Tierschutzverbände planen, sich gegen kürzlich erteilte Genehmigungen für das Erlegen von Wölfen in Österreich zur Wehr zu setzen.
Laut Berichten des "ORF Tirol" hat der Verein Tierschutz Austria bereits eine Beschwerde gegen die Tiroler Landesregierung eingereicht. Ein Vertreter der Naturschutzorganisation WWF gab bekannt, dass man die juristischen Optionen untersuche, wie auf Anfrage der APA berichtet wurde. Die neuesten Erlaubnisse zum Abschuss von Wölfen in Tirol, Salzburg und Vorarlberg erfolgten nach einem Aufsehen erregenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).
Tierschützer kritisieren Freigaben für Wolfsabschüsse
In dem Urteil von Anfang Juli war der strenge Wolfsschutz in Österreich bestätigt worden. Der Verein Tierschutz Austria bzw. Wiener Tierschutzverein (WTV) erstattete aufgrund der dennoch weiterhin erfolgten Abschussverordnungen am Donnerstag Anzeige gegen die Tiroler Landesregierung wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck, berichtete der ORF Tirol am Freitag. Die Anzeige richte sich gegen Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) sowie dessen Stellvertreter Georg Dornauer (SPÖ), Josef Geisler (ÖVP) sowie weitere noch auszuforschende Täter, hieß es. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck konnte den Eingang der Anzeige auf APA-Anfrage vorerst nicht bestätigen. Hinsichtlich einer ähnlichen Anzeige des Vereins gegen Tierfabriken (VGT) vom Vorjahr werde noch die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens geprüft.
Die Tierschützer werfen den Verantwortlichen laut ORF Tirol auch eine vorsätzliche und grob fahrlässige Schädigung des Tierbestandes sowie die Aufforderung zu mit Strafe bedrohten Handlungen vor. Der Verein soll indes auch Anzeigen gegen die Landesregierungen von Salzburg, Vorarlberg und Kärnten angekündigt haben. "Die Abschussverordnungen der Bundesländer sind eindeutig europarechtswidrig", heißt es indes in einem WWF-Schreiben. "Daher ist zu erwarten, dass sich die Europäische Kommission diese Praxis früher oder später ansehen wird. Somit droht Österreich aufgrund des willkürlichen Vorgehens der Landesregierungen ein potenziell teures Vertragsverletzungsverfahren."
Warnung vor Vertragsverletzungsverfahren wegen Jagd auf Wölfe
Vor einem Vertragsverletzungsverfahren, wenn in Österreich weiter Wölfe gejagt werden, hatte auch der Vorstand des Instituts für Europarecht der JKU Linz, Franz Leidenmühler, nach dem EuGH-Urteil im APA-Gespräch gewarnt. Der Europarechtsexperte Walter Obwexer hatte gegenüber der "Tiroler Tageszeitung" von einem "faktischen Abschussverbot" durch das Urteil gesprochen. Die EU-Kommission in Brüssel sieht aktuell allerdings noch keinen dringenden Handlungsbedarf bei sich. "Die Kommission hat keine spezifische Rolle bei der Bewertung solcher individueller Verwaltungsentscheidungen, diese werden vielmehr unter der Kontrolle der nationalen Justizbehörden getroffen - wie es bei den Genehmigungen der Fall war, über die das Landesverwaltungsgericht Tirol noch zu entscheiden hat", antwortet ein Sprecher der EU-Behörde der APA schriftlich.
Unterschiedliche Interpretationen von EuGH-Urteil zu Wolfsabschüssen
Der Sprecher nimmt Bezug auf das noch laufende Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht (LVwG) Tirol, bei dem es um einen älteren Bescheid für einen Wolfsabschuss geht. Das VVwG hatte sich an den EuGH gewandt, um die EU-rechtliche Lage zu klären und kann erst jetzt - also nach dem erfolgten EuGH-Richterspruch - im Ausgangsfall entscheiden.Die Interpretation dazu, was das EuGH-Urteil konkret für die Wolfsjagd in Österreich bedeutet, fiel nach der Entscheidung der Luxemburger Richter unterschiedlich aus. Laut der Presseaussendung des EuGH sei das Wolfsjagdverbot in Österreich weiter gültig, solange sich der Zustand der Wolfspopulation nicht verbessere.
Die Tiroler Landesregierung aus ÖVP und SPÖ zeigte sich in einer Reaktion auf das Urteil hingegen gelassen. Dieses habe "keine unmittelbaren Auswirkungen auf Tirol, bringt aber leider auch keine Erleichterungen", teilte der zuständige Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler (ÖVP) damals mit. Die Abschussverordnungen hätten sich bewährt, "und diesen Weg werden wir konsequent weitergehen". Tirol erfüllt mit aktueller Rechtslage europarechtliche Anforderungen, spielte Geisler darauf an, dass die Raubtiere im Bundesland mittlerweile nicht mehr per Bescheid, sondern nach Verordnungen abgeschossen werden. "Unter Anlegung eines strengen Prüfmaßstabes können wir weiterhin Schad- und Risikowölfe entnehmen", betonte Geisler.
Der WWF forderte die Bundesländer dagegen auf, "endlich eine Herdenschutz-Offensive zu starten und die dafür verfügbaren EU-Fördermittel zu nützen", wird WWF-Artenschutzexperte Christian Pichler in der Aussendung vom Donnerstag zitiert. Auf politischer Ebene gibt es auf EU-Niveau noch keine Einigung zu einem Herabsenken des strengen Schutzstatus für den Wolf. Die EU-Kommission hatte im Dezember vorgeschlagen, den Schutzstatus des Wolfes von "streng geschützt" auf "geschützt" abzusenken. Der Entschluss muss aber vom zuständigen Umweltministerrat abgesegnet werden - die nötige Mehrheit fehlt aber noch. Erst dann kann die EU einen Abänderungsantrag für die Berner Konvention einbringen, in der der Schutzstatus der Tiere geregelt ist.