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RSV-Infektionen: Über 1.000 Kinder pro Jahr im Krankenhaus

19-11-2024, 05:00

Ob mit aktiver Impfung von Schwangeren oder in Zukunft auch mit einer Art passiven Immunisierung mit monoklonalen Antikörpern, es geht vor allem darum, Babys vor schweren Erkrankungen durch das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) zu schützen.

Laut Schätzungen erkranken pro Jahr rund 54.600 Kinder in Österreich. Auch ein Konnex zu Asthma dürfte gegeben sein.

Einer RSV-Infektion entgeht fast kein Kind. 97 Prozent infizieren sich laut wissenschaftlichen Studien bereits in den ersten beiden Lebensjahren. Pro Jahr müssen etwa 1.100 Kinder in Österreich deshalb im Spital behandelt werden. Betroffen sind vor allem die Allerjüngsten. Etwa die Hälfte der hospitalisierten Kinder sind weniger als drei Monate alt. Etwa ein Viertel sind jünger als ein halbes Jahr.

Gefürchtet ist vor allem eine sogenannte Bronchiolitis

Laut einer Analyse der wissenschaftlichen Literatur sterben 1,2 Prozent der aufgrund von RSV ins Spital aufgenommenen Frühgeborenen, 5,2 Prozent der Kinder mit angeborenem Herzfehler und 4,1 Prozent der Kinder mit bestimmten chronischen Lungenerkrankungen. Auch eines von 500 Kindern, die wegen RSV-Erkrankung ins Krankenhaus aufgenommen werden müssen und keine zusätzliche Risikofaktoren aufweisen, kommt ums Leben.

Gefürchtet ist vor allem eine sogenannte Bronchiolitis. Dabei kommt es zu einer Überblähung der kleinsten Atemwege. Studien zeigen, dass Babys, die eine solche RSV-Bronchiolitis erlitten haben, im frühen Kindesalter häufiger an Asthma erkranken.

Einen Konnex zwischen RSV- bzw. Rhinovirus-Infektionen und Asthma hat erst vor kurzem auch eine Studie von französischen und österreichischen Wissenschaftern belegt: Unter 530 Kindern im mittleren Alter von 11,1 Jahren und unter 1.241 Erwachsenen im mittleren Alter von 43,4 Jahren zeigte sich bei den Kindern eine Assoziation zwischen jemals aufgetretenem milden bis schweren Asthma und dem Vorhandensein von spezifischen Antikörpern gegen bestimmte Rhinoviren und gegen RSV im Blut (Journal of Allergy and Clinical Immunology: Global; doi: 10.1016/j.jacig.2024.100342).

Kinderleid und hohe Kosten durch RSV-Infektionen

Mit dem in jeder kalten Jahreszeit regelmäßig grassierenden Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) ist sprichwörtlich nicht zu spaßen. 20 Prozent der Spitalsaufnahmen wegen akuter Atemwegserkrankungen von Kindern unter fünf Jahren an der Grazer Universitätsklinik waren in den Jahren 2015 bis 2022 darauf zurückzuführen. Das hat eine neue Studie steirischer Wissenschafter ergeben.

Sever Yildiz Gülsen und ihre Co-Autoren haben ihre wissenschaftliche Arbeit in "Influenza and Other Respiratory Viruses" publiziert. Die Kinderklinik der MedUni Graz besitzt bezüglich epidemiologischer Untersuchungen in Österreich in Sachen pädiatrischer Erkrankungen eine sehr gute Ausgangsposition, wie Volker Strenger von der Klinik vor kurzem auch im Rahmen der Praevenire Gesundheitstage in Eisenstadt betonte: "Wir haben in Graz eine der größten Kinderkliniken mit einem ganz definierten Einzugsgebiet." Jedes Kind, das aus der unteren und südlichen Steiermark ins Krankenhaus aufgenommen werden müsse, komme an die Universitätsklinik in der Landeshauptstadt. So habe man einen guten Überblick über das Krankheitsgeschehen auf dem Gebiet der Pädiatrie.

Den Wissenschaftern ging es um die Bedeutung der RSV-Erkrankungen bei Babys und Kleinkindern. "Wir versuchten die Epidemiologie und die ökonomische Belastung durch RSV über sieben Krankheitssaisonen (...) zu dokumentieren." So wurden die Daten aller Kinder im Alter unter fünf Jahren, die zwischen Anfang Oktober 2015 und Ende April mit dem PCR-Nachweis einer RSV-Erkrankung ins Krankenhaus aufgenommen werden mussten, analysiert.

Das Hauptergebnis, so die Autoren: "Jede fünfte Krankenhausaufnahme (exakt: 19 Prozent; Anm.) wegen einer Atemwegserkrankung von Kindern unter fünf Jahren war auf RSV zurückzuführen. Das bedeutete 7,9 Prozent aller Hospitalisierungen und 3,3 Prozent der Kosten für pädiatrische Spitalsaufnahmen." 87 Prozent der wegen einer schweren Erkrankung stationär aufgenommenen Kinder wären zuvor gesund gewesen und zum richtigen Geburtstermin auf die Welt gekommen, 79 Prozent waren im ersten Lebensjahr. "Die RSV-bedingten Spitalskosten betrugen pro Jahr rund zwei Millionen Euro."

Erstmals verschiedene Präventionsmöglichkeiten

Das müsste nicht so sein. Seit der RSV-Saison 2023/24 stehen erstmals verschiedene Präventionsmöglichkeiten zur Verfügung, darunter eine Vakzine für Erwachsene ab 60 Jahren sowie eine RSV-Impfung für Schwangere, um das Neugeborene vom ersten Atemzug an für die ersten Monate ab der Geburt vor der Infektion zu schützen.

Der Linzer Spezialist Patrick Stelzl (Medizinische Fakultät/Kepler Universität) sagte dazu bei den Praevenire Gesundheitstagen in Eisenstadt: "Die Schwangerschaft ist eine ziemlich infektanfällige Zeit. Im ersten Lebensjahr ist so, dass Kinder auch äußerst infektanfällig sind, weil ihr Immunsystem noch nicht ausgereift ist." Mit einer Impfung der Schwangeren (in Österreich zwischen der 24. und der 36. Schwangerschaftswoche; Anm.) könne man die Schwangeren, das ungeborene Kind und schließlich das Neugeborene vor RSV schützen. Die Babys haben dann nämlich über die Plazenta während der Schwangerschaft die schützenden Antikörper der Mutter abbekommen. Darüber hinaus wird es in Österreich in Zukunft wahrscheinlich auch ein Medikament mit monoklonalen Antikörpern zur passiven Immunisierung von Babys gegen RSV geben.

Die Wirksamkeit der RSV-Impfung während der Schwangerschaft ist laut dem Linzer Pädiater hoch. In der groß angelegten internationalen Zulassungsstudie für die Vakzine mit 4.200 Schwangeren zeigte sich folgende Wirkung: "Die Effektivität innerhalb von 90 Tagen (nach der Geburt für den Schutz vor RSV-Erkrankungen; Anm.) betrug 81,8 Prozent. Innerhalb von 180 Tagen lag die Effektivität noch immer bei 69,4 Prozent." In Staaten wie den USA, Argentinien, Frankreich, Großbritannien und Luxemburg wird die RSV-Impfung für Schwangere bereits bezahlt. In Österreich ist das nicht der Fall.

Überhaupt sollten laut den Fachleuten gefahrlos durchführbare Impfungen bei Schwangeren zu ihrem Wohl und zu dem ihrer Babys in Österreich stärker propagiert werden. Stelzl sprach hier auch von den Impfungen gegen Keuchhusten (Pertussis), Tetanus, Diphtherie, Polio, Influenza und Covid-19 sowie eben jener gegen RSV. Der Grazer Pädiater Strenger: "Auch bei Pertussis wird das Konzept der maternalen Impfung viel zu wenig umgesetzt." Dabei können sowohl Pertussis als auch RSV bei Babys schwerste Erkrankungen auslösen. Das gehe bis hin zur Aufnahme in die Intensivstation und bis zur künstlichen Beatmung.

(APA/Red)

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