"Ich werde nicht den Steigbügelhalter für Herbert Kickl machen": Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer wird keine Koalition mit der FPÖ und Herbert Kickl als Parteichef eingehen, wie er am Dienstag in einem Statement klarstellte.
Zweieinhalb Wochen nach der Nationalratswahl haben die von Bundespräsident Alexander Van der Bellen beauftragten Gespräche zwischen den Parteichefs von FPÖ, ÖVP und SPÖ begonnen. Den Anfang machten am Dienstag Karl Nehammer (ÖVP) und Herbert Kickl (FPÖ). Wo das Treffen stattfand, verrieten die beiden nicht. Nehammer ging bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz nach Ende des Gesprächs nicht auf die Inhalte ein. An seinem Gesprächspartner ließ er kein gutes Haar.
Nehammer nach Gespräch mit Rundumschlag gegen Kickl
Einmal mehr betonte der ÖVP-Parteichef, dass sich an seiner Haltung gegenüber Herbert Kickl auch nach der Wahl nichts geändert habe."Ich werde als Bundeskanzler genauso wenig wie als Bundesparteiobmann den Steigbügelhalter für Herbert Kickl machen". Das sei "keine Frage der Sympathie zwischen uns beiden, es ist nicht die Frage, ob der eine den anderen mag". Es gehe um die Frage "des politischen Tuns", und da habe Kickl in der Vergangenheit oft bewiesen, "dass er nicht bereit ist, Verantwortung zu übernehmen", sagte Nehammer, und führte dessen Auftreten während der Covid-19-Pandemie ins Treffen.
Darüber hinaus habe sich Kickl mit seinem Handeln mehrfach gegen die Interessen der Österreicher und Österreicherinnen gestellt. "Mit seiner Zuneigung zu Pferden und Investitionen in diesem Bereich". Außerdem habe der FPÖ-Chef das Einfallstor für russische Interessen geöffnet und verbreite Verschwörungstheorien, etwa in Bezug auf die WHO. Letzter aktueller Beweis, dass sich Kickl gegen die Sicherheit in Österreich stelle, sei dessen Behauptung, dass durch das Abwehrsystem Skyshield die Neutralität gefährdet werde. "Er schürt dadurch Angst".
Absage gilt nur FPÖ-Chef Kickl
Danach gefragt betonte Nehammer einmal mehr, dass er zwischen Kickl und seiner Partei unterscheide, das kategorische Nein gelte nur dem blauen Parteiobmann. Kickl stellt den Kanzleranspruch und will mit der ÖVP koalieren, die Volkspartei will aber nicht mit ihm. Zu kurz komme Nehammer in der derzeitigen Diskussion, "die Tatsache, dass 72 Prozent nicht die FPÖ gewählt haben".
Im Vorfeld des heutigen Treffens wollten weder die ÖVP noch die FPÖ bekannt geben, wo der Termin stattfinden werde. Informationen mehrerer Medienvertreter, die beiden könnten sich im Parlament treffen, stellten sich als falsch heraus. Kurz vor 14 Uhr war Kickl vor den FPÖ-Klubräumlichkeiten in der Reichsratsstraße gesehen worden, wie er in ein Auto stieg. Von Seiten der FPÖ hieß es zu den vergebens wartenden Journalisten nur, das Treffen fände "in Wien" statt, und dauere "so lange es dauert".
Weitere Treffen der Parteichefs
Nach ähnlichem Prinzip dürfte morgen auch das nächste Treffen ablaufen, dann loten Nehammer und SPÖ-Chef Andreas Babler die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit aus. Als wahrscheinlichste Koalitionsvariante neben Schwarz-Blau gilt derzeit die "Zuckerl"-Koalition - die Kickl freilich als "Verliererkoalition" betitelt - bestehend aus ÖVP, SPÖ und NEOS, erfordert der schwarz-rote Überhang von nur einem Mandat realpolitisch doch einen dritten Partner. Auch in diese Richtung gibt es in den kommenden Tagen Gespräche: Am Mittwoch trifft NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger den Kanzler, am Donnerstag den SPÖ-Chef, bestätigte ein Sprecher einen entsprechenden Artikel der "Presse" der APA. Auch zu diesen Gesprächen werde es "keine Kommunikation" geben.
Als letztes Treffen steht am Donnerstag dann jenes zwischen Kickl und Babler an. Eine Koalition mit den Freiheitlichen wurde von der SPÖ mehrfach ausgeschlossen. Van der Bellen hat noch keiner Partei einen Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Dass er die FPÖ vorerst nicht zum Zug kommen ließ, erklärte der Bundespräsident mit einer "klassischen Pattsituation", sei sie doch ein Wahlsieger, mit dem offenbar keine der anderen Parteien regieren wolle. Die drei Parteichefs sollen nun bis Ende der Woche "verlässlich klären, welche Zusammenarbeit vorstellbar wäre". Nach den Gesprächen sollen die Parteichefs Van der Bellen berichten.