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Warum Seehofer gehen muss und Söder kommt

4-12-2017, 09:13

"Pfiat di" - mit diesen Worten soll sich CSU-Horst Seehofer nach den Jamaika-Sondierungen von Grünen-Chefin Katrin Göring-Eckhardt verabschiedet haben. Dass sein Abschied an der Spitze der CSU gekommen ist, wusste er in diesem Moment. Lange hat er ihn hinausgezögert, den Parteitag nach dem Wahldebakel verschoben, zuletzt sogar seine Erklärung, die kurz nach dem Jamaika-Ende angesetzt war. Der Ober-Bayer spielte auf Zeit. Für manche Beobachter schon viel zu lange. Selbst jene, die es mit ihm gut meinen, wie Generalsekretär Andreas Scheuer, forderten eine "Orientierungsdebatte". Erwin Huber, frühere CSU-Vorsitzende, machte nach dem Absturz von 49,3 Prozent auf 38,5 Prozent Seehofers "Schaukelpolitik" gegenüber Merkels Flüchtlingspolitik für das Debakel verantwortlich. Ein "Weiter so" könne es nicht geben.

Einer, der sich schon die Hände warm rieb, ist Markus Söder. Bayerns Finanzminister, der bisher weniger mit Sachpolitik, dafür mit Querschüssen Richtung Berlin auffiel. Über Seehofers Abneigung gegen Söder wurde viel spekuliert. Sie reicht von Verdächtigungen, die ins Private gehen, etwas als die Geschichte seines unehelichen Kindes in der Bild landete, bis hin zu Zweifel, Söder könne die Partei nicht in der Breite führen.

Der 68-jährige Seehofer war daher nicht gewillt, das Zepter aus der Hand zu geben. Nun hat er es doch getan. Sein 50-jähriger Kontrahent, der sich bis zuletzt erstaunlich ruhig verhielt, dafür seine Anhänger gegen den Patriarchen losschickte, wird also Seehofer wird aber weiterhin CSU-Vorsitzender bleiben. Also, eine Ämtertrennung, wie es sie schon zwischen Alfons Goppel und Franz-Josef Strauß gab bzw. zwischen Edmund Stoiber und Theo Waigel.

Wie es mit der CSU weitergeht

Für Söder heißt es nun, die zerstrittenen Christsozialen einzuhegen und möglichst geschlossen in den Wahlkampf zu bringen. Lobende Worte hatte er daher schon für seinen Konkurrenten Innenminister Joachim Herrmann und Vize-Ministerpräsidentin Ilse Aigner aus dem "gegnerischen" Seehofer-Lager parat: "Wir müssen kämpfen, nicht über uns reden. Wir wollen gewinnen", sagte Söder heute. Die absolute Mehrheit, das Ziel der Bayern, liegt derzeit aber noch in weiter Ferne. In Umfragen dümpelt die CSU aktuell bei 37 Prozent, mehr als zehn Prozentpunkte weniger als 2013. Das Selbstbewusstsein ist also angeknackst, die Konkurrenz mit Erstarken der AfD gewachsen. Söder, der ohnehin als "Hardliner" gilt, wird nun versuchen, die offene rechte Flanke zu schließen.

Populismus

Genug Populistisches hat er schon im Talon: Mal forderte er ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen ("In Schulen gehören Kruzifixe und keine Kopftücher"), dann schlug er Kindergeld-Kürzungen für "schlechte Eltern" vor oder stellte das Grundrecht für Asyl in Frage und forderte einen Zaun an der Grenze zu Österreich. Das war selbst CSU-Chef Seehofer zu viel, er nahm seinen Wadlbeißer an die Leine ("Ich bin für Zuzugsbegrenzung, aber Schutzzäune wird es mit Bayern nicht geben").

Dass Söder, der die Kanzlerin gerne mal als "blauäugig" bezeichnet, weiterhin an der "Obergrenze", nicht mehr als 200.000 Flüchtlinge pro Jahr aufzunehmen, festhalten wird, ist klar. Und kann sich durchaus auf die Regierungsverhandlungen in Berlin auswirken. Spätestens wenn der neue Ministerpräsident den Wahlkampfmotor anwirft und durchstarten will, wird einer nach wie vor den Fuß am Bremspedal haben: Horst Seehofer. Sollte der CSU-Chef nach Berlin wechseln, dort einen Ministerposten übernehmen, wird er oft vermitteln müssen. Die Zügel lässt er sich so schnell nicht aus der Hand nehmen.

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