Der Rechnungshof (RH) hat in seinem neuesten Bericht vom Freitag Kritik an den Reformbemühungen des Innen- und Justizministeriums im Kampf gegen Cyberkriminalität geübt.
Insbesondere bemängelte der Rechnungshof (RH) das Rekrutierungsverfahren für die geplanten Fachkräfte, inkonsistente Definitionen von Begrifflichkeiten zwischen den Ministerien und den Mangel an Ressourcen beim Landeskriminalamt Wien (LKA). Im Jahr 2021 wurden diesbezüglich zentrale Empfehlungen ausgesprochen.
Das Innenministerium sieht in der im September 2023 präsentierten Kriminaldienstreform insgesamt mehr als 700 zusätzliche Arbeitsplätze vor, laut Rechnungshof 300 davon speziell für den Kampf gegen Cybercrime. "Das Recruiting für diese Arbeitsplätze war zur Zeit der Follow-up-Überprüfung allerdings noch nicht festgelegt", heißt es nun vom Rechnungshof. "Wie es diese 300 Arbeitsplätze besetzen will, dazu stellte das Innenministerium keine konkreten Überlegungen an." Es fehle ein Plan für das Personal-Recruiting, so der Tenor. Auch die Weiterentwicklung des Cybercrime Competence Centers (C4) im Bundeskriminalamt zu einer eigenen Abteilung sei zur Zeit der Prüfung noch nicht umgesetzt gewesen, wurde kritisiert.
Der RH hielt zudem fest, dass der Assistenzbereich IT-Beweissicherung des LKA Wien während der Überprüfung "eingeschränkte Ressourcen zur Verfügung hatte", wie es in einer Aussendung hieß. Das hatte bei gleichzeitig gestiegenen Anforderungen zur Folge, dass dieser Assistenzbereich Akten - beziehungsweise zur Auswertung übergebene Endgeräte über Monate nicht bearbeitete", lautet die Kritik. Das mit Abstand größte Landeskriminalamt Österreichs sei nicht Teil des Gesamtkonzepts, so der Rechnungshof.
Zudem würden Innen- und Justizministerium Ziele bei der Bekämpfung der Internetkriminalität nur teilweise umsetzen und diese Zielsetzungen nicht miteinander abgestimmt sein. Weiter für Schwierigkeiten sorgten demnach unterschiedliche Begriffbestimmungen. So verwende nur das Innenministerium die Kategorie "Internetbetrug", nicht aber das Justizministerium. "Das erschwert es, auf Basis vergleichbarer Zahlen wirksame Steuerungsmaßnahmen zu ergreifen", wird betont. Der Rechnungshof wiederholte in diesem Zusammenhang seine Empfehlung, einheitliche Definitionen festzulegen, "um auf dieser Basis vergleichbare Zahlen erheben und darstellen sowie wirksame Steuerungsmaßnahmen ergreifen zu können". Ebenfalls empfohlen wurde, den 2023 gestarteten Probebetrieb der "Kompetenzstellen Cybercrime" bei den Staatsanwaltschaften in den Regelbetrieb überzuleiten sowie die Einrichtung von Cybercrime-Training-Centern zur großflächigen Schulung aller Exekutivbediensteten.
Die Zahlen der Anzeigen im Bereich Cybercrime stiegen laut dem im Mai veröffentlichten Bericht des Bundeskriminalamts auch 2023 wieder - um 9,4 Prozent - an. Insgesamt 65.864 Fälle wurden vergangenes Jahr angezeigt. Experten rechnen auch in den kommenden Jahren mit einem Aufwärtstrend. Die aktuell laufende Kriminaldienstreform legt einen wesentlichen Fokus auf Internetkriminalität. Erst mit Anfang Juni waren österreichweit rund 20 der im Endausbau 38 geplanten Kriminalassistenzdienststellen (KAD) in den Regionen eröffnet worden, wo auch Ermittler (Cyber-Cobra) und Präventionsspezialisten arbeiten sollen.