Am heutigen Mittwoch steht die Entscheidung der Europaparlamentarier an, ob sie die 27 Mitglieder umfassende EU-Kommission unter der Führung von Präsidentin Ursula von der Leyen befürworten. Österreichs EU-Abgeordnete sind in der Frage gespalten.
Die EU-Abgeordneten von FPÖ und Grünen haben ihre Absicht bekundet, bei der Abstimmung am heutigen Mittwoch gegen die EU-Kommission zu stimmen. ÖVP, SPÖ und NEOS planen, für das neue Team von der Leyen zu stimmen, obwohl teilweise Vorbehalte bestehen.
FPÖ und Grüne wollen gegen neue EU-Kommission stimmen
"Diese EU-Kommission ist aus unserer Sicht nicht tragbar", erklärte die EU-Abgeordnete der FPÖ, Petra Steger in einem Pressegespräch in Straßburg. Den wenigsten designierten EU-Kommissarinnen und Kommissaren sei es in ihren Anhörungen gelungen, ihre Sachkenntnis nachzuweisen. Der freiheitliche Politiker Gerald Hauser fordert, dass künftig nicht nur über die Kommission als Ganzes, sondern auch über jeden einzelnen Kommissar abgestimmt wird. Letzteres passiert aktuell in der Regel nur auf Ebene der Koordinatoren, also ausgewählten Abgeordneten aus den Fraktionen.
Auch die grünen Parlamentarier Thomas Waitz und Lena Schilling wollen gegen die Kommission stimmen. Die Europäische Volkspartei (EVP) habe sich zum "Steigbügelhalter der extremen Rechten gemacht", kritisierte Schilling mit Verweis auf den italienischen Meloni-Gefolgsmann Raffaele Fitto, der einer von sechs Vize-Präsidenten der Kommission werden soll. Die EVP habe Fitto wie einen eigenen Kandidaten behandelt, obwohl dieser der rechten EKR-Fraktion entstammt, meinte auch Waitz. Er schätzt, dass die grüne Fraktion rund zur Hälfte für und gegen die Kommission stimmen werde.
Neue EU-Kommission: ÖVP, SPÖ und NEOS planen Zustimmung
Die ÖVP-Abgeordneten werden die neue Kommission unterstützen. Er sei "froh, dass sich Vernunft durchgesetzt hat", meinte ÖVP-Delegationsleiter Reinhold Lopatka. Auf die Zusammenarbeit mit der rechten EKR-Fraktion angesprochen, sagte er: "Wir schauen nicht nach rechts oder nach links, wir schauen nach vorne." Als Prioritäten der nächsten EU-Exekutive sieht er die Themen Wettbewerbsfähigkeit, Bekämpfung irregulärer Migration und EU-Erweiterung.
"Ich persönlich werde meine Zustimmung geben, schweren Herzens, aber doch", erklärte dann SPÖ-Delegationsleiter Andreas Schieder. Es sei "wichtig, dass wir eine handlungsfähige Kommission haben", auch wenn der Posten für Fitto "eine bittere Pille" sei. Die Schuld an dem jüngsten politischen Gezerre rund um die Wahl der EU-Kommissare sieht Schieder beim EVP-Fraktionsvorsitzenden Manfred Weber, "dessen Spiel" (gemeint ist die Zusammenarbeit mit Rechtsaußen Fraktionen; Anm.) man in Zukunft "nicht mehr mitspielen" wolle.
Es sei "wegen der Weltlage wichtig, dass wir weiterkommen", begründete der NEOS-Abgeordnete Helmut Brandstätter seine geplante Zustimmung zur EU-Kommission. Auch wenn der Posten von Fitto "eine klare Provokation" sei, lobte Brandstätter die designierte EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas sowie den für Industriepolitik vorgesehenen Franzosen Stéphane Séjourné.
Streit um Vize-Präsident vor Wahl der neuen EU-Kommission
Bis vergangene Woche war unklar, ob die Abstimmung über die neue EU-Kommission diese Woche stattfinden kann. Grund war ein Streit zwischen der konservativen Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) und den Sozialdemokraten der S&D. Letztere störte, dass der Italiener Fitto einer von sechs Vize-Präsidenten der Kommission werden sollte. Die EVP - und vor allem deren Abgeordnete aus Spanien - stellten die spanische Sozialistin Teresa Ribera in Frage, die ebenfalls Vize-Präsidentin werden und für die gewichtigen Klima- und Wettbewerbsagenden zuständig sein soll. Vergangenen Mittwoch einigten sich die Fraktionen dann doch noch.