Ein hochrangiger Beamter, gegen den wegen Amtsmissbrauchs ermittelt wird, sprach in seinem Eingangsstatement von "haltloser Vorverurteilung".
Ein hochrangiger Beamter, gegen den wegen Amtsmissbrauchs ermittelt wird, sprach in seinem Eingangsstatement von "haltloser Vorverurteilung".
Außer der ÖVP orteten alle Fraktionen im Innsbrucker Finanzamt ein System, in dem Reiche unter Erfüllung bestimmter Voraussetzungen bevorzugt werden. "Der eigentliche Skandal ist, dass hier aus nichts ein Skandal gemacht wird", schimpfte der Beamte hingegen in seinem Eingangsstatement. "Ich komme mir vor, wie bei Kafka im Prozess". Der Anzeige fehle es an "Sachverständnis" und "steuerlicher Grundkenntnis".
Bei der Übersiedlung der Signa von Wien nach Innsbruck im Jahr 2018 und dem damit verbundenen Zuständigkeitswechsel habe das Finanzamt "überhaupt keinen Einfluss gehabt. (...) Wir waren weder involviert noch informiert, wir sind ein technisches Abfertigungsamt." Auch die Abtretung der Schlosshotel Igls GmbH sei "vollkommen rechtens" gewesen. Rene Benko sei teilweise sogar schlechter behandelt worden.
In seiner langjährigen Tätigkeit habe er viele Steuerberater kennengelernt, darunter auch jenen von Benko. Eine Nachfrage, ob er mit diesem per Du sei, bejahte er, das sei aber in Tirol nichts besonderes. "Ich hab früher im Zillertal geprüft, ich bin eigentlich mit allen per Du."
Für die ÖVP hat die Befragung des Beamten klar "die oppositionellen Vorwürfe entzaubert". Laut der Auskunftsperson habe es keine Interventionen gegeben, "vom Vorwurf der steuerlichen Bevorzugung bleibt nichts mehr übrig", sagte Peter Weidinger während einer kurzen Pause zu Journalisten und Journalistinnen. Das "wiederholte Bashing von Finanzbeamten" müsse ein Ende finden, stattdessen forderte er einmal mehr "die Rolle des Beraters Alfred Gusenbauer herauszuarbeiten".
Anders sahen das naturgemäß die NEOS. Die Befragung habe nicht viel neues gebracht, vor dem Hintergrund der laufenden Ermittlungen gegen die Auskunftsperson sei das aber auch nicht überraschend, so Fraktionsführer Yannick Shetty. Die "wirklich spannenden Fragen", etwa ob die Beamten in Innsbruck eine Art "Jokersystem" zum Vorteil gut betuchter, ÖVP-naher Unternehmer, mit drei Steuerberatungskanzleien aufgebaut hätten, wurden nicht zugelassen. "Klären muss diese Fragen aber ohnehin die Staatsanwaltschaft Innsbruck".
Noch bevor Fragen an die zweite Auskunftsperson gestellt werden konnten, beschäftigte den Ausschuss eine Akten-Debatte. Die Auskunftsperson hatte mehrere Akten mitgebracht, diese wurden zu Beginn als Stufe eins klassifiziert, dann jedoch per Bildschirm auch für die Medienvertreter im Saal und den eigens im Parlament eingerichteten Medienräumen sichtbar übertragen. Vor allem die SPÖ und die Grünen echauffierten sich darüber, hätten sie doch selbst gerne künftig die Möglichkeit, klassifizierte Akten zu veröffentlichen. Man einigte sich letztlich darauf, Akten nicht mehr für Medien einsehbar zu übertragen.
War der Tenor unter den Abgeordneten am Vormittag noch freundlich, gab es während der Befragung dann doch ein paar kleinere Unstimmigkeiten und Zwischenrufe. Die ÖVP war nicht zufrieden mit dem Befragungsstil von NEOS-Fraktionsführer Yannick Shetty, dieser sei "hart an der Grenze" und unterstellend.
Bereits zuvor war ein Beamter geladen, der als Großbetriebsprüfer in Innsbruck mit Prüffällen im Bereich der Signa-Gruppe betraut war. Er gab an, ab 2018 zehn Unternehmen der Signa-Gruppe geprüft zu haben. Auffällig sei aus seiner Sicht gewesen, dass die Signa Luxury Collection die Miete für das Chalet N, das wiederum zu einer anderen Signa-Gesellschaft gehört, nicht gezahlt hat. Ungewöhnlich sei auch gewesen, dass die Forderungen zu den Mietrückständen unverzinst gewesen seien - das sei nicht fremdüblich gewesen, daher habe er eine entsprechende Verzinsung vorgeschrieben. Fremdüblichkeit setzt voraus, dass Geschäfte innerhalb einer Gruppe so gestaltet werden, wie sie auch mit fremden Dritten abgeschlossen würden.
"Ich kann dem Unternehmen nicht vorschreiben, Schulden einzutreiben", sagte der Prüfer. Um "Liebhaberei", also dass die Überlassung des Chalets langfristig nicht auf Gewinnerzielung ausgelegt war, habe es sich nicht gehandelt, "im Mietvertrag wurde ja nicht vereinbart, dass die Miete nicht bezahlt werden muss. (...) Wenn wer auf die Miete verzichtet, kann ich das erst in der Prüfung beurteilen".
Kontakt zu dem nach ihm geladenen, hochrangigen Finanzbeamten, gegen den wie am Freitag bekannt wurde, ein Strafverfahren wegen Amtsmissbrauchs eingeleitet wurde, habe er nur einmal telefonisch gehabt. Nämlich als er ihn über die Sitzverlegung der Schlosshotel Igls GmbH von Wien nach Innsbruck informiert habe.
Auch die Sitzverlegung der Signa 2018 von Wien nach Innsbruck war Thema in der Befragung. Diese habe aber keinen Unterschied für die Betriebsprüfungen gemacht, antwortete die Auskunftsperson auf eine entsprechende Frage. Generell gelte, "bei meinen Prüfungen habe ich keine Interventionen erlebt."
Beschäftigt hatte die Abgeordneten auch ein Treffen des Prüfers mit Benko. Zweck des Treffens sei gewesen, "dass uns die Signa-Gruppe vorgestellt wird", weil man gewusst habe, dass die Gruppe sehr umfangreich gewesen sei. Bei dem Treffen habe es "einen Kaffee und ein paar Häppchen" gegeben, ungewöhnlich seien derartige Treffen nicht.
Keine Wahrnehmungen hatte der Befragte etwa zum Tuchlauben-Komplex, zu einer "Rabattvereinbarung", die unter anderem für Benko laut Vertrag bestanden haben soll oder COFAG-Förderungen, die das Chalet N, das nach Benkos Ehefrau Nathalie benannt ist, erhalten haben soll.
Zu Beginn der Sitzung war auch der Ausschluss der Medienöffentlichkeit Thema, weil das Finanzamt für Großbetriebe ein Schreiben vorlegt hatte, wonach die Befragungen zu den Signa-Fällen aufgrund noch laufender Prüfungen nur in vertraulicher Sitzung behandelt werden sollten. Im Ergebnis sollen nun die Auskunftspersonen selbst Bedenken anmelden, wenn durch einzelne Fragen die Rechte von Steuerpflichtigen verletzt werden könnten, ansonsten findet die Befragung medienöffentlich statt.
Benko selbst wie auch der Vorstandsdirektor der Finanzmarktaufsicht, Eduard Müller, werden dann am Donnerstag erwartet. Den Vorsitz führt heute der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ). Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) ist derzeit in Israel, um dort unter anderem Staatspräsident Yitzhak Herzog zu treffen.
(APA/Red)