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Xi Jinping will China zur Supermacht machen

18-10-2017, 09:32

Die Nerven der Parteistrategen liegen vor Beginn des heute beginnenden, alle fünf Jahre tagenden großen Parteikongresses in Peking blank. Niemand soll die seit mehr als einem Jahr sorgfältig geplante Inszenierung rund um den immer mächtiger werdenden chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping stören, der bei dem Großereignis seine Visionen für die nächsten fünf Jahre präsentieren und bis 2022 wiedergewählt wird.

Entsprechend scharf zogen die Behörden die Schrauben an: Der Web-Zugang zu internationalen Medien wurde gesperrt, die Zensur der Sozialen Medien verschärft, Tunneldienste, über die sonst die "Große Firewall" überwunden werden kann, blockiert. Airbnb durfte keine Wohnungen in Peking mehr vermitteln, Dissidenten wurden "eingeladen", die nächsten Wochen in – überwachten – Gästehäusern zu verbringen. Und auf den Straßen sollen Tausende Freiwillige für Ordnung sorgen.

Foto: APA/AFP/GREG BAKER Die breite Masse des 1,4 Milliarden Menschen zählenden Volkes wird längst mit einem fast an Mao erinnernden Personenkult überschwemmt. Selbst in kleinen Dörfern am Land, die vom Aufschwung Chinas herzlich wenig spüren, finden sich Wandgemälde Xis.

Die Parteistrategen des Zentralkomitees preisen in einem am Wochenende präsentierten Kommuniqué die "großen Durchbrüche", um Reformen zu vertiefen; die "großen Fortschritte" bei der wirtschaftlichen Entwicklung; die "bemerkenswerten Fortschritte" beim Umweltschutz; den "zermalmenden Schwung" im Kampf gegen Korruption; und den "Aufbau einer starken Armee".

"Mächtigster Führer"

Xi ist aus Sicht von US-Präsident Donald Trump "der vermutlich mächtigste" Führer, den China in den vergangenen hundert Jahren hatte. Und damit könnte er recht haben. Xi will die zweitgrößte Wirtschaftsnation der Welt zur Nummer Eins machen. Der zielstrebige Chinese erhebt für sein Land den Anspruch, auf der politischen Weltbühne mitzumischen. Dazu gehört sein internationales Projekt der neuen Seidenstraße genau so wie die Stärkung der Armee samt der Errichtung von Militärbasen im Ausland. (Chinas allererste Militärbasis außerhalb des Landes wurde Anfang August in Dschibuti eröffnet.) Hunderte Milliarden Dollar sollen in Infrastrukturprojekte in andere Länder fließen – womit China an wirtschaftlichem und politischem Einfluss dort gewinnen wird. Die Großmacht konnte sich bereits mit strategischen Einkäufen in Europa (wie den griechischen Hafen in Piräus, um nur ein Beispiel zu nennen) ebenso positionieren wie in Afrika, Asien oder Südamerika.

Nicht wie UdSSR enden

Das steht – aus chinesischer Sicht – auf Xis Habenseite. Auf der anderen explodiert in China noch immer die Ungleichheit zwischen Reich und Arm, Stadt und Land. Gemeinsam mit den Mega-Problemen der Luftverschmutzung, der vergifteten Böden und des schmutzigen Wassers birgt das den Sprengstoff, vor dem sich die Kommunistische Partei fürchten muss. Xis größte Angst ist ein Schicksal, das die Sowjetunion (UdSSR) erlitten hat. Deshalb darf niemand am Kommunismus und an der Partei rütteln. Er fordert bedingungslose absolute Loyalität und Disziplin und bekämpft jede Form der Abweichung sowie Korruption.

Xi regiert mit harter Hand – und er wird die Zügel wohl noch fester anziehen, wenn er seine Macht beim Parteikongress wie erwartet massiv ausbauen kann. Es wird erwartet, dass 70 Prozent der 205 Mitglieder des Zentralkomitees ausgetauscht werden. Dort, aber vor allem für die Neubesetzungen im 25-köpfigen Politbüro und dessen innersten Machtzirkel konnte Xi Experten zufolge seine Gefolgsleute vor der nun anstehenden Wahl erfolgreich in Stellung bringen.

Foto: REUTERS/CHINA STRINGER NETWORK "Xi Jinping hat jetzt die Macht, um die ganze Lage zu kontrollieren", sagt der Politikprofessor Wu Qiang von der Pekinger Tsinghua-Universität. "Es gibt keine gleichstarken Fraktionen, die ein Gegengewicht bilden." Das frühere "kollektive Führungsmodell" durch Interessengruppen und Fraktionen werde durch ein "politisches Regime mit persönlicher Zentralisierung der Macht" umgewandelt. Dabei kam Xi sein rigoroser Kampf gegen die grassierende Korruption der Kader zupass.

Xis Machtfülle geht so weit, dass jetzt beim Parteikongress nicht nur das ideologische Erbe von Xi Jinping in der KP-Verfassung verankert wird, sondern er dort auch namentlich aufgeführt werden könnte. Das war bisher nur bei Mao Zedong, dem Staatsgründer, und dem Reformarchitekten Deng Xiaoping der Fall. Der Personenkult, den der 64-Jährige um sich betreiben lässt, spricht jedenfalls dafür. In Peking wird spekuliert, dass er auch gegen die bisherige Praxis der KP eine dritte Amtszeit nach 2022 anstrebt. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist groß.

Was haben Donald Trump und Xi Jinping gemeinsam? Den Traum, ihr Land „wieder groß“ zu machen. Wobei sich der Chinese, der Konkurrenten entmachten  und Günstlinge in Stellung bringen konnte, auch   mangels demokratischen Systems, freier Justiz und unabhängiger Presse im Vorteil wähnt.  Machtpolitisch gedacht kann er das riesige Reich mit seinen 1,4 Milliarden Menschen gar nicht anders zusammenhalten als mit einem straff organisierten autoritärem System, das ungeachtet aller marktwirtschaftlichen Auswüchse an der Mär des  Kommunismus in China  festhält. Fällt die KP, zerfällt das Land.  Das zu verhindern, sind Xi  wahrscheinlich alle Mittel recht.

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