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Slowenien: Präsident Pahor muss in Stichwahl

22-10-2017, 20:18

Amtsinhaber Borut Pahor (53) hat am Sonntag die slowenische Präsidentenwahl klar gewonnen, muss aber wohl am 12. November in eine Stichwahl. Laut Teilergebnissen und einer Wählerbefragung verfehlte Pahor nämlich die absolute Mehrheit gegen seine acht Herausforderer und dürfte im Stichentscheid dem Lokalpolitiker und Ex-Comedian Marjan Sarec begegnen.

Pahor kam nach Auszählung von drei Fünftel der Stimmen auf 47,4 Prozent. Klar auf dem zweiten Platz lag der Bürgermeister der nordslowenischen Stadt Kamnik, Marjan Sarec, mit 24,8 Prozent. Überraschend stark schnitt die konservative EU-Abgeordnete Romana Tomc mit 13,7 Prozent der Stimmen ab. Sie erhielt demnach fast doppelt so viel Zuspruch wie die Christdemokratin Ljudmila Novak (7 Prozent), mit der sie sich in den Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den dritten Platz geliefert hatte.

Rechtsextremist vor Kandidatin von Regierungspartei

Einen Achtungserfolg erreichte auch der rechtsextremistische Kandidat Andrej Sisko, der mit 2,2 Prozent unter anderem die Kandidatin der führenden Regierungspartei SMC, Bildungsministerin Maja Makovec Brencic (1,7 Prozent), sowie den Bürgermeister der drittgrößten slowenischen Stadt Koper, Boris Popovic (1,9 Prozent) hinter sich ließ. Weniger als ein Prozent der Wähler votierten für die Kandidatinnen von zwei außerparlamentarischen Rechtsparteien, Suzana Lara Krause und Angela Likovic.

Laut einer Hochrechnung des TV-Senders POP TV kam Pahor auf 47,2 Prozent der Stimmen, Sarec und Tomc erhielten 20,4 und 15,2 Prozent. Eine unmittelbar nach Wahlschluss veröffentliche Wahltagsbefragung für den öffentlich-rechtlichen Fernsehsender RTV Slovenija hatte den Amtsinhaber mit 56,2 Prozent klar auf Siegeskurs gesehen.

Im Wahlkampfstab Pahors gab man sich zurückhaltend. Man wolle zuerst die offiziellen Ergebnisse abwarten, hieß es. Pahor selbst hatte bei der Stimmabgabe am Vormittag tiefgestapelt und gemeint, dass die Entscheidung wohl erst in der Stichwahl fallen werde. "Es wäre zu optimistisch zu glauben, dass die Hälfte der Wähler nur für einen von insgesamt neun Kandidaten stimmen wird", sagte Pahor im westslowenischen Sempeter pri Gorici.

Sarec zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis: "Das ist ein gutes Resultat. Das ist mehr als alle Parlamentsparteien zusammen erreichten", betonte der Lokalpolitiker mit Blick auf das schwache Abschneiden der Kandidaten der etablierten Parteien. "Dieses Resultat gibt mir viel Optimismus", fügte er hinzu. Schon bei der Stimmabgabe hatte er gemeint, dass es für ihn "keine Niederlage geben" könne, "weil ich bisher nicht in der nationalen Politik war und jegliche Unterstützung, die ich bekomme, ein Erfolg ist".

Geringe Wahlbeteiligung

Die klare Führung Pahors in den Umfragen dürften viele Slowenen von der Beteiligung an dem Urnengang abgehalten haben. Die Beteiligung dürfte deutlich unter dem Rekordtief des Jahres 2012 gelegen sein, als sich erstmals weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten an einer Präsidentenwahl beteiligt hatten. Kritiker machten auch Pahors umstrittene populistische Politik für das sinkende Interesse verantwortlich. So hatte eine Reihe von Intellektuellen dem Präsidenten in einem offenen Brief vorgehalten, das Präsidentenamt entwertet, "ihm Sinn und Bedeutung genommen" zu haben.

Pahor hatte vor fünf Jahren ein beispielloses politisches Comeback geschafft, indem er sich zum apolitischen "Bürgerversteher" stilisierte. Wenige Monate, nachdem er als Chef einer Mitte-Links-Regierung im Streit über Sozialreformen Schiffbruch erlitten und bei vorgezogenen Parlamentswahlen eine katastrophale Niederlage einstecken musste, tourte er wochenlang durchs Land und schlüpfte dabei jeden Tag in einer andere Rolle - vom Müllmann bis zum Journalisten. Damit gelang es ihm, den distinguierten Amtsinhaber Danilo Türk mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit zu besiegen. Nach seiner Wahl machte Pahor dann weltweit als "Instagram-Präsident" mit mehr oder weniger geglückten Postings Schlagzeilen, während er sich in politischen Fragen zurückhaltend zeigte.

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