In der heutigen Klimakrise sind nachhaltige Energiequellen unerlässlich. Solarenergie nimmt, trotz bestehender Unklarheiten bezüglich des Recycling, eine führende Rolle ein. Ein APA-Faktencheck zur Wiederverwertung von Solarmodulen.
Obwohl die Prognosen vielversprechend sind, wird die Solarenergie dennoch kritisiert, teilweise mit unzutreffenden Aussagen, wie zum Beispiel, dass Solarmodule ein Vielfaches mehr an toxischen Abfällen produzieren als Atomkraftwerke. Ist das korrekt?
Solarmodule und das Recycling
Ein Vergleich zwischen dem Abfall von Solarmodulen und jenem von Atomkraftwerken ist nicht seriös. Solarmodule halten - wie in den Online-Beiträgen behauptet - tatsächlich 25 bis 30 Jahre, weswegen in Zukunft immer mehr Abfall entstehen wird. Aber im Gegensatz zu Atommüll sind alte Solaranlagen fast vollständig wiederverwertbar und nicht radioaktiv. Die Herausforderung bei der Entsorgung von Solaranlagen liegt eher in der steigenden Abfallmenge.
In den häufig verbreiteten Facebook-Postings wird eine Studie mit der Behauptung zitiert, dass Solarmodule "pro Energieeinheit 300-mal mehr Giftmüll erzeugen" würden als Atomkraftwerke. Mit einer Google-Suche lässt sich der vermutliche Ursprung dieser Behauptung in einem alten Internetartikel finden, der allerdings tendenziös und lückenhaft argumentiert. Zum Beispiel beruht die Behauptung der 300 Mal so viel Giftmüll produzierenden Solarmodule lediglich auf dem unterschiedlichen Gewicht der Brennelemente eines Atomkraftwerkes im Vergleich zum Gesamtgewicht von Photovoltaikmodulen. Das Gewicht alleine sagt aber noch nichts über die Giftigkeit eines Materials aus.
Solarmodule: Atommüll-Vergleich ist unseriös
Auch das Klimaschutzministerium stuft die Behauptung als wenig sinnvoll ein: "Grundsätzlich ist der nukleare Abfall (ausgebrannte Brennstäbe) aus Atomkraftwerken mit kaputten oder alten PV-Paneelen nicht vergleichbar," hieß es auf APA-Anfrage. Atommüll stellt eine massive Belastung für Mensch und Umwelt dar und die sichere Entsorgung bzw. Aufbewahrung der Brennstäbe von Atomkraftwerken sind eine große Herausforderung. In Österreich wurde Kernkraft im Jahr 1978 unter anderem aufgrund der Frage der Endlagerung des Atommülls via Volksabstimmung gestoppt. Mehrere österreichische Nachbarländer, unter anderem Tschechien und die Slowakei, betreiben Kernkraftwerke. Bis April 2023 produzierte auch Deutschland noch Atomenergie. Mit Stichtag Dezember 2022 wurde geschätzt, dass bis zum Jahr 2080 noch rund 10.800 Tonnen hochradioaktiver Abfälle in Deutschland bestehen werden.
Die Halbwertszeit beträgt etwa 240.000 Jahre. Für diese Zeit sollte Nuklearmüll von Lebewesen, Erde und Wasser ferngehalten werden. Das erfolgt meistens durch Ablagerung in unterirdischen Stätten, wo geologische Formationen als natürlicher Strahlenschutz fungieren. Die Lagerstätten müssen stabil bleiben und zwar über Jahrtausende hinweg. Dieses stabil Halten von radioaktivem Material bleibt eine präsente Gefahr in Anbetracht von Naturkatastrophen oder Kriegen. Darauf wies auf APA-Anfrage auch das Klimaschutzministerium hin: "Radioaktiver Abfall strahlt auf Jahrtausende weiter und ist für Menschen hochgefährlich, eine Wiederverwertung ist aktuell nicht möglich und sogar die Frage der Endlagerung ungeklärt."
Photovoltaikmodule weitgehend wiederverwertbar
Photovoltaikmodule bestehen im Gegensatz zu radioaktiven Abfall fast vollständig aus Materialien, die wiederverwertbar sind. Dazu das Ministerium: "Ein PV-Modul besteht üblicherweise aus Glas, einem metallenen Rahmen und den Solarzellen mit einer Kunststoffschicht". Metall und Glas, die in etwa 80 bis 90 Prozent der Masse ausmachen, seien vollständig recycelbar.
Bei den Solarzellen gibt es demnach unterschiedliche Technologien: "Der überwiegende Teil der Module (90 bis 95 Prozent) nutzt mono- oder polykristalline Silizium-Solarzellen. Silizium - der Hauptbestandteil dieser Solarzellen - ist nicht gefährlich. Das zweithäufigste Element der Erdkruste kommt in unzähligen Alltagsprodukten, allen voran Sand, vor." Hier gebe es erste Recycling-Ansätze, aber aktuell überwiege noch die thermische Verwertung.
Manche Zellen mit einer solar aktiven Dünnschicht enthalten demnach andere Stoffe wie Cadmium-Tellurid, die zum Teil im Kreislauf geführt werden könnten. Jedenfalls würden Solarzellen getrennt gesammelt und einer umweltgerechten Behandlung zugeführt werden. Das Ministerium betont: "Bei der Abfallbehandlung von Solarzellen werden in keiner Weise Schadstoffe in die Umwelt freigesetzt."
Wiederverwertbarkeit möglich, aber schwierig
Laut Zahlen des Klimaschutzministeriums wurden im vergangenen Jahr in Österreich etwa 12 Tonnen alte PV-Paneele gesammelt, die zu 86 Prozent recycelt wurden. "Der Rest wurde in erster Linie thermisch behandelt", hieß es gegenüber der APA.
Obwohl ein Recyceln also grundsätzlich möglich ist, fehlt vielerorts wie in Australien oder den USA ein umfassendes Konzept, um den zu erwartenden Anstieg an Solaranlagen-Abfall zu bewältigen. Weil es beim Recyceln auch darum geht, die in Solaranlagen enthaltenen wertvollen Rohstoffe möglichst sinnvoll zu verwerten, besteht ein beträchtlicher Aufwand darin, Solarmodule in ihre Einzelteile zu zerlegen. Beispielsweise machen es die Verschweißungen der Einzelteile schwierig, das wertvolle Glas intakt wiederzuverwenden. Dazu liefen schon Projekte in Japan und Österreich. Tatsächlich passiert es daher oft, dass Photovoltaikanlagen im Elektroschrott landen oder unzureichend wiederverwertet werden ("Downcycling"), etwa wenn das teure Solarglas in Strassenschüttungen verwendet wird.
In Österreich waren im Jahr 2023 Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von insgesamt 6.305 MWp (Anm.: Megawattpeak, eine Bezeichnung für die elektrische Leistung von Solarzellen) installiert. Von 2022 bis 2023 stieg die installierte PV-Leistung um 158 Prozent. Laut Klimaschutzministerium trägt Photovoltaik bereits 4,4 Prozent zur österreichischen Stromerzeugung bei.