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Entmachtung der Länder wird erste Kraftprobe für Kurz

4-12-2017, 19:19

So ganz anders tickt die ÖVP doch (noch) nicht. Es ist die starke Westachse, die Parteichef Sebastian Kurz erstmals die Stirn zeigt. Schwarz gegen Türkis könnte man innerparteiliche Match nennen. Täglich wird der Widerstand gegen die Kurz-Pläne – aus neun Landeskrankenkassen eine bundesweite zu formen, wo auch die Versicherungsbeiträge vom Finanzamt eingehoben werden – im Westen größer.

Kurz "Mann fürs Grobe" Innenminister Wolfgang Sobotka wurde vergangenen Donnerstag losgeschickt, um die Landeshauptmännern aus Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg, umzustimmen. Nicht dabei in der Gesprächsrunde, die laut einem Insider "sehr ernsthaft und hart geführt wurde", weil sie offenbar nicht zu den schwarzen Revoluzzern zählen: Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Steiermark-LH Hermann Schützenhöfer. Bei dem Meeting mit Sobotka war Thomas Stelzer, der als einziger der vier Länderchefs, auch medial gegen den Kurz-Kurs mobil macht, angeblich noch der "konzilianteste von den vier schwarzen Länderchefs". Lösung wurde keine gefunden. Im Gegenteil, der innerparteiliche Disput Schwarz gegen Türkis geht in die nächste Runde.

Denn die Steirer stellen sich nun auch offiziell hinter den Kurz-Plan. ÖVP-Landesrat Christopher Drexler prescht vor und kritisiert im KURIER-Gespräch die Haltung seiner Parteikollegen aus dem Westen hart. "Kein Verständnis" "Ich habe kein Verständnis dafür, dass jetzt alle so tun, als wäre es der Untergang des Abendlandes, wenn es in den Bundesländern keine formal eigenständigen Gebietskrankenkassen gibt." Er fordert mehr Reformwillen von den Landeschefs im Westen ein. Denn die "ÖVP hat im Wahlkampf Veränderung angekündigt, die müssen wir jetzt auch liefern." Sein Vorschlag: Alles, auch die Finanzen, unter ein Bundes-Dach zu bringen. " Es reichen regionale Ansprechpartner", so Drexler.

Foto: APA/EXPA/JOHANN GRODER

Diese Headlines sind Stelzer hingegen viel zu schwammig. Er "wehre sich nicht gegen eine Zusammenlegung" der Krankenkassen, meint er gegenüber dem KURIER. Aber zuvor, so seine Grundbedingung, müssen einige Fragen geklärt werden. "Bis jetzt habe ich keine oder unzufriedenstellende Antworten bekommen", kritisiert Stelzer. Der oberösterreichische Landeshauptmann will wissen, wie die Leistungsharmonisierung konkret ausschauen wird? Was passiert mit den Rücklagen, die in Oberösterreich immerhin 503 Millionen Euro ausmachen? Welchen Handlungsspielraum im Gesundheitssystem man regional bekommen wird?

Rückendeckung für Stelzer kommt nun auch von den Tirolern und Vorarlbergern. Zwar nicht direkt aus der Landesregierung, aber aus der Arbeiterkammer, an deren Spitze jeweils ein schwarzer Präsident sitzt.

Der Groll von Tirols AK-Chef Erwin Zangerl richtet sich gegen die Koalitionsverhandler von ÖVP und FPÖ in Wien. Was die beiden bei der Reform der Krankenkassen planten sei "purer Zentralismus", sagte der wortgewaltige AAB-Funktionär. Ähnlich hört sich die Kritik aus Vorarlberg an. Die ÖVP hat dort mit Hubertus Hämmerle ebenfalls den AK-Präsidenten. "Im Augenblick geht es bei allen Inhalten nur darum, zu zentralisieren", meint Hämmerle.

Absichtserklärung

Doch will man den Konflikt bis zur Angelobung, die am 20. Dezember stattfinden soll, lösen? Für Stelzer ist aus heutiger Sicht nur eine Lösung für das Regierungsprogramm realistisch. "Eine Legislaturperiode dauert fünf Jahre. Man könnte einen Weg vorgeben, wo aber noch über die Umsetzungsdetails und die Budgets verhandelt wird." Anders gesagt, man einigt sich auf eine "Absichtserklärung zur Reform", wobei offenbleibt, wie das Endergebnis ausschauen wird.

Ob ÖVP-Chef Sebastian Kurz sich auf diesen Kompromiss einlässt, wird spannend.

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