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Gewerkschaft präsentiert Paket für leistbares Wohnen

25-07-2024, 13:18

Die Gewerkschaft stellte ein Maßnahmenpaket für erschwingliches Wohnen vor. Dieses sei notwendig geworden, da die Kosten für Wohnraum seit Jahren stark steigen, wurde in einer Pressekonferenz am Donnerstag im Hauptgebäude des ÖGB in Wien mitgeteilt.

Für eine zunehmende Anzahl von Menschen würden die Ausgaben für Wohnungen zu einer nicht zu überwindenden Barriere, während gleichzeitig Immobilieninvestoren Rekorderträge erzielten. Die Regierung habe über lange Zeit zu wenig unternommen, und Initiativen wie die Mietpreisregulierung der türkis-grünen Koalition kamen zu spät und waren ineffektiv.

ÖGB präsentierte wohnungspolitisches Programm

Fachleute des Gewerkschaftsbundes (ÖGB) haben unterstützt von Vertreterinnen und Vertretern der Arbeiterkammer (AK) daher ein wohnungspolitisches Programm verfasst, das drei Hauptpunkte umfasst. Zuallererst müsse Wohnen für alle leistbar sein. Hierbei müsse die Politik Spekulation unterbinden und dem öffentlichen Wohnbau Vorrang geben. Weiters müsse dauerhaft sowohl in sozialen Wohnbau als auch in nachhaltige Sanierung investiert werden, so solle in diesem Bereich unter anderem die Sanierungsrate bei öffentlichen Gebäuden erhöht werden. Zudem brauche es einen "Turbo für den Austausch fossiler Heizungssysteme in Mietwohnungen". Hier dürften die Kosten "nicht auf Mieter überwälzt" werden. Die Betriebskosten sollen einheitlich definiert werden. Nur jene Kosten, die durch die Nutzung unmittelbar von den Bewohnenden verursacht werden, sollen bezahlt werden. Dabei geht es ums (Ab-)Wasser, Müllabfuhr, Energie und Hausreinigung. Nicht verrechnet werden sollen aus ÖGB- und AK-Sicht die Grundsteuer sowie Verwaltungs- und Versicherungskosten.

Gesamtpaket für heimische Bauwirtschaft gefordert

Mehrfach wurde beim Pressegespräch auch betont, dass der Einbruch in der Bautätigkeit nicht nur leistbares Wohnen bedrohe. Seit drei Jahren befindet sich der Bau in der Rezession. Und das strahlt in die vor- und nachgelagerten Bereiche aus. So würden auch tausende Jobs bedroht. Die Arbeitslosigkeit auf dem Bau ist im Mai-Vergleich 2023 auf 2024 um gut 10.000 Personen angestiegen. Wohnbauprogramme könnten den Bau wieder ankurbeln, hieß es. "Die Lage ist viel zu ernst, um sich auf Detailmaßnahmen zu konzentrieren", forderte ÖGB-Volkswirtin Helene Schuberth ein "Gesamtpaket, um alle notwendigen Maßnahmen tatsächlich zu hebeln". Vieles, was aus ÖGB- und AK-Sicht zu machen ist, würde zudem keine fiskalischen Kosten verursachen. Beim Eigentum forderte Schuberth, dass die Banken gesetzlich dazu verpflichtet werden sollten, derzeit teurer variabel verzinste Kredite in günstigere Fixzins-Darlehen umzuwandeln. Hierbei könnte der Fixzins vom Zeitpunkt der Kreditvergabe angewandt werden.

Lob für Wohnbauförderungsmilliarde der Regierung

Die Autorin des wohnpolitischen ÖGB-Programms und -Volkswirtin, Angela Pfister, sagte: "Wenn es um leistbares Wohnen geht, hat sozialer Wohnbau eine zentrale Rolle. Er hat eine preisdämpfende Wirkung auf den Mietmarkt insgesamt." Die Wohnbauförderungsmilliarde des Bundes begrüßten alle Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter bei der Pressekonferenz. Doch das Geld brauche es dauerhaft und jährlich - nicht wie derzeit einmalig aufgeteilt auf drei Jahre. Zudem müssten die Wohnbauförderungsbeiträge unbedingt wieder zweckgebunden werden. "Sonst verschwinden wichtige Mittel in den Länderbudgets", kritisierte Pfister. Befristete Mietverträge gehörten im kommerziellen Bereich abgeschafft, bekräftigte AK-Wohnexperte Thomas Ritt. Wie die beiden ÖGB-Vertreterinnen betonte er, dass die Milliarde für die Wohnbauförderung sowie das Baupaket der Bundesregierung zwar wichtig seien. Doch genau so notwendig seien einhergehende Maßnahmen, um das Geld tatsächlich auf die Baustellen zu bringen.

"Nur die Förderung, ohne den Boden zu haben, wo etwas errichtet wird, ist sinnlos", sagte Ritt. Gemeinnützige Bauträger dürften 300 Euro pro Quadratmeter genutzter Wohnfläche ins Grundstück investieren. In Wien-Favoriten samt Bahnlärm kostete ein Quadratmeter zuletzt 2.700 Euro, also fast das Zehnfache, so der Arbeiterkämmerer. "Gemeinnützige können kein Grundstück mehr kaufen", wenn nicht etwa wie in Wien Grundstücke seitens der Stadt zur Verfügung gestellt würden. Also brauche es hier flächendeckend österreichweit in Ländern und Gemeinden Maßnahmen, um Grundstücke für diese Art des Wohnbaus leistbar zu halten "und überhaupt bauen zu können".

Ritt stellte auch eine Rechnung an, die seiner Ansicht nach beweise, dass der Wohnbau zuletzt Spekulationsobjekt für "Betongold" gewesen sei. Seit 2018 seien rund 380.000 neue Wohnungen errichtet worden. Der Wohnbedarf habe aber lediglich 280.000 Wohnungen betragen. "Es wurden 100.000 Wohnungen zu viel errichtet; ein enormes Überangebot. Aber die Mietpreise sind seit 2018 um 22 Prozent und die Kaufpreise um 35 Prozent gestiegen. Das zeigt, dass der österreichische Wohnungsmarkt ganz klar zur Spekulation für Betongold dient - daher steigende preise trotz Überangebot."

Wirtschaftskammer-Kritik an Maßnahmenpaket der Gewerkschaft

Die Wirtschaftskammer Wien kritisierte in einer Aussendung eine "einseitige Forcierung des sozialen Wohnbaus durch die Politik" und strich die Bedeutung des gewerblichen Wohnbaus hervor. Dort seien bessere und attraktivere Rahmenbedingungen gefragt. "Mit den richtigen Rahmenbedingungen und Anreizen kann die Bautätigkeit gezielt angekurbelt und Mietpreise in der Folge auch wieder stabil gehalten werden", so der Fachgruppenobmann der Immobilientreuhänder in der Wiener Kammer, Michael Pisecky. "Es geht um eine Durchforstung von Normen und Vorschriften, wie zum Beispiel bei Aufstockungen im Bestand Neubaustandard herzustellen oder die Stellplatzverpflichtung und vieles mehr. Das ist unter dem Gesichtspunkt der Kostensenkung bei gleichbleibender Qualität für die Bewohner möglich." Kostensenkend wäre auch eine Entbürokratisierung und Beschleunigung bei Einreichungen, erinnerte der Wirtschaftsvertreter.

Die SPÖ bekräftigte jene Forderung, die auch ÖGB und AK des längeren stellen, wonach bis 2026 ein Mietpreisstopp umzusetzen und hernach eine permanente Deckelung der Mieterhöhungen umzusetzen sei. Hier ist stets von 2 Prozent die Rede, was auf massiven Widerstand auf der Wirtschaftsseite stößt. "Für jeden Fünften stellen Wohnkosten bereits eine schwere Belastung dar. Bei Alleinerziehenden ist sogar jeder Dritte", griff die stellvertretende Klubobfrau Julia Herr in einer Aussendung Ausführungen auf, die auch bei der Pressekonferenz fielen. "Nur mit einem Mietpreisstopp können wir die Mieten auf ein erträgliches Maß hinunterbringen", so die Rote.

Eine Schnittmenge zur Gewerkschaft haben hier aber nicht nur die Sozialdemokraten. Auch die Freiheitlichen sehen in diesem Politikbereich eine solche mit den Arbeitnehmervertreterinnen und -vertretern. "Das wohnpolitische Programm des ÖGB wirft viele wichtige Fragen auf. Ich sehe hier eine Schnittmenge", verwies FPÖ-Bautensprecher Philipp Schrangl in einer Aussendung darauf, dass seine Fraktion hierzu auch bereits die Antworten gegeben habe. "Es ist bekannt, dass befristete Mietverträge ein wesentlicher Wohnkostentreiber sind. Auch wir Freiheitliche bekennen uns seit langem zu wirksamen Korrekturen: Gewerblichen Vermietern soll es - außer in begründeten Ausnahmen wie etwa anstehenden Sanierungen - nicht länger gestattet sein, befristete Verträge abzuschließen." Auch die ÖGB-Kritik am Wohnbaupaket des Bundes sei "mehr als berechtigt", so der Blaue.

(APA/Red)

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