Der Rechnungshof äußert Kritik an der Konzeption der Rot-Weiß-Rot-Karte, welche im Jahr 2011 eingeführt wurde, um qualifizierte Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Staaten für eine Neuzuwanderung nach Österreich zu gewinnen.
"Das System dahinter ist jedoch komplex und für Antragstellende schwer verständlich", bemängelt das Prüforgan. Der Grund hierfür liegt darin, dass es schwierig ist, zwischen den Kartenversionen - fünf bei der Rot-Weiß-Rot-Karte und der Blauen Karte EU - zu unterscheiden.
Rechnungshof: Potenzial zur Vereinfachung bei Rot-Weiß-Rot-Karte
Bei den Anforderungen bezüglich Ausbildung und Kenntnissen treten häufig Überschneidungen auf, zudem gibt es eine Überlappung der Zielgruppen. Der Rechnungshof erkennt hier ein "Potenzial zur Vereinfachung". Jedoch wird auch Anerkennung ausgesprochen: "Der deutliche Anstieg bei den Kartenerteilungen entsprach der gestiegenen Anzahl offener Stellen, das heißt dem Bedarf auf dem Arbeitsmarkt und der konjunkturellen Entwicklung."
In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies: Im Jahr 2022 wurden insgesamt 5.157 Rot-Weiß-Rot-Karten und Blaue Karten EU ausgestellt. Die Anzahl der gültigen Karten im Jahr 2022 belief sich auf 7.602. Das bedeutet, es gab mehr als 4,5 Mal so viele Karten im Vergleich zu 2012, ein Jahr nachdem die Rot-Weiß-Rot-Karte eingeführt wurde, und beinahe 3,5-mal so viele wie im Jahr 2017.
Rot-Weiß-Rot-Karte: Mehr als 80 Prozent haben mit Matura vergleichbaren Bildungsabschluss
Die RRot-Weiß-RotWR-Karte für Mangelberufe und die Rot-Weiß-Rot-Karte für andere abhängige Schlüsselfiguren stellten die am häufigsten genutzten Kartenvarianten dar. Die weitaus größte Zahl an Ausstellungen von Karten fand 2022 in Wien statt.
Das Bildungsniveau der Gruppe übertraf das der in Österreich angestellten Personen: 84 Prozent verfügten über einen Bildungsabschluss, der mindestens der Matura entspricht. Männer erhielten zwei Drittel der Karten. Bosnien und Herzegowina, Indien sowie die Russische Föderation waren die drei vorherrschenden Staatsbürgerschaften, wie die staatliche Kontrollbehörde mitteilte.
Rot-Weiß-Rot-Karten: Verschiedene Varianten schwer voneinander abgrenzbar
Das Instrument der Rot-Weiß-Rot-Karte sei seit seiner Einführung vielfach novelliert worden, "überwiegend mit dem Ziel, Hürden für qualifizierte Zuwanderung abzubauen". Das Problem dabei: "Welche Wirkungen die gesetzlichen Änderungen in der Praxis hatten, dazu gab es jedoch kaum objektivierte Erkenntnisse", so die Prüfer.
Drittstaatsangehörigen stünden für die Aufnahme einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit in Österreich fünf Varianten der Rot-Weiß-Rot-Karte und die Blaue Karte EU zur Verfügung, sofern sie nicht in ein spezielles, in der Regel vereinfachtes Bewilligungsregime fallen (etwa Forscher, Diplomaten, Künstler). Dazu hält der Rechnungshof lobend fest: "Das System kombiniert Kriterien, die aus arbeitsmarktpolitischer Sicht grundsätzlich nachvollziehbar sind." Er schränkt aber auch ein: "Die verschiedenen Kartenvarianten sind allerdings schwer voneinander abgrenzbar. Für Antragstellende ist es schwierig, zu erkennen, welche Variante der Rot-Weiß-Rot-Karte sie beantragen sollen."
Rechnungshof kritisiert Mangel an Daten zu Rot-Weiß-Rot-Karte
Gleichzeitig sei das System unflexibel - mit besonders hohen Qualifikationen in einer Dimension (zum Beispiel besonders hohem Einkommen) seien Defizite in einer anderen Dimension kaum ausgleichbar. Ein Sprachniveau ab B2 (fortgeschrittene Sprachkenntnisse) führe in keiner Variante zu einer höheren Bewertung.
Zu guter Letzt bemängeln die Rechnungshof-Prüfer, dass das Innenministerium zur Zeit der Rechnungshof-Prüfung über keine Daten zur Gesamtdauer der Kartenverfahren verfügte. "Ein Gesamtcontrolling der Verfahrensabwicklung bestand nicht. Eine Auswertung des Rechnungshofes auf Basis der verfügbaren Daten deutet darauf hin, dass in mehr als 40 Prozent der Fälle die gesetzlich vorgesehene Dauer von acht Wochen überschritten wurde."