Eine Studie zeigt das wenig bekannte Ausmaß von Zwangsehen in Österreich auf. Gefordert werden deswegen dringend Schutzmaßnahmen für Betroffene sowie ein verbessertes Monitoring.
Zwangsverheiratungen sind international weitverbreitet, 22 Millionen Menschen - darunter neun Millionen Kinder - sind laut internationalen Studien davon betroffen, aber auch in Österreich gibt es Zwangsehen. Darüber ist bisher wenig bekannt, wie eine am Montag präsentierte Studie des Projekts FORMA zeigt. Die Experten fordern daher ein genaues Monitoring und bessere Datenerhebung sowie mehr Aufklärung und Bewusstseinsarbeit, insbesondere bei jungen Menschen.
Dringend empfohlen wird von den Studienautoren in einer Aussendung auch die Anhebung des Mindestalters für Eheschließungen auf 18 Jahre. Gefordert wird weiters ein Ausbau von Beratungsangeboten für Ehekandidatinnen und -kandidaten, sowie eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Opferschutzeinrichtungen und Schulen. Zentral sei auch ein bundesweiter Ausbau von niederschwelligen Anlaufstellen, wo mehrsprachige psychosoziale Beratung angeboten werden.
Wie viele Zwangsverheiratungen es jährlich in Österreich gibt, ist nicht bekannt, die Frauenberatungsstelle Orient Express geht gegenüber "Ö1" von einigen hundert Fällen aus. Für die Studie des Projekts FORMA (Forced Marriage, 2023/24) wurde im Auftrag von Innenministerium und Frauen- und Gleichstellungssektion im Bundeskanzleramt nun erstmals ein Lagebericht erstellt.
Dafür wurden qualitative Interviews mit Expertinnen und Experten sowie mit Betroffenen geführt, rund 370 Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts analysiert und 129 Akten der Frauenberatungsstelle Orient Express ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass Betroffene in allen der untersuchten Fälle von Orient Express psychische Gewalt erlebt haben, in 90 Prozent der Fälle kam es auch zu physischer Gewalt.
Um das Problem der Zwangsverheiratung besser untersuchen zu können, wünscht sich das Forschungsteam - bestehend aus Vertretern des Ludwig Boltzmann Instituts für Grund-und Menschenrechte, der Universität Wien, des Vereins Orient Express sowie der Rechtsberatung der Caritas Wien - eine systematische Erhebung gendersensibler Daten und Statistiken zu Verdachtsfällen von Zwangsheirat. Der vollständige Endbericht des Projekts FORMA soll Anfang Juli veröffentlicht werden.