logo



[email protected]

"Befreiter Regenbogen": Studie über LGBTIQ-Diskriminierung in Österreich

7-06-2024, 14:26

Am Freitag stellte Justizministerin Alma Zadic die Studie "Befreiter Regenbogen" vor, die ihr Ministerium in Auftrag gegeben hatte. Diese zeichnet die rechtlichen Rahmenbedingungen für die LGBTIQ-Gemeinschaft in der Zeit nach dem Krieg nach. Bis 2002 war ein Gesetzesartikel in Kraft, der bestimmte, an sich legale, Handlungen unter Homosexuellen als strafbar definierte. Erst dann wurde dieser aus dem Strafgesetzbuch entfernt.

Die Studie fokussiert sich eingehend auf die strafrechtliche Verfolgung im Zeitraum von 1852 bis 2002. Das generelle Verbot von Homosexualität wurde 1971 aufgehoben, doch wurden gleichzeitig vier neue Paragraphen, wie zum Beispiel das Verbot der Werbung, eingeführt. Im Jahr 2002 endete diese Reihe mit der Aufhebung des Verbots der "Gleichgeschlechtlicher Unzucht mit Personen unter 18 Jahren".

Zadic-Entschuldigung für LGBTIQ-Diskriminierung

Im Juni 2021 äußerte Zadic im Namen der Justiz eine Entschuldigung für die vergangene strafrechtliche Verfolgung. Seit Februar dieses Jahres ist es möglich, dass strafrechtlich verfolgte oder verurteilte Personen Anträge auf Entschädigung einreichen. Mit der Entschuldigung wurde auch eine rechtshistorische Forschungsstudie initiiert, mit der das Zentrum für queere Geschichte QWIEN beauftragt wurde. "Nur wenn man auf die diskriminierende Gesetzeslage hinweist, kann man auch für die Zukunft lernen", sagte die Justizministerin bei der Präsentation am Freitag.

"Das Schicksal von homo- und transsexuellen Menschen war stets von Kriminalisierung geprägt", fasste der Präsident des Oberlandesgerichts Graz, Michael Schwanda, zusammen. Nicht nur hielt Österreich nach der Befreiung vom Nationalsozialismus bis 1971 an der Bestrafung von "widernatürlicher Unzucht" - europaweit einzigartig auch unter Frauen - fest, auch wurden von NS-Richtern verurteilte Personen, selbst jene, die die Straffolge des Konzentrationslagers erleiden mussten, nicht als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt, vielmehr galten sie als vorbestrafte Sexualverbrecher und -Verbrecherinnen.

LGBTIQ-Diskriminierung: "Politik war über weite Strecken taub"

Den Studienautoren Hans-Peter Weingand und Sebastian Pay standen dafür Akten aus dem Justizministerium zur Verfügung. Neben dem Strafrecht fokussierten sie sich auch auf Familienrecht. Erst seit 2019 können sich gleichgeschlechtliche Paare trauen lassen, die "Ehe für alle" ist wie viele andere Errungenschaften der LGBTIQ-Community nicht auf die Politik, sondern ein Urteil des Verfassungsgerichtshof zurückzuführen. "Die Politik war über weite Strecken taub.(...) Der Auftrag zur kritischen Aufarbeitung dieser historischen Diskriminierung durch eine involvierte Behörde ist ein Novum", lobte der Co-Leiter von QWIEN Andreas Brunner.

"Das wichtige ist, dass diese Studie nicht in einer Schublade verschwindet. Sie wird als Grundlage dienen, damit wir eine Gedenkmöglichkeit im Justizministerium schaffen", betonte Zadic. Angesprochen auf zentrale Forderungen der Community wie den Diskriminierungsschutz im Privatbereich sagte Zadić: "Das ist etwas, was ich mir auch wünschen würde". Beim Verbot von Konversionstherapien und medizinisch nicht notwendigen Operationen an intergeschlechtlichen Kindern werde sie "nicht aufgeben". Für beide Gesetze gab es bereits Entwürfe, diese scheiterten laut Zadic aber am Koalitionspartner. "Da braucht es noch eine Einigung, und wahrscheinlich auch einiges an Überzeugungsarbeit". Beim Konversionstherapie-Verbot, die zum Ziel haben, queere Jugendliche "umzupolen", konnten sich ÖVP und Grüne nicht darauf einigen, ob Transpersonen umfasst sein sollen oder nicht. Gerade diese Studie zeige aber, dass ein Verbot dieser Behandlungen "die gesamte LGBTIQ-Community abdecken muss, nicht nur einen Teil."

(APA/Red)

Nachrichtenquelle


© 2017-2024 wienpress.at [email protected]