logo



[email protected]

WWF-Bodenreport kritisiert erneut "Flächenfraß" in Österreich

25-06-2024, 11:46

Die Erweiterung von Wohngebieten, Shoppingmalls und Verkehrswegen beansprucht in Österreich alle zehn Jahre eine Fläche, die so groß wie Wien ist, berichteten Fachleute der Umweltschutzorganisation WWF am Dienstag während einer digitalen Pressekonferenz.

Der jüngste Bodenreport des WWF zeigt, dass täglich 12,1 Hektar Land durch "Flächenverbrauch" verloren gehen. Nach den Zielen für Nachhaltigkeit, die von verschiedenen Bundesregierungen seit 2002 festgelegt wurden, sollte dieser Wert nicht mehr als 2,5 Hektar täglich betragen. Diese übermäßige Landnutzung bedroht die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln.

WWF: Bodenverbrauch steigt schneller als Bevölkerung

"Seit 2002 ist das Nachhaltigkeitsziel jedes Jahr konsequent verfehlt worden", sagte Simon Pories vom WWF Österreich: "Konkret um bisher insgesamt 110.000 Hektar". Der Bodenverbrauch habe deutlich schneller zugenommen als die Bevölkerung, erklärte er: Seit der Jahrtausendwende wurde die Fläche der verbrauchten und versiegelten Böden um 32 Prozent mehr, die Bevölkerung nur um 13,8 Prozent. Eigentlich dürfte die Alpenrepublik nicht verschwenderisch mit ihrem Boden sein, heißt es im Bericht des WWF. Wegen der vielen Gebirge stehen nämlich nur rund 39 Prozent der 83.871 Quadratkilometer Staatsfläche für landwirtschaftliche Nutzung sowie Siedlungszwecke zur Verfügung. Davon wurde laut Bericht schon rund ein Sechstel in Anspruch genommen, nämlich rund 5.648 Quadratkilometer.

Einkaufszentren und Straßen verbrauchen immer mehr Boden

Der größten Teil des Bodenverbrauchs ging für neue Siedlungs- und Betriebsflächen vonstatten, so die Experten. Deren Fläche hat in den vergangenen zehn Jahren um 378 Quadratkilometer zugenommen. Aber auch die Größe von Einkaufszentren habe sich seit 2000 mehr als verdoppelt. In Österreich gäbe es insgesamt 520 davon, also im Schnitt in jeder vierten Gemeinde. "Davon wurden die meisten am Ortsrand auf der grünen Wiese errichtet", so Pories. Mit rund 128.000 Straßenkilometern und damit nahezu 14,1 Metern Fahrbahnlänge pro Kopf habe Österreich auch ein extrem dichtes Straßen. "Dennoch beharren große Teile der Politik auf Plänen für neue Schnellstraßen, Autobahnen sowie Ausbauten von Bundes- und Landesstraßen", kritisierten die Experten. In den Nachbarländern Deutschland und der Schweiz wären es beispielsweise nur knapp zehn Straßenmeter pro Kopf.

"Flächenfraß" lässt Ackerflächen in Österreich schrumpfen

Durch den massiven Bodenverbrauch schrumpften die Ackerflächen in Österreich zwischen 1999 und 2020 um mehr als 72.000 Hektar, so Hanna Simons vom WWF. Dieser Trend gefährde die Ernährungssicherheit. Dadurch entstünden auch gesundheitsgefährdende Hitzeinseln. "Bei Starkregen saugt fruchtbarer Boden wiederum Wasser auf, wie ein Schwamm", erklärte sie. Dadurch würde er die Gefahr für Überschwemmungskatastrophen bei Starkregen verringern.

WWF-Kritik: Verbindliche Ziele bei Bodenverbrauch fehlen

Simons bemängelte, dass die Politik "nicht endlich verbindliche quantitative Ziele zur Reduktion des Bodenverbrauchs" setzt. Es gäbe bloß eine Reihe von Absichtserklärungen und unverbindliche Konzepte. Teile der Regierung bewerben zwar den Bodenschutz, sind aber selber säumig, so Pories. Im Regierungsprogramm der schwarz-grünen Bundesregierung von 2020 wurden beispielsweise 22 Maßnahmen zum Bodenschutz versprochen, berichtete er. Nur zwei davon wurden laut Bericht umgesetzt, nämlich ein Biodiversitätsfonds und eine stärkere Förderung von Brachflächenrecycling.

90 Prozent in Österreich für Programm zur Renaturierung versiegelter Flächen

Die Experten fordern deshalb etwa, dass die Politik ein bundesweites Bodenschutzgesetz beschließt, eine Versiegelungsabgabe einführt und umweltschädliche Subventionen abbaut. Der Straßenbau gehöre eingeschränkt sowie Ortskerne wiederbelebt. Es gäbe laut Schätzungen mindestens 40.000 Hektar an ungenutzten Gebäude- und Gewerbeflächen. Diesen Leerstand solle man mobilisieren. Den Rückhalt aus der Bevölkerung gäbe es für solche Maßnahmen, berichteten sie: "Bei einer Befragung befürworteten 90 Prozent der Menschen unter dem Eindruck der jüngsten Unwetter und Überflutungen ein österreichweites Programm zur Renaturierung versiegelter Flächen."

(APA/Red)

Nachrichtenquelle


© 2017-2024 wienpress.at [email protected]