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Trump demütigt seinen Außenminister mit Genuss

11-10-2017, 18:00

Rex Tillersons Mundwinkel zeigten noch nie fröhlich nach oben. Seit er aber sein geliebtes Texas gegen das Haifischfischbecken Washington eingetauscht hat, verheißt die versteinerte Mimik des US-Außenministers noch weniger Optimismus.

Der frühere Manager des weltgrößten Öl-Konzerns Exxon Mobil fühlt sich in der Rolle des Chef-Diplomaten unter Präsident Donald Trump, zu der ihm seine Gattin Renda noch geraten hatte, zunehmend fehl am Platze. Eine stattliche Reihe von öffentlichen Herabsetzungen und Schurigeleien, Trumps bevorzugte Herrschaftsinstrumente, haben den 65-Jährigen wund gerieben.

Mehr als einmal soll der in der Tradition der Pfadfinder aufgewachsene Industrielle gedanklich an seinem Rücktrittsgesuch gesessen haben, schreiben US-Zeitungen. Zu erratisch, zu unbeherrscht und zu undurchdacht empfindet der außenpolitische Novize, dem das State Departement intern selbst große Führungsschwächen anlastet, das Gebaren des Commander-in-Chief. Hauptstadt-Insider halten das Verhältnis der beiden Männer trotz aller Schönwetter-Beteuerungen für irreparabel zerrüttet. Mit Nikki Haley (UN-Botschafterin) und Mike Pompeo (CIA-Chef) werden bereits als mögliche Nachfolger ventiliert. Die Frage sei nicht mehr, ob der "Rexit" komme, sondern nur noch: wann.

Nur wenige Beobachter halten dagegen, dass der privat auf über 500 Millionen Dollar geschätzte Öl-Mann sich gemeinsam mit Verteidigungsminister James Mattis, Stabschef John Kelly und Sicherheitsberater H.R. McMaster im Angesicht von Krisen wie Nordkorea als letzte Bastion der Vernunft begreift, um den mit einem "Schnellkochtopf" verglichenen Trump vor der Explosion und die Welt vor der Katastrophe zu bewahren.

Wie weit die Entfremdung, die schon bei Themen wie Pariser Klima-Vertrag, Katar oder Iran erkennbar wurde, zwischen den beiden vorangeschritten ist, war nie klarer als zuletzt. Während der chronisch medienscheue Tillerson in China dezent von direkten Gesprächskanälen mit Nordkorea schwärmte und die leise Hoffnung auf eine diplomatische Lösung des Konflikts mit Diktator Kim Jong-un nährte, zog Trump seinem Chef-Emissär brutal die Beine weg. "Ich habe Rex Tillerson, unserem wunderbaren Außenminister, gesagt, dass er seine Zeit vergeudet, indem er versucht, mit dem kleinen Raketenmann zu verhandeln", twitterte Trump, "Spar dir deine Energie, wir werden tun, was getan werden muss."

In diplomatischen Zirkeln in Washington wurde die öffentliche Demontage als "vorgezogenes politisches Todesurteil" für Tillerson gewertet.

Als kurz danach durchsickerte, dass Tillerson seinen Chef intern als "Trottel" bezeichnete ("moron"), schien die Trennung nur noch eine Frage von Stunden. Tillerson fing die anschwellende Wutwelle Trumps durch eine Ergebenheitsadresse vor laufender Kamera ab, ohne zu dementieren, dass er den Präsidenten tatsächlich einen Deppen genannt hatte.

Trump wurmen solche Feinheiten. Also legt der Meister der ambulanten Demütigung nach. Gegenüber Forbes stellte Trump in Aussicht, sich mit Tillerson einem Intelligenztest zu unterziehen. "Und ich kann Ihnen sagen, wer gewinnen wird." Er meinte sich selbst.

Nur ein "Scherz", so das Weiße Haus später, Trump habe "100-prozentiges Vertrauen" in seinen Außenminister. Den Gesichtsausdruck zu sehen, den der nach den Hollywood-Stars Rex Allen und John Wayne benannte Tillerson (Mittelname Wayne) gemacht hat, als er das hörte, dafür würden nicht wenige in Washington ein Vermögen geben.

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