FPÖ-Chef Herbert Kickl hat am Dienstagnachmittag in einer Erklärung der ÖVP gegenüber die Hand "ausgestreckt".
Kickl wird den FPÖ-Parteigremien heute Abend vorschlagen, Gespräche mit der Volkspartei einzuleiten. Dann wird schnell Klarheit benötigt, ob eine Regierungsbildung machbar ist. Dazu sind laut Kickl Änderungen innerhalb der ÖVP und Einigkeit erforderlich: "Wenn das nicht gewährleistet ist, dann war es das schon wieder." Die FPÖ ist bereit für vorgezogene Wahlen.
Kickl mit Forderung an ÖVP
Kickl betonte, dass er nicht in die Vergangenheit schaue sondern in die Zukunft. Unverzeihlichkeit führe zu nichts, auch wenn er die Skepsis mancher Warner der Volkspartei gegenüber verstehe: "Ich habe ja zuerst auch gedacht, ich höre nicht richtig", meinte der FP-Chef zum Schwenk der ÖVP in Richtung Freiheitlichen. Dass er nun mit der Volkspartei rede, sei auch für ihn nicht leicht. Gleichzeitig adressierte er an die ÖVP, dass diese erkennen werde müssen, wer stärkste Partei geworden und wer am zweiten Platz gelandet sei.
Auch mit Warnungen spickte Kickl sein Gesprächsangebot an die ÖVP. Er wolle nun "keine Spielchen, keine Tricks, keine Sabotage, keine Quertreiberei, keine Politik des Machterhalts Willen", sagte er in Richtung der neuen Parteispitze. Es brauche einen Partner, der geschlossen, homogen und stabil sei. Auch eine intern zerstrittene ÖVP wolle er nicht als Koalitionspartner, wo unterschiedliche Akteure unterschiedliche Ziele verfolgen. "Wenn das nicht gewährleistet ist, dann war es das auch schon wieder", so der FPÖ-Chef.
"Interessante Vergangenheit" von Kickl mit Stocker
Angst vor einer Neuwahl, sollten die Gespräche scheitern, dürfte Kickl zumindest nicht haben, wie er klarstellte. So hätte er es sich bereits im Gespräch mit dem Bundespräsidenten einfach machen und den bequemeren Weg einschlagen können, angesichts des "Siegeslaufs" seiner Partei und guter Umfragewerte. "Ich traue der Freiheitlichen Partei zu, diese Umfragewerte zu materialisieren", so der Parteichef. "Ich habe mich für den Weg der staatspolitischen Verantwortung entschieden."
"Vertrauen investieren" will Kickl nun auch in den neuen geschäftsführenden ÖVP-Obmann Christian Stocker, der als einstiger Generalsekretär seiner Partei besonders scharf auf ihn geschossen hatte: "Auch das ist nicht leicht für mich. Wir haben eine interessante gemeinsame Vergangenheit." Persönliche Befindlichkeiten würden aber im Fall von Regierungsverhandlungen eine untergeordnete Rolle spielen, betonte der FPÖ-Obmann. "Unsere Hand ist somit weiter, oder wenn Sie es wollen wieder ausgestreckt." Fragen waren bei der Presseerklärung nicht zugelassen.
ÖVP will SPÖ Schuld zuschieben
Schon vor der Pressekonferenz Kickls hatte sich die ÖVP erneut bemüht, der SPÖ die Schuld am Scheitern der Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS zuzuschieben. "Babler hat den Weg für Kickl frei gemacht", erklärte ÖVP-Klubobmann August Wöginger in einer Aussendung. Der SPÖ-Vorsitzende Andreas Babler habe "starr an linken Uralt-Dogmen festgehalten und keine Kompromissbereitschaft gezeigt, das Land voranzubringen", argumentierte er ähnlich wie der scheidende Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Vortag. Die Freiheitlichen hatten bereits nach dem Scheitern der ersten Gespräche mit der Volkspartei - noch unter Parteichef und Bundeskanzler Karl Nehammer - ein Positionspapier für Verhandlungen veröffentlicht und die Türkisen immer als möglichen Koalitionspartner bevorzugt.