische Außenminister Boris Johnson äußert sich besorgt über die Pläne von Trump. Noch müsse man abwarten, was genau der Präsident ankündige, sagt Johnson. Nach Ansicht Großbritanniens solle Jerusalem Teil einer endgültigen Lösung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern sein.
Trump will am Mittwoch Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen. Zugleich wird der Präsident nach Angaben aus Regierungskreisen den Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem auf den Weg bringen. Israel hatte den Ostteil der Stadt 1967 erobert und betrachtet ihn seit der Annexion 1980 als "ewige und ungeteilte Hauptstadt". Dies wird von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt. Die diplomatischen Vertretungen der meisten Länder befinden sich daher in der Küstenmetropole Tel Aviv.
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Die deutsche Regierung warnt angesichts der Pläne von US-Präsident Donald Trump für eine Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels vor Ausschreitungen in Jerusalem, dem Westjordanland und dem Gaza-Streifen. Von diesem Mittwoch an könne es in diesen Gebieten zu Demonstrationen kommen, heißt es in den am Dienstag aktualisierten Reisehinweisen des Auswärtigen Amtes.
"Gewalttätige Auseinandersetzungen können nicht ausgeschlossen werden." Die deutsche Regierung rief dazu auf, sich über die lokalen Medien zu informieren und die betroffenen Gebiete zu meiden.
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Auch das österreichische Außenministerium verweist allgemein auf die angespannte Sicherheitslage. "Größere Menschenansammlungen sowie öffentliche Verkehrsmittel, einschließlich deren Stationsbereiche stellen nicht nur in Jerusalem, sondern in ganz Israel bevorzugte Attentatsziele und generell Bereiche mit erhöhter Gefährdung dar. Derartige Bereiche sollten daher möglichst gemieden werden", hieß es. Dies gelte auch für Gebiete ohne eigene gute Ortskenntnis. Generell wird zu erhöhter Vorsicht und Aufmerksamkeit geraten.
Der künftige Status Jerusalems ist eine der zentralen Streitfragen im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. Mit Ende des britischen Mandats hatten die Vereinten Nationen sich 1947 für eine internationale Verwaltung der Stadt ausgesprochen, die von Gläubigen aller drei Weltreligionen als Heiligtum verehrt wird.
Im ersten Nahost-Krieg 1948 besetzten der neu gegründete Staat Israel jedoch den westlichen und Jordanien den östlichen Teil Jerusalems. Damit war die Stadt de facto geteilt. Während des Sechs-Tage-Kriegs 1967 eroberte Israel dann auch den Ostteil Jerusalems, der auch die Altstadt beinhaltet.
Besonders bedeutsam war damals für viele Juden der Augenblick, als israelische Soldaten erstmals den Platz an der Klagemauer betreten und dort beten konnten. Diese Westmauer am Tempelberg, ein Rest der Umfriedung des Zweiten Jerusalemer Tempels, ist seit dessen Zerstörung im Jahr 70 n. Chr. durch die Römer die wichtigste Gebetsstätte der Juden. Der Tempel war das jüdische Zentralheiligtum gewesen, wo Priester die vorgeschriebenen Opfer darbrachten und in dessen Allerheiligsten nach jüdischem Glauben gar Gott selbst anwesend war.
Israel hat Jerusalem 1980 annektiert und betrachtet die ganze Stadt als seine "ewige und unteilbare Hauptstadt". Den Anspruch der Palästinenser auf den Ostteil als künftige Hauptstadt eines unabhängigen Palästinenserstaats lehnt Israel ab.
Verschiedene Lösungsvorschläge der USA sahen eine Aufteilung der Stadtgebiete unter Israelis und Palästinensern vor. "Was jüdisch ist, bleibt jüdisch, was arabisch ist, wird palästinensisch", lautete die Formel des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton. Allerdings befinden sich mittlerweile zahlreiche jüdische Siedlungsgebiete im früheren Ostteil der Stadt. Der frühere US-Außenminister John Kerry sprach von einer "international anerkannten Hauptstadt zweier Staaten", betonte aber, eine erneute Teilung sei nicht erstrebenswert.
Brennpunkt der religiösen Spannungen in Jerusalem ist der Tempelberg in der Altstadt - für Muslime "Al-Haram al-Sharif" (Das edle Heiligtum), das die muslimische Tradition mit einer mystischen "Nachtreise" des Propheten Mohammed in Verbindung bringt und das der Koran "al-masjid al-aqsa" (ferne Kultstätte) nennt. An der Stelle des Jerusalemer Tempels beten heute Muslime in der Al-Aksa-Moschee und dem Felsendom mit seiner vergoldeten Kuppel. Der heilige Ort steht unter muslimischer Verwaltung.
Für die Christen sind durch die dortigen Begebenheiten im Leben Jesu Christi ebenfalls viele Stätten Jerusalems heilig, vorrangig die Grabeskirche, der Ort der Kreuzigung und Beisetzung Jesu.
