Die SPÖ intensiviert ihr Engagement für die Renaturierung. Unterdessen geht die Diskussion der Bundesländer über die Haltung zum EU-Renaturierungsgesetz weiter.
Nachdem Wien und Kärnten, zwei der drei Bundesländer unter SPÖ-Führung, ihren Rückzug aus der gemeinsamen Blockadehaltung der Bundesländer gegen das EU-Renaturierungsgesetz bekannt gegeben haben, streben die österreichischen Sozialdemokraten jetzt einen "Nationalen Aktionsplan Renaturierung" an.
SPÖ will Renaturierung in Österreich stärker fördern
Sie verlangen unter anderem die Zustimmung der Bundesregierung zu dem Gesetz und fordern "zumindest eine Biodiversitätsmilliarde für die nächste Gesetzgebungsperiode". "Die bisherige Dotierung mit 80 Mio. Euro für eine fünfjährige Periode bis 2026 greift viel zu kurz" heißt es in einem von der SPÖ verbreiteten Papier. Erhöht sollen auch die Mittel bei der Förderung gewässerökologischer Maßnahmen im Rahmen der Wasserwirtschaftsförderung und der Förderprogramme zur Revitalisierung von bereits verbauten Flächen werden.
"Verpflichtender Biodiversitäts-Check" für Gesetze und Regierungsvorhaben gefordert
Für Gesetze und Regierungsvorhaben soll vorab ein "verpflichtender Biodiversitäts-Check" eingeführt werden. Die EU-"Entwaldungsverordnung", die verhindern soll, "dass Produkte wie Holz, Kaffee, Soja etc. auf den europäischen Markt kommen, für deren Produktion es zur Umwandlung von Waldfläche in Agrarfläche und Abholzungen kam", soll konsequent umgesetzt werden. Weiters sollen ein "Grünes Netz" aus Schutzgebieten aufgebaut und der "Zugang zu Naturräumen unter größtmöglicher Schonung von Natur und Umwelt" rechtlich gestärkt werden.
Streit um Beschluss der Bundesländer zu EU-Renaturierungsgesetz
Die Forderung kommt mitten in eine intensive Diskussion, die nicht nur politisch, sondern auch juristisch geführt wird. Die Ankündigung von zwei Bundesländern, die bisherige bindende "Einheitliche Länderstellungnahme" nach einer im Europäischen Parlament vorgenommenen deutlichen Abschwächung der Verordnung über die Wiederherstellung der Natur nicht mehr mitzutragen, reicht nach Ansicht von manchen Rechtsexperten nicht dazu aus, diese aufzuheben. Die ÖVP verweist dabei insbesondere auf den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes, der bis zum Vorliegen einer neuen Stellungnahme die alte Bindung aufrecht sieht. Die Verbindungsstelle der Bundesländer beim Amt der NÖ Landesregierung (Niederösterreich hat bis Ende Juni des Vorsitz der Landeshauptleutekonferenz inne, Anm.) sieht diese aufgrund der Haltung der übrigen sieben Bundesländer weiter in Kraft. Dem widerspricht der frühere Wiener Landeshauptmann Michael Häupl (SP) in der "Kronen Zeitung" (Sonntag-Ausgabe): "Wenn es zwischen den Bundesländern keine Einstimmigkeit gibt, ist der Beschluss nicht mehr aktuell."
EU-Renaturierungsgesetz: ÖVP weiter gegen Zustimmung durch Gewessler
Zudem ist weiter umstritten, ob, wie von der ÖVP behauptet, eine Zustimmung des von Leonore Gewessler (Grüne) geführten Umweltressorts nur im Einvernehmen mit den ebenfalls von der Materie betroffenen Ressorts Landwirtschaft, Finanzen und Europa möglich ist. Davon ist etwa ÖVP-Agrarsprecher und Bauernbundpräsident Georg Strasser überzeugt, der in der ORF-Sendung "Hohes Haus" am Sonntag nicht davon ausging, dass Gewessler "ausscheren" werde. Überhaupt sei Österreich betreffend Biodiversität und Klimaschutz auf einem "sehr guten Weg" sagte er weiter. Er ist der Meinung, dass das Gesetz in seiner jetzigen Form nicht notwendig sei, da zu viele Fragen, etwa zur Finanzierung, zu klären seien. "Der Ball liegt jetzt bei der Bundesregierung, dort blockiert die ÖVP aber einmal mehr die dringend notwendigen Entscheidungen zum Erhalt unserer Lebensgrundlagen", hieß es aus der SPÖ.
Grüne kritisieren SPÖ nach Forderung für "Nationalen Aktionsplan"
"Wieder einmal zeigt die SPÖ mit großen Worten auf, alleine an den Taten fehlt es ihr", regierte Grünen-Umweltsprecherin Astrid Rössler in einer Aussendung. "Erstens wäre ein nationaler Plan Teil des Renaturierungsgesetzes auf EU-Ebene. Hier haben Bablers SPÖ-Landeshauptleute erst im April unisono eine Zustimmung blockiert. Zweitens passt diese Forderung in keinster Weise mit den Plänen der SPÖ zusammen, eine Autobahn durch das Naturschutzgebiet in der Lobau bauen zu wollen. Und drittens gibt es bereits eine Biodiversitätsstrategie. Das sollte die SPÖ eigentlich wissen", kritisierte Rössler.
Abstimmung über EU-Renaturierungsgesetz bei Umweltrat im Juni möglich
Kritiker sehen nicht nur überschießende und unadministrierbare bürokratische Regelungen im "Nature Restauration Law", sondern auch eine zu große Stilllegung von landwirtschaftlich genutzten Flächen, die eine Gefährdung der Ernährungssicherheit bedeuten würde - Argumente, denen zuletzt von 50 in Belgien und in der gesamten EU tätigen Unternehmen und Unternehmensverbänden widersprochen wurden: "Die großflächige Wiederherstellung von Lebensräumen, ihren Arten und den vielfältigen Ökosystemleistungen, von denen wir alle profitieren, wird letztlich dazu beitragen, die Klimakrise zu bewältigen, unsere langfristige Nahrungsmittel- und Wassersicherheit zu gewährleisten sowie Arbeitsplätze zu schützen und neue zu schaffen", hieß es in einem gemeinsamen Appell an die belgische Ratspräsidentschaft, das EU-Gesetz noch durchzubringen und beim nächsten Umweltrat am 17. Juni in Luxemburg erneut auf die Agenda zu setzen. Eine Zustimmung Österreichs, das sich bisher enthalten hat, könnte dabei von entscheidender Bedeutung sein.