Ein steirischer Arzt verlor seine Lehrpraxis an der Medizinischen Universität Graz nach einer Beschwerde über die Verwendung von "unleserliche Gender-Sprache" in einer Umfrage, was zu politischen Diskussionen führt.
Ein Gender-Stern erhitzt die Gemüter zwischen einem steirischen Arzt, der Medizinischen Universität Graz und so manchen politischen Akteuren: Allgemeinmediziner Norbert Kroißenbrunner führt in Turnau eine Lehrpraxis für angehende Mediziner und geriet offenbar wegen eines Emails in Streit mit der Med-Uni. Laut "Kronen Zeitung" hatte der Arzt "geltende Grammatikregeln" eingefordert und wollte keine "unleserliche Gender-Sprache". Daraufhin sei ihm die Lehrpraxis entzogen worden.
Aus dem Bericht der "Krone" (Donnerstag-Ausgabe) geht hervor, dass der Stein des Anstoßes eine Umfrage der Med-Uni war, in der es um die Ausbildung der Medizinerinnen und Mediziner geht. Darin sei unter anderem der Satz: "Da kürzlich (ein/e) Studierende (r) an Ihrer Lehrordination ausgebildet wurde (n), laden wir Sie hiermit ein, Ihre Erfahrungen rückzumelden." Kroißenbrunner, der am Donnerstag vorerst nicht für eine Stellungnahme für die APA erreichbar war, habe der Med-Uni daraufhin geantwortet, dass er sich eine Umfrage wünsche, die sich an geltende Grammatikregeln halte. Der deutsche Rat für deutsche Rechtschreibung verlange geschlechtergerechte Sprache, aber die Texte müssten auch lesbar sein.
Die Folge sei der Entzug der Lehrpraxis durch die Med-Uni gewesen, da er nicht "dieselben Werte wie die Med Uni Graz vertreten" würde. Die Universität reagierte am Donnerstag mit einer Aussendung: "Es kommt äußerst selten vor, dass die Zusammenarbeit mit einer Lehrordination beendet werden muss. Wenn wir uns zu diesem Schritt entscheiden, dann geschieht dies niemals leichtfertig oder ohne triftige Gründe." Österreichweit würden knapp 200 zertifizierte Lehrordinationen Studierende der Medizinischen Universität Graz ausbilden. Im Fall Kroißenbrunner habe man "nach gründlicher Überlegung" entschieden, die Kooperation zu beenden: "Aufgrund der Art und Weise der Kommunikation mussten wir feststellen, dass Dr. Kroißenbrunner nicht die Werte vertritt, die wir unseren Studierenden nahebringen möchten. Der Gender-Stern mag in dieser Sache zwar der Ausgangspunkt sein, ist jedoch keinesfalls der Grund für die Beendigung der Kooperation."
Als Universität vermisse man "ein respektvolles und konstruktives Miteinander" in der Kommunikation mit dem Arzt. Das Rektorat wisse aber natürlich auch um das Engagement des Mediziners in der allgemeinmedizinischen Versorgung und sei daher gesprächsbereit. Als "Gender-Gegner" wolle sich der Allgemeinmediziner übrigens nicht missverstanden wissen, betonte er gegenüber der "Krone".
Sowohl FPÖ als auch ÖVP schalteten sich am Donnerstag in die Debatte mit einer Aussendung ein. Die FPÖ bezeichnete das Agieren der Uni-Verantwortlichen als "unfassbar und inakzeptabel". Man wolle Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖV), Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und Gesundheitslandesrat Karlheinz Kornhäusl (ÖVP) mit schriftlichen Anfragen konfrontieren und wissen, ob diese Vorgehensweise politisch unterstützt wird.
Eine Antwort von Kornhäusl folgte prompt per Aussendung: "Wir brauchen jeden engagierten Arzt. Dieses Vorgehen geht für mich einen Schritt zu weit. Ich habe daher gleich Kontakt mit dem Rektorat aufgenommen. Hier muss es eine Lösung geben. Aber auch unabhängig von diesem konkreten Anlassfall bin ich der Meinung: Es muss Schluss sein mit dieser überbordenden politischen Korrektheit. Das versteht doch niemand mehr."