Die erforderliche Zustimmung des Schulträgers zur freiwilligen Teilnahme an einem elften oder zwölften Schuljahr von Schülern, die sonderpädagogischen Förderbedarf (spF) haben, ist laut Verfassungsgerichtshof nicht verfassungswidrig.
Die Verweigerung freiwilliger Schuljahre verletze weder den Grundsatz der Gleichheit noch das Bestimmtheitsgebot. Es wurde jedoch betont, dass ein Ablehnen der Teilnahme "nur mit einer nachvollziehbaren Begründung erfolgen darf" - ein einfacher Verweis auf einen Mangel an Platz sei unzureichend.
VfGH erschwert Verweigerung freiwilliger Schuljahre
Momentan ist es Schülerinnen und Schülern, die aufgrund einer Behinderung spezialisierte Förderung benötigen, nur gestattet, an allgemeinbildenden Pflichtschulen ein zusätzliches elftes oder zwölftes Jahr zu besuchen, wenn sowohl die Bildungsdirektion als auch der jeweilige Schulerhalter (in der Regel die Kommune) ihre Zustimmung geben. Ein 18-jähriger aus Niederösterreich, dessen Gesuch um einen freiwilligen Schulbesuch von der Bildungsdirektion wegen einer ablehnenden Äußerung der Kommune ("aus Platzgründen nicht möglich") zurückgewiesen wurde, erhob dagegen Einspruch.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG), das sich mit der Beschwerde auseinandersetzte, sah in der erforderlichen Zustimmung der Gemeinde einen Verstoß gegen die Verfassung - eine Ansicht, der der Verfassungsgerichtshof (VfGH) nicht zustimmte. Jedoch legte der Gerichtshof für Gemeinden strengere Bedingungen fest, sollten sie den Besuch der Schule verhindern wollen.
Der Träger muss grundsätzlich gewährleisten, dass Schülerinnen und Schüler mit besonderem Förderbedarf die Möglichkeit haben, eine allgemeinbildende Pflichtschule auch in einem 11. und 12. Schuljahr zu besuchen, so der Verfassungsgerichtshof. Dabei muss er - ebenso wie die Schulbehörde - "vor dem Hintergrund des Art. 6 Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern zu gewährleisten, dass den besonderen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf Rechnung getragen wird".
Hinweis auf "Platzmangel" allein reicht nicht zur Verweigerung freiwilliger Schuljahre
Die Zustimmung kann folglich nur verweigert werden, wenn der Verantwortliche im spezifischen Fall belegen kann, dass es ihm wegen anderweitiger Verpflichtungen unmöglich sein wird, seinen diesbezüglichen Aufgaben nachzukommen. Dies bedeutet, er muss zum Beispiel gewährleisten, „dass an der Schule die nötigen Räumlichkeiten und Ressourcen sowie das Personal zur Verfügung gestellt werden können, um den pädagogischen und organisatorischen Erfordernissen für einen qualitätsvollen Unterricht und eine entsprechende Betreuung für Schüler mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf gerecht zu werden“ In seine Entscheidung können daher zwar organisatorische und finanzielle Aspekte miteinbezogen werden – jedoch ist der alleinige Verweis auf „Platzmangel“ nicht ausreichend.
Laut Verfassungsgerichtshof muss aus der Erklärung, warum die Zustimmung nicht erteilt wurde, ersichtlich und überprüfbar sein, ob dies rechtmäßig erfolgte. Die Bildungsdirektion ist verpflichtet, diese Begründung in ihren Bescheid zu integrieren, welcher daraufhin von den Schülern angefochten werden kann.