"Der Zeitpunkt für die Impfung wäre jetzt. Bevor uns das um die Ohren fliegt", warnte der Wiener Virologe Lukas Weseslindtner (MedUni Wien/Nationales Referenzzentrum für Masern).
"Der Zeitpunkt für die Impfung wäre jetzt. Bevor uns das um die Ohren fliegt", warnte der Wiener Virologe Lukas Weseslindtner (MedUni Wien/Nationales Referenzzentrum für Masern).
Die alarmierenden Zahlen: Am Mittwoch der vorherigen Woche teilte der Fachmann während des Apotheker-Weiterbildungskongresses in Schladming mit, dass es bis zum Vortag (5. März) 219 laborbestätigte Masernfälle gab. Bis zum Dienstag dieser Woche (12. März) ist die Zahl auf 267 Fälle angewachsen, was einen Zuwachs von 48 Erkrankungen bedeutet. "Wir sind in einem Spitzen-Masernjahr", sagte der Virologe.
Im langfristigen Vergleich wirkt die Entwicklung besorgniserregend. In den Jahren 2021 und 2022 verzeichnete Österreich lediglich ,1 Masernfälle je Million Einwohner, was praktisch einer Eliminierung gleichkam. Im Jahr 2023 erhöhte sich die Zahl der hochinfektiösen Viruserkrankungen in Österreich auf 20,4 Fälle je Million Einwohner (insgesamt 186 Fälle in einem Jahr). Bis zum Dienstag dieser Woche erreichte Österreich bereits einen Wert von 23,8 Fällen je Million Einwohner.
Masern, deren ursprüngliche Wirte vermutlich Fledermäuse waren und die im Verlauf der Geschichte auf den Menschen übergegangen sind, werden von Weseslindtner als hochgradig gefährlich eingestuft. Etwa 20 Prozent der Infizierten entwickeln Komplikationen, die von Mittelohrentzündungen bis hin zu schweren Lungenentzündungen reichen können. Im Alter von Kindern und Jugendlichen erleidet einer von 1.000 bis 2.000 Erkrankten eine Masernenzephalitis, bei der in 30 Prozent der Fälle dauerhafte Schäden auftreten. Bei einer Ansteckung im ersten Lebensjahr ist das Risiko, Jahre später an der stets tödlichen subakuten sklerosierenden Panenzephalitis zu erkranken, eins zu 600.
Die Impfung wird für alle Babys ab neun Monaten dringend empfohlen. Nur mit einer zweiten Impfung (bei Kindern mit Erstimpfung im ersten Lebensjahr drei Monate später, nach erster Impfung ab dem ersten Lebensjahr in einem Abstand von nur vier Wochen) gibt es einen Schutz von mehr als 95 Prozent (98 bis 99 Prozent). Aber jeder Mensch sollte geschützt sein. Deshalb wird in ganz Österreich die Masernimpfung (MMR) derzeit kostenlos für alle Personen ohne Altersbeschränkung angeboten, betonte die Leiterin der Abteilung für das Impfwesen im Gesundheitsministerium, Maria Paulke-Korinek.
Doch die Situation bei den österreichischen Kindern ist bedenklich. "Unter den Einjährigen sind 18 Prozent, also 15.500 Kinder, völlig ungeimpft. Idealerweise sollte bereits in dieser Altersgruppe eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent bei der zweiten Teilimpfung erreicht sein", heißt es dazu im Kurzbericht Masern für das Jahr 2022 des österreichischen Gesundheitsministeriums (aktuellste vorhandene Zahlen). 32.000 Kinder im ersten Lebensjahr hätten statt den zwei empfohlenen Masernimpfungen nur eine gehabt, sagte die Expertin.
(APA/Red)