Am Dienstag haben FPÖ und ÖVP in der Steiermark die Grundzüge ihres Regierungsprogramms für die kommenden fünf Jahre vorgestellt. Zwei Landesrätinnen und ein Landesrat konnten ihre Sitze in der neuen Landesregierung behalten.
Das gesamte Regierungsprogramm mit dem Titel "Starke Steiermark. Sichere Zukunft" hat 133 Seiten, wesentliche Aspekte des schwarz-blauen Arbeitsabkommens wurden während der Medienpräsentation nur kurz erwähnt. Sie variieren von einem vorläufigen Leitspital-Stopp bis hin zur Bezahlkarte für Asylsuchende und einem Ende der Gender-Formulierungen in offiziellen Dokumenten.
Blau-Schwarz legt Leitspital in Steiermark auf Eis
Das geplante Leitspital in der Obersteiermark, das die steirische Spitalsreform vorgesehen hatte, wird erst einmal auf Eis gelegt. Das ÖVP-Projekt wurde bisher von der FPÖ abgelehnt. "Wir bekennen uns zur bestmöglichen Gesundheitsversorgung, egal in welcher Region", betonte FPÖ-Chef Mario Kunasek einführend. Dennoch werde beim geplanten Spital in Stainach-Pürgg nun erst einmal die Stopp-Taste-gedrückt. Stattdessen soll bis zum zweiten Quartal 2025 ein "Plan B" ausgearbeitet werden. Dieser fokussiere den Ausbau des Standortes Rottenmann inklusive der Erhaltung der Spitäler in Schladming und Bad Aussee. "Beim Leitspital waren wir nicht immer einer Meinung, aber wir sind an einem Punkt angekommen, wo wir sagen, wir beginnen neu. Wir schauen, wie können wir den Plan B aufsetzen", ergänzte Manuela Khom, die neu gewählte geschäftsführende ÖVP-Landesparteiobfrau als Kunaseks Stellvertreterin an der Spitze des schwarzen Regierungsteams.
Bezahlkarte und neues Integrationsleitbild in Steiermark
Bereits in der Vorwoche bekannt gegeben wurde, dass FPÖ und ÖVP eine Bezahlkarte einführen wollen. Damit werden künftig im steirischen Asylwesen die Sachleistungen priorisiert und Bargeldleistungen gestrichen. Eine freiheitliche Kernforderung soll damit umgesetzt werden. Hinzu kommt eine "restriktive Asyl- und Migrationspolitik", auf die man sich geeinigt habe. Deren Grundzüge sollen in einem neuen Integrationsleitbild vorgegeben werden. Da scheint es nahezu symbolhaft, dass die Präsentation des Koalitionsprogramms am Dienstag im Heimatsaal des Volkskundemuseums präsentiert wurde. Unter den Vorhaben befindet sich auch ein Verbot religiöser Kleidung im Dienst der Landesverwaltung - Ziel sei es eine "neutrale Landesverwaltung" zu haben. "Eine Halskette wird sicher möglich sein, aber Bekleidungsgegenstände sind zu definieren", schilderte Kunasek am Dienstag auf Nachfrage. Eingeführt werden soll auch eine Stabstelle für Sicherheit in Asylheimen, "die regelmäßige, unangekündigte Kontrolle der Grundversorgungsquartiere sicherstellen soll", heißt es im Programm.
Blau-Schwarz schafft Binnen-I in amtlichen Schriftstücken ab
Im Bereich der Landesverwaltung sollen im amtlichen Schriftverkehr sowie in Dokumenten des Landes das Binnen-I und andere Gender-Schreibweisen keine Verwendung finden, ist dem Programm weiter zu entnehmen. Es gehe um die "Lesbarkeit der Dokumente und des Schriftverkehrs", so Kunasek, der "selbstverständlich Gleichberechtigung leben" wolle, aber es sollen Schriftstücke "auch ohne Gendersprache" möglich sein. Kunasek kündigte auch eine Reform der Sozialhilfe an, denn da habe es "Schieflagen in der Vergangenheit" gegeben. So sollen die Höchstsätze für kinderreiche Familien angepasst werden. "Leistung muss auch ein wesentlicher Teil der Gesellschaft sein. Es muss einen Unterschied machen, ob jemand ein Einkommen durch Erwerb oder durch die öffentliche Hand in Notlagen erhält", erklärte der künftige Landeshauptmann. Neu eingeführt werde daher ein landesweiter Erhebungsdienst zur Bekämpfung von Sozialmissbrauch und -betrug, der "den unberechtigten Bezug der Sozialhilfe verhindern" soll, heißt es dazu im Programm. Bei der Pressekonferenz blieben einige Pläne, die im Programm niedergeschrieben wurden, unerwähnt: So soll etwa Deutsch als Schulsprache auch in den Pausen verankert werden, sofern Deutsch die Unterrichtssprache ist. Zudem wurde im Programm ein Bekenntnis "zur kulturellen Wertevermittlung durch steirische Bräuche und Traditionen" erfasst. Das "Feiern traditioneller Feste wie Weihnachten und Ostern" sowie der Besuch eines Nikolaus in elementarpädagogischen Einrichtungen müsse eine Selbstverständlichkeit sein.
Opposition mit viel Kritik an Blau-Schwarz in Steiermark
Kritik gab es nach der Programmpräsentation seitens der Opposition. SPÖ-Chef Max Lercher blickte noch einmal auf den Montag: "Chaos statt Arbeit für unser Land. Das erleben wir gerade in der Steiermark. Die Wahrheit ist: Wir haben in der kommenden Zeit unglaublich viele Probleme in der Steiermark zu meistern. Es geht um die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Stärkung unseres Wirtschaftsstandorts und die bestmögliche Betreuung unserer Kinder und Jugendlichen. Aber was macht diese FPÖ-ÖVP Landesregierung, bevor sie überhaupt angelobt ist? Sie streitet um Macht und Posten." Sein Appell lautete: "Reißt euch zusammen für die Steiermark. Wir brauchen jetzt dringend Taten und keine Streitigkeiten um Posten und Ämter." Klubobmann Hannes Schwarz meinte: "Es ist das eine, populistische Forderungen in einem Regierungspapier zu sammeln, doch was wirklich zählt, sind Taten und Fakten, die die Lebensrealität der Steirerinnen und Steirer verbessern."
NEOS-Klubobmann Niko Swatek fehlte im neuen Programm "Mut und Vision, um die Steiermark in eine erfolgreiche Zukunft zu führen". Da sei "keine Aufbruchsstimmung, keine klaren Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit. Bildung? Nicht einmal erwähnt. Damit bleibt die Steiermark das Bildungsschlusslicht Österreichs. Die notwendige Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird weiter vernachlässigt - ein fatales Signal für unsere Familien, unsere Kinder und unsere Wirtschaft." Die Grünen sahen Rückschritt statt Aufbruch: "Was wir hier präsentiert bekommen, ist ein blaues Regierungsprogramm, bei dem die ÖVP als Juniorpartnerin vier Landesräte stellen darf", kritisierte Klubobfrau Sandra Krautwaschl. "Statt Lösungen für die zentralen Fragen zu liefern, bekommen wir Symbolpolitik und rückschrittliche Verbote. Frauenpolitik? Fehlanzeige. Antworten auf die Klimakrise? Keine. Zukunftsorientierung in so drängenden Bereichen wie Gesundheit, Pflege und Bildung? Nicht zu erkennen. Gegen Verschlechterungen im Sozialbereich werden wir massiven Widerstand leisten", so Krautwaschl.
Blau-Schwarze Landesregierung in Steiermark mit
In der neuen achtköpfigen blau-schwarzen Landesregierung in der Steiermark dürfen zwei Landesrätinnen und ein Landesrat ihre Sitze behalten. Die fünf anderen Regierungsmitglieder sind neu in ihren Funktionen. Neuer Landeshauptmann wird Mario Kunasek (FPÖ). Er wird unter anderem für das Ressort Katastrophenschutz und Landesverteidigung verantwortlich sein. Zu seiner Stellvertreterin wurde Manuela Khom (ÖVP) bestimmt, die unter anderem Gemeinden und Regionen übernimmt. Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) wird wie bisher schon das Wirtschafts- und Wissenschaftsressort verantworten. Sie bekommt aber auch noch Arbeit und Finanzen hinzu. Die Tourismus-Agenden wandern zu Kunasek, der auch noch Personal, Sport und Volkskultur übernimmt, weiters auch Organisation und Informationstechnik, Zentrale Dienste sowie Verfassung und Inneres. Karlheinz Kornhäusl (ÖVP) bleibt als Gesundheitslandesrat im Amt und übernimmt auch noch die Kultur, die bisher bei Christopher Drexler angesiedelt war. Simone Schmiedtbauer (ÖVP) wird weiterhin Agrarlandesrätin sein und so wie bisher auch für den Wohnbau und das Veterinärwesen zuständig sein. Bei ihr kommt neu das Klima- und Energieressort hinzu. Khom wird auch noch für Europa und Internationales sowie Gesellschaft (außer Jugend) verantwortlich sein. Die Jugendagenden gehen an Stefan Hermann (FPÖ), ebenso wie Bildung, Gemeinden und Regionalentwicklung. Der bisherige Nationalratsabgeordnete Hannes Amesbauer (FPÖ) wird für die Bereiche Soziales und Integration, Umwelt, Natur- und Tierschutz sowie Raumordnung zuständig sein. Claudia Holzer (FPÖ) übernimmt die Ressorts Verkehrs und Landeshochbau, ländlicher Wegebau und Technik.
Mitglieder der steirischen Landesregierung mit Ressorts
Regierungsteam der FPÖ Steiermark
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Mario Kunasek - Der steirische FPÖ-Parteiobmann Mario Kunasek hat die Freiheitlichen erstmals bei einer Landtagswahl in der Grünen Mark an die Spitze geführt - und das noch dazu mit Respektabstand zur ÖVP, die nun den Landeshauptmannsessel in der Grazer Burg räumen muss. Der ehemalige Verteidigungsminister hat sich kaum Fehler in seiner Polit-Karriere erlaubt. Ermittlungen gegen ihn, die von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt geführt werden, perlten bisher ab ihm ab. Mario Kunasek wurde am 29. Juni 1976 in Graz geboren, ging in Vasoldsberg und in Graz zur Schule. Nach dem Grundwehrdienst blieb er dem Bundesheer zunächst als Zeitsoldat erhalten. In seiner Freizeit widmet sich der gelernte Kfz-Techniker und spätere Stabswachtmeister beim Heer der Familie und Freunden. Seine Frau Sabrina hat er im Juni 2018 in der Südsteiermark geheiratet. Sein Trauzeuge ist sein persönlicher Freund und geschäftsführender Klubobmann im Landtag, Stefan Hermann, der nun ebenfalls zu Landesrats-Würden aufsteigt.
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Stefan Hermann - Der langjährige Vertraute von Mario Kunasek ist am 28. Juni 1985 im obersteirischen Bruck an der Mur geboren und in Feldkirchen bei Graz aufgewachsen. Er gilt als Mastermind der steirischen Freiheitlichen und ist ein versierter Redner im Landtag. Sein Jus-Studium in Graz schloss er 2009 ab. In seinem Wohnort Feldkirchen südlich von Graz war er ab 2005 Gemeinderat, seit 2015 ist er Vizebürgermeister. Zu seinen Funktionen zählten Landesparteisekretär der Freiheitlichen, Landtagsabgeordneter und im Dezember 2017 Nachfolger Kunaseks als FPÖ-Klubobmann im Landtag. Zuletzt war er nach der Rückkehr Kunaseks in den Landtag im Mai 2029 nach dessen Rückzug als Verteidigungsminister wieder stellvertretender Klubobmann - und Wahlkampfleiter in mehreren Kampagnen.
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Hannes Amesbauer, geboren am 18. April 1981 in Bruck an der Mur, ist im obersteirischen Neuberg an der Mürz beheimatet. Der gelernte Steinmetz diente im KFOR-Kontingent des Bundesheeres im Kosovo und holte die Matura extern in Wien nach. 2011 schloss er ein Politikwissenschaftsstudium ab. 2010 bis 2017 war er steirischer Landtagsabgeordneter, im November 2017 zog er für die FPÖ in den Nationalrat ein. Amesbauer ist Burschenschafter und dient als Kommandant einer Freiwilligen Feuerwehr in seinem Heimatbezirk Bruck-Mürzzuschlag. Der Vater einer Tochter war auch länger in der Kommunalpolitik seiner Heimatgemeinde Neuberg tätig. Auf Landesebene ist er Parteiobmann-Stellvertreter. In seinen Spezialbereichen Sicherheit, Asyl und Migration gilt er als Hardliner und engagierte sich für die Schließung von Asylunterkünften in seinem Bezirk.
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Claudia Holzer (geb. 1968) ist das bisher unbeschriebenste Blatt der freiheitlichen Regierungsriege. Die Prokuristin beim weststeirischen Mobilitätsdienstleister Graz-Köflacher-Bahn (GKB) hatte bisher keine höheren Funktionen auf blauer Bezirks- bzw. Landesebene. 1993 schien sie auf dem letzten Listenplatz der Blauen für eine Gemeinderatskandidatur auf. Holzer war danach für die FPÖ Gemeinderätin bis April 2000 in Graz. Danach arbeitete die Juristin u. a. als Vize-Kabinettschefin bei FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache. In der GKB ist die Prokuristin zuständig für die Leitung von Beteiligungsmanagement und Recht, ferner ist sie auch Diversity-Beauftragte. Einer ihrer Kollegen ist der frühe SPÖ-Verteidigungsminister Gerald Klug, seit Dezember 2017 GKB-Geschäftsführer.
Regierungsteam der ÖVP Steiermark
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Manuela Khom - Die bisherige steirische Landtagspräsidentin und seit Montagabend geschäftsführende Landesparteiobfrau der steirischen ÖVP wurde am 7. Juni 1963 in Eisenstadt geboren und gilt als wortgewaltige Politikerin. Khom ist im Burgenland aufgewachsen und maturierte in Eisenstadt an der HAK. Später legte sie bei der Wirtschaftskammer die Unternehmerprüfung ab. 1999/2000 absolvierte sie die Ausbildung zur Trainerin in der Erwachsenenbildung. Nach der Übersiedlung in die Steiermark begann ihre ÖVP-Karriere als Gemeinderätin in Laßnitz bei Murau. 2009 wurde sie Bezirksparteiobfrau. Sie ist verheiratet, Mutter zweier Kinder und lebt in Steirisch Laßnitz. In den Landtag zog sie 2010 ein, 2. Landtagspräsidentin wurde sie im Juni 2016. Drei Jahre später im September 2019 stieg sie nach dem fulminanten Wahlsieg von Hermann Schützenhöfer zur ersten Präsidentin des steirischen Landtags auf. Sie ist nach Waltraud Klasnic nun das zweite weibliche Oberhaupt der steirischen Volkspartei und wird Landeshauptmannstellvertreterin in der FPÖ-ÖVP-Koalition.
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Karlheinz Kornhäusl wurde am Neujahrstag 1982 in Graz geboren und wuchs in Hitzendorf auf - in derselben Gemeinde wie seine alte, neue Regierungskollegin Simone Schmiedtbauer. Sein Vater hatte einen Installationsbetrieb in Kalsdorf bei Graz, doch den wollte er nicht übernehmen, denn es zog ihn nach dem Bundesgymnasium Stift Rein zur Medizin. Nach seiner Promotion in Graz schloss er die Ausbildung zum Allgemeinmediziner und zum Facharzt für Innere Medizin ab. Seit Dezember 2019 war Kornhäusl Mitglied des Bundesrates, seit 2022 stellvertretender Landesparteiobmann der ÖVP Steiermark. Politisch ist der verheiratete, zweifache Familienvater und passionierte Tennisspieler beim ÖAAB beheimatet. Gesundheitslandesrat wurde der Arzt im Oktober 2023 als Nachfolger von Juliane Bogner-Strauß, Teil eines Regierungsumbaus von Drexler. Das in der Steiermark besonders schwierige Gesundheitsressort - Stichwort Leitspital Liezen - führte er umsichtig, bei dringlichen Anfragen oder im Kontakt mit der Bevölkerung ließ sich der höfliche und verbindliche Politiker nie aus der Ruhe bringen.
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Barbara Eibinger-Miedl - geboren am 30. Jänner 1980 in Graz ist ausgebildete Juristin und Betriebswirtschafterin, war im Bundesrat und seit 2010 im Landtag. Die Wirtschaftsbündlerin war im Frühjahr 2014 etwas überraschend Klubobfrau der ÖVP Steiermark im Landtag geworden. Seit 2015 verheiratet, ist sie seit April 2017 Landesrätin für u. a. Wirtschaft und Tourismus bzw. Wissenschaft und Forschung. Eibinger-Miedl hat seither das Ressort mit ruhiger Hand geführt, gilt als fleißig, gut vorbereitet und besucht ausnehmend gerne steirische Betriebe und Forschungseinrichtungen. Die Landesrätin wurde schon zum wiederholten Male auch als ministrabel für Aufgeben auf Bundesebene gehandelt.
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Simone Schmiedtbauer wurde am 8. Juni 1974 in Graz geboren, ist verheiratet und hat zwei Töchter. Nach jahrelanger Tätigkeit in Banken hat sie 2000 die Leitung des eigenen bäuerlichen Betriebes übernommen. Nach vier Jahren als Vizebürgermeisterin wurde sie 2014 zur Bürgermeisterin der Gemeinde Hitzendorf bei Graz gewählt. Im Juli 2019 zog sie als Abgeordnete ins Europäische Parlament ein - mit beachtlichen 64.000 Vorzugsstimmen. Im Oktober 2023 erfolgte der Ruf zurück in die Heimat - Schmiedtbauer übernahm das Agrarressort vom erkrankten langjährigen und beliebten Landesrat Hans Seitinger. Als Bauernbündlerin war sie nach der ÖVP-Bündelogik für ein Regierungsamt quasi gesetzt.