Wenn Martin Schulz etwas aus den vergangenen Wochen gelernt hat, dann eines: keine großen Töne mehr spucken. Dafür setzte er die Latte vor dem Gespräch mit Bundespräsident Steinmeier, Kanzlerin Merkel und CSU-Chef Seehofer sehr niedrig an: "Ich geh’ nur hin, um zu reden, und auch nur, weil der Bundespräsident eingeladen hat." Was ein bisschen wie Nachsitzen in der Schule klingt, ist ein beispielloses Treffen, bei dem ein Staatsoberhaupt drei Parteichefs zu sich ruft, um sie zu Koalitionsgesprächen zu bewegen.
Ein schwieriges Vorhaben, nicht nur wegen des , der gegen den Willen der SPD-Umweltministerin für die Verlängerung des Unkrautmittels Glyphosat stimmte. Auch bei anderen Themen knirscht es zwischen Union und SPD.
Zum Beispiel, wenn es darum geht, dass Teilzeitbeschäftigte wieder auf ihre früheren Vollzeitstellen zurückkehren können. Was bereits im letzten Koalitionsvertrag vereinbart war, scheiterte im Frühjahr am Kanzleramt. Ebenso gescheitert ist die SPD bisher an der Umsetzung einer "Bürgerversicherung": Pläne, die gesetzlichen und privaten Versicherungen zu einer zusammenzufassen, lehnte die Union ab – es wäre letztlich für alle zu kostspielig, so das Argument. Skeptisch sieht sie auch den Vorschlag der Genossen, das derzeitige Rentenniveau zu halten und es auf 48 Prozent des Durchschnittslohns festzuschreiben. Da es künftig mehr Rentner geben wird, weniger Beitragszahler und das Rentenalter nicht steigen soll, würde dies teuer werden. Genauso wie die von der CSU geforderte Nachbesserung bei der Mütterrente (Mütter, die vor 1992 Kinder erzogen haben, mit anderen gleichstellen), die laut Rentenversicherung zu höheren Beiträgen für alle führt und selbst die CDU verärgert. Einig sind sich die Schwesternparteien auf ihre "Obergrenze", nicht mehr als 200.000 Menschen jährlich aufzunehmen. Besonders die CSU wird diese, mit Blick auf die Landtagswahl, vor der SPD verteidigen.
Foto: APA/dpa/Tobias Hase Das alleine wird ihr kaum helfen, jüngsten Umfragen nach ist die CSU auf 37 Prozent gerutscht. Mitunter ein Grund: der interne Machtkampf, der jetzt sogar um eine Facette reicher wurde. Neben Markus Söder will angeblich Joachim Herrmann den Chef-Posten in der Staatskanzlei und als Spitzenkandidat antreten. Eine für Montag angekündigte Sitzung soll Klarheit bringen. Egal, wer die CSU anführt oder in Bayern regiert, bei Europathemen wird sie weiter auf ihrem Standpunkt bleiben. Und etwa das von Macron vorgesehene Budget für die Eurozone ablehnen, für das sich die SPD durchaus erwärmt.
Angesichts der Knackpunkte und des Koalitions-Traumas der SPD ist fraglich, ob diese auf weitere Gespräche setzt. Martin Schulz will sich jedenfalls nicht mehr festlegen. Falls es eine Fortsetzung gibt, dann nur, "wenn es nicht zu tierischem Stress und Krach zwischen allen Beteiligten kommt".