Der Fachverband der Pensionskassen fordert schon seit geraumer Zeit den vollständigen Ausbau der zweiten Säule des Rentensystems, das heißt, der betrieblichen Vorsorge.
Nun hat sich der Verband Unterstützung vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) geholt, das berechnet hat, dass eine betriebliche Vorsorgefüralle auch für eine gerechtere Verteilung der Pensionseinkommen sorgen und damit auch sozialpolitisch Sinn machen würde.
Viele Österreicherinnen und Österreicher hätten derzeit keinen Zugang zu einem kapitalgedeckten System, mit dem sie selbst für das Alter vorsorgen könnten. Dadurch entstehe Ungleichheit und Altersarmut. Beides könnte man reduzieren, "wenn man die zweite Säule der Altersvorsorge verbreitern würde", sagte Wifo-Chef Gabriel Felbermayr am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Fachverband. So könnten alle von der Entwicklung der Kapitalmärkte profitieren, was die Ungleichheit unter den Pensionistinnen und Pensionisten, die Armutsgefährdung sowie die Altersarmut verkleinern würde. Es gebe also auch "ein sehr gutes sozialpolitisches Argument dafür, dass man die zweite Säule der Altersvorsorge ausbaut," so Felbermayr. Gleichzeitig könnte der heimische Kapitalmarkt mit mehr Liquidität gestärkt und belebt werden.
Betriebliche Vorsorge könne Pensionen um bis zu 19 Prozent erhöhen
Um die Auswirkungen einer flächendeckenden betrieblichen Vorsorge zu demonstrieren, hat das Wifo in seiner Analyse zwei Szenarien herangezogen: Das erste Szenario plant mit einem jährlichen Beitrag in Höhe von 2,5 Prozent der Bruttolohn- und Gehaltssumme, das zweite Szenario sieht einen indexierten Geldbetrag von 150 Euro pro Jahr vor. Beide Optionen wurden für mehrere Ausbildungsstufen, Berufsgruppen, Vollzeit- und Teilzeitarbeit, Männer und Frauen berechnet und dann auf die Bevölkerung hochgerechnet.
Ersteres Szenario würde die Bruttoerstepension um 15 bis 19 Prozent höher ausfallen lassen als ohne eine betriebliche Vorsorge. Für Männer würde das einer Pensionserhöhung um bis zu 400 Euro pro Monat entsprechen, für Frauen um bis zu 200 Euro. Im zweiten Szenario, das eine auch für Geringverdiener leistbare Variante der betrieblichen Vorsorge darstellen soll, würde die Erstpension um 1 bis 9 Prozent ansteigen - für Männer wäre das ein Zuwachs von bis zu 150 Euro, für Frauen um bis zu 95 Euro. Die Effekte könnten zusätzlich verstärkt werden, wenn es eine staatliche Prämie für die betriebliche Vorsorge gäbe. Das Wifo geht in seinen Annahmen von einer Förderung von 80 Euro aus.
Sowohl die erste, aber vor allem die zweite Variante würde laut der Studie Umverteilungseffekte bringen, also die Einkommen bei Pensionsantritt gleicher machen. Profitieren würden vor allem Personen in Teilzeit sowie solche mit niedrigeren Einkommen und einem flacheren Lebenseinkommensverlauf. Die staatliche Prämie würde die Verteilungseffekte noch einmal deutlich verbessern.
Mit der Studie werde widerlegt, dass die betriebliche Vorsorge nur wohlhabenderen Personen nützen kann, so Felbermayr. Gerade Personen mit geringerem Einkommen erhielten über so ein System Zugang zu den Renditen, die am Kapitalmarkt erzielt werden, und könnten dementsprechend mitprofitieren. Derzeit gebe es diesen Zugang nur für einen Teil der Erwerbstätigen, meist seien Menschen mit höheren Einkommen begünstigt.
Fachverband fordert Vollausbau der zweiten Säule
Der Fachverband der Pensionskassen nimmt die Studie zum Anlass seine Forderung für einen Vollausbau der betrieblichen Vorsorge zu erneuern. Weiter spricht sich Fachverbandsobmann Andreas Zakostelsky für die Förderung von Arbeitnehmerbeiträgen, für die Absetzbarkeit von Beiträgen für geschäftsführende Gesellschafter sowie für mehr Wahlmöglichkeiten für Berechtigte aus.
Ob die Forderungen von der sich anbahnenden neuen Regierung auch umgesetzt werden, wird sich zeigen. Zakostelsky zeigte sich heute jedenfalls zuversichtlich. Man führe mit allen Parteien Gespräche diesbezüglich und angesichts des budgetären Drucks gehe er davon aus, dass das Thema Vorsorge im "Sinne des Landes" rasch angegangen werde.
Auch Felbermayr verwies auf den steigenden Handlungsdruck einer künftigen Regierung, das Pensionssystem zu überarbeiten. Denn die Zuzahlungen zu den staatlichen Pensionen aus dem Bundesbudget wachsen jedes Jahr. Gleichzeitig belaste ein schwaches heimisches Wirtschaftswachstum das Umlagesystem. "Wir starten heuer in das dritte Jahr mit schwachem Wachstum", so der Wifo-Chef. Ein kapitalbasiertes System könnte dagegen am stabileren internationalen Wachstum teilhaben.