logo



[email protected]

CSU: Kein Koalitionsver­trag ohne Obergrenze

26-09-2017, 12:18

Aus Bayern kommt vor einer Sitzung der CSU-Landesgruppe heute Dienstag bereits eine erste Rücktrittsforderung an CSU-Chef Horst Seehofer. Der CSU-Landtagsabgeordnete Alexander König sagt laut einem Bericht des Spiegel: "Wir brauchen einen anderen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl" und bezeichnet den bayerischen Finanzminister Markus Söder als "geeigneten Kandidaten".
 
Söder selbst, der immer wieder als Seehofer-Nachfolger ins Spiel gebracht wird, sagte, dass man "ganz logischerweise nicht zur Tagesordnung übergehen kann, insbesondere deswegen, weil wir nächstes Jahr die Landtagswahl haben."
 

Obergrenze ist Koalitionsbedingung

Nach der Wahlschlappe der CSU bei der Bundestagswahl vom Sonntag steigt die Nervosität. Von der Schwesternpartei CDU will man nun eine striktere Migrationspolitik.
 
Söder sieht die Obergrenze für Flüchtlinge als entscheidende Koalitionsbedingung seiner Partei. Auf die Frage, ob die CSU auch einen Koalitionsvertrag ohne Obergrenze unterschreiben würde, antwortete Söder am Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin": "Das kann ich mir nicht vorstellen."

Die Obergrenze sei eine "Kernforderung" der Christsozialen, sagte Söder. Er äußerte sich erneut skeptisch zu einem Jamaika-Bündnis mit FDP und Grünen. Auch der bayerische Innenminister und CSU-Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl, Joachim Herrmann, bekräftigte die Forderung der Partei. "Wir sind nicht bereit, darauf zu verzichten", sagte er im Deutschlandfunk. Es sei offenkundig auch der Wille der Mehrheit der Wähler, dass es diese Obergrenze gebe, meinte er mit Blick auf das gute Abschneiden der rechtspopulistischen AfD.

Erstarken der AfD

Die CSU-Forderung, die jährliche Aufnahme von Flüchtlingen auf 200.000 Menschen zu begrenzen, stößt bei den Grünen, aber auch in der Schwesterpartei CDU auf Ablehnung. Söder sagte dagegen, dass sich das Land durch die Flüchtlingskrise "fundamental verändert" habe. Die Entwicklungen hätten auch zu dem Erstarken der AfD und dem Vertrauensverlust in die Volksparteien Union und SPD bei der Bundestagswahl geführt.

Viele Menschen fühlten sich nicht mehr sicher, sagte Söder. Leute hätten Angst, abends U-Bahn zu fahren, Frauen davor, allein zu joggen. Auf diese "Beschränkung des Lebensgefühls" brauche es bei einer Regierungsbildung eine Antwort, sagte der CSU-Politiker und zeigte sich "sehr skeptisch, ob das mit den Grünen nur annähernd gehen kann". Zudem hätten die Grünen eine "völlig andere Auffassung von einer kulturellen Idee Deutschlands".

Das CSU-Ergebnis bei der Wahl am Sonntag - ein Minus von mehr als zehn Prozentpunkten auf 38,8 Prozent der Stimmen in Bayern - bezeichnete Söder als "Debakel". Nun sei es wichtig, die Partei zu stabilisieren und die Niederlage seriös zu analysieren. "Hauruckentscheidungen" würden gar nichts bringen.

Umfrage: Deutsche für Jamaika-Koalition

Die Bildung einer Jamaika-Koalition aus CDU/CSU, FDP und Grünen würde nach einer Umfrage von der Mehrheit der Bürger in Deutschland positiv gesehen. 57 Prozent der Befragten fänden laut ARD-"Deutschlandtrend" eine solche Regierung gut oder sehr gut. Das seien 34 Prozentpunkte mehr als noch am Wahltag.

Eine erneute Große Koalition aus CDU/CSU und SPD stößt in der Umfrage von Infratest dimap nur auf eine Zustimmung von 31 Prozent. Sollte eine Jamaika-Koalition nicht zustande kommen, befürworten 65 Prozent der Befragten Neuwahlen. Eine Minderheitsregierung wird weitgehend abgelehnt - nur 26 Prozent der Befragten konnten sich dafür erwärmen.

Auch aus der Wirtschaft kommen indes positive Signale zu einer möglichen Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen. "Ich glaube sehr wohl, dass wir mit den Inhalten leben können", sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, am Dienstag im Bayerischen Rundfunk. Die beteiligten Parteien verträten "ganz starke Werte, die wir auch im Zentrum unserer Forderungen haben".

Als Beispiel nannte der BDI-Präsident die "Europabezogenheit". Die deutsche Wirtschaft hänge von einer "intensiven Verflechtung mit dem europäischen Ausland, aber auch international ab", sagte Kempf. Eine Koalition aus "drei Farben und vier Parteien" werde nicht einfach werden. Gleichwohl seien die Verhandlungsführer gefordert, sich ihrer demokratischen Verpflichtung bewusst zu werden und die Verhandlungen "möglichst schnell zu einem Ende zu bringen."

Nachrichtenquelle


© 2017-2024 wienpress.at [email protected]