Dies sagte der von Verfassungsschützern bewachte Journalist Dienstagabend bei einem raren öffentlichen Auftritt in Wien, der vom Presseclub Concordia aus Sicherheitsgründen lediglich als Videoschaltung mit ihm angekündigt worden war.
Dies sagte der von Verfassungsschützern bewachte Journalist Dienstagabend bei einem raren öffentlichen Auftritt in Wien, der vom Presseclub Concordia aus Sicherheitsgründen lediglich als Videoschaltung mit ihm angekündigt worden war.
"Es ist wahr, dass Österreich die Infrastruktur der Spionageabwehr eines sehr kleinen Landes hat, obwohl es angesichts der Konzentration von Spionen die Struktur eines großen Landes benötigen würde", sagte der auf russische Geheimdienstoperationen spezialisierte Grozev, der selbst ins Fadenkreuz Moskaus geriet und aus Sicherheitsgründen seinen langjährigen Wohnort Wien verließ. Dass österreichische Dienste in ihrer Tätigkeit oftmals von Tipps befreundeter westlicher Dienste abhängig seien, begründete er unter anderem damit, dass etwa in den USA sich hundert Mal mehr Personen mit einschlägigen Analysen beschäftigen würden.
Die russischen Vertretungsbehörden in Österreich seien voller Spione und insbesondere das Kulturinstitut im Wien-Wieden sei seit Jahren ein größerer Hub für den Auslandsgeheimdienst SWR gewesen. Letzterer sei freilich der "Netteste" von allen, denn dieser Dienst töte seit 1992 nicht mehr. Er würde sich daher wünschen, dass es hier mehr SWR und weniger Inlandsgeheimdienst FSB sowie Militärgeheimdienst GRU gäbe, scherzte Grozev. "Aber leider konnte GRU in Wien und Österreich selbst Firmen von strategischer Bedeutung infiltrieren und das macht Angst", sagte er. Details könne er einstweilen noch nicht verraten, er arbeite noch an einer diesbezüglichen Untersuchung. Der Journalist sprach zudem davon, dass russische Organisationen in Österreich versucht hätten, Menschen anzulocken, sie nach Russland zu bringen und dort anzuwerben. "Das ist mit sehr, sehr vielen Menschen passiert", erklärte er.
Kurz und bündig antwortete Grozev auf die Frage, ob er sich bei einem FPÖ-Sieg bei den im Herbst Sorgen um seine persönliche Sicherheit bei Österreich-Aufenthalten machen würde: "Ja. Ich würde viel seltener kommen als ich es mir derzeit erlauben kann. Aus offensichtlichen Gründen", sagte er.
Im Zusammenhang mit dem Bekanntwerden von zahlreichen Identitäten hauptamtlicher russischer Agenten in den letzten Jahren sowie der massiven Ausweisung russischer "Diplomaten" im Westen sah Grozev gleichzeitig auch neue Risiken: Seit 2022 würde Russland verstärkt outsourcen und Personen aus der organisierten Kriminalität auch aus unverdächtigen Ländern wie Polen für Operationen einsetzen. "Diese Kriminellen scheitern manchmal, übertreiben aber auch, weil sie nicht wissen, wo sie aufhören sollen", erzählte er. Wenn sie jemand fotografiert, könnte es daher passieren, dass sie die betreffende Person töten, weil sie nicht mit Deeskalation nicht auskannten.
Dass Einbrecher in der Wiener Wohnung seinen anwesenden Sohn nicht bemerkt hätten, weil er zum Zeitpunkt der Tat in einem Nebenraum am Computer spielte, sei daher auch eine glückliche Fügung gewesen. Laut britischen und österreichischen Ermittlungen sollen die mutmaßlichen Einbrecher 2022 vom Ex-Banker Jan Maršálek beauftragt worden sein, der seinerseits auch laut Enthüllungen Grozevs für russische Nachrichtendienste arbeiten soll. In deren Interesse habe 2021 auch der ehemalige BVT-Mitarbeiter Egisto Ott eine Meldeauskunft zu Grozev eingeholt, hieß es im Frühjahr 2024 in der Festnahmeanordnung für Ott. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.
Der ehemalige Wirecard-Spitzenmanager Maršálek selbst versuche sich nach seiner Flucht nach Russland nützlich zu machen, erzählte Grozev. "Russland versucht Technologie über Proxys zu bekommen und er ist beim Entwickeln solcher Schemen sehr gut", sagte er. Der österreichische Ex-Banker habe auch großartige Kontakte nach China und Indien, von denen Russlands militärisch-industrieller Komplex Hilfe brauche, und sei zudem in manchen afrikanischen Staaten sehr populär, wo Russland seine Präsenz ausbauen wolle.
(APA/Red)