Für den SPÖ-Vorsitzenden Andreas Babler ist die Regierungskoalition aus ÖVP und Grünen seit Montag in einem "unwürdigen Schwebezustand zwischen Koalition und Nicht-Koalition".
Die Entscheidung, dass der Ministerrat diesen Mittwoch nicht persönlich tagt, sieht SPÖ-Chef Babler als "Arbeitsverweigerung". Bundeskanzler Nehammer (ÖVP) habe, trotz eskalierender Spannungen, die Koalition am Montag lediglich deshalb nicht aufgelöst, weil er die Ministerien weiterhin für "Wahlpropaganda" einsetzen möchte, behauptete Babler.
Babler: Nehammer hat Österreich mit Brief blamiert
Indem er in einem Brief an die belgische Ratspräsidentschaft die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler bei der Abstimmung zum EU-Renaturierungsgesetz "politisch entmündigt" habe, habe Nehammer Österreich am internationalen politischen Parkett blamiert. Gleichzeitig versagt die Regierung für Babler auch innenpolitisch: Immer noch leide die Bevölkerung unter der Teuerung, habe täglich Sorge, eine Arzttermin zu finden, der Wohlstand sinke, es herrsche ein "Budgetdesaster". Dennoch sollen laut Kanzler nur noch die nötigsten Gesetzesvorhaben beschlossen werden, empörte sich Babler.
Schwarz-Grün für Babler mit dem Schlechtesten aller Zeiten
"ÖVP und Grüne sind angetreten und haben uns das Beste aus beiden Welten versprochen, bekommen haben wir das Schlechteste aller Zeiten", höhnte er. Die Regierung bestehe nach dem Eklat von Montag - die ÖVP hat wegen Gewesslers nicht akkordierter Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz eine Nichtigkeitsklage beim EuGH und eine Klage wegen Amtsmissbrauchs angekündigt - nur noch, damit die ÖVP auf Steuerkosten Wahlkampf betreiben könne.
Badelt über Fortsetzung von Schwarz-Grün erleichtert
"Sehr gefreut" darüber, dass Nehammer die Regierung nicht aufgekündigt hat, hat sich hingegen Fiskalrats-Präsident Christoph Badelt. Wie schon vom Kanzler selbst ins Treffen geführt, betonte Badelt bei einer Pressekonferenz am Mittwoch, dass es während eines sogenannten freien Spiel der Kräfte besonders viele teure "Wahlzuckerl" gebe.
Babler erwartet von Schwarz-Grün nur noch "zukunftsvergessene Wahlzuckerl"
Babler fürchtet indes, dass auch die Weiterführung der Regierung die Steuerzahler einiges kosten könnte. So habe das Landwirtschaftsministerium etwa für nur wenige Tage vor der Wahl eine Klimakonferenz angekündigt. Er forderte deshalb ein Verbot von Großveranstaltungen von Ministerien sowie ein Verbot von Umfragen und Studienveröffentlichungen im Wahlkampf. Hier werde man durch parlamentarische Anfragen auch für Transparenz sorgen, so Babler. Von der Regierung sei jedenfalls nicht mehr zu erwarten als "zukunftsvergessene Wahlzuckerl". Gleichzeitig warnte er einmal mehr vor einer möglichen Koalition aus ÖVP und FPÖ nach der Wahl, von dieser erwarte er Einsparungen bei Pensionen, Gesundheit und jegliche Aufgabe von Klimaschutz.
Kein Kommentar von Babler zu Dornauer-Kritik
Nicht kommentieren wollte Babler die jüngste Kritik von Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer an seinen Parteifreunden, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig und Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser. Diese hatten sich zunächst wie alle übrigen Landeshauptleute gegen das EU-Renaturierungsgesetz ausgesprochen, waren aber nach diversen Änderungen aus dieser Linie ausgeschert. "Die Partei hat eine klare Linie dazu", stellte Babler klar.
Stocker-Kritik an SPÖ-Chef Babler
Für ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker geht Bablers Vorwurf der Arbeitsverweigerung freilich ins Leere: Auf der Tagesordnung Ministerrats seien am Mittwoch vorwiegend technische Berichte und Resolutionen gestanden und diese seien nun eben per Umlauf beschlossen worden. Während Bundeskanzler Nehammer ein "Staatschaos" verhindere, schaffe es Babler nicht einmal, seine Partei zu vereinen und parteiinterne Kritiker zu beruhigen, so Stocker mit Blick auf die Kritik Donauers und die Ablehnung der EU-Renaturierungsverordnung durch den burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. "Es stellt sich daher die Frage: Wofür steht eigentlich die SPÖ?"