Dass so eine Wohnbauoffensive dem Ziel entgegenstehen könnte, den Bodenverbrauch drastisch zu reduzieren, wies Nehammer zurück.
Dass so eine Wohnbauoffensive dem Ziel entgegenstehen könnte, den Bodenverbrauch drastisch zu reduzieren, wies Nehammer zurück.
Mit dem über zwei Milliarden schweren Paket sollen etwa 10.000 Eigenheime und zusätzliche 10.000 Mietwohnungen entstehen, 5.000 Objekte sollen saniert und wieder auf den Markt gebracht werden. Teilweise braucht die Regierung für die geplanten Gesetze eine Zweidrittelmehrheit, Nehammer hofft dabei auf die SPÖ, habe man doch Signale vernommen, dass dort "die Bereitschaft hoch ist", die Vorhaben zu unterstützen. Einen Rückschlag in Sachen Bodenversiegelung befürchtet der Kanzler nicht: "Viele der Projekte sind schon so gewidmet, es ging vielmehr darum, dass es jetzt den Anschub gibt, dass sie auch tatsächlich gebaut werden." Nehammer gab sich überzeugt, "das wird sich ausgehen, einerseits mit dem Thema Bodenversiegelung, und vor allem aber mit dem großen Ziel, dass es leistbarer wird", weil mehr Wohnungen am Markt seien.
Die Bauoffensive war quasi als Teil eines neuen Arbeitsprogramms für die verbleibenden Monate der Koalition bis zum regulären Nationalratswahltermin im Herbst erwartet worden. Wie Nehammer erklärte, sei freilich kein Extra-Programm notwendig, vielmehr müsse das, was bereits da sei, auch umgesetzt werden. "Wir haben als Regierungsteam immer gesagt, wir haben noch viel vor, wir wollen bis zum September unsere Regierungsgeschäfte führen im Auftrag der Wählerinnen und Wähler", und Ziel sei es eben, jene Bereiche, die man schon beschlossen habe, auch "tatsächlich auf den Boden zu bringen", verwies Nehammer etwa auf den Kindergartenausbau oder die Gesundheitsreform.
Ebenso nannte der Kanzler das Thema Sicherheit. Die nach wie vor ausstehende neue Sicherheitsstrategie "ist beinahe fertig", versicherte Nehammer. "Es fehlt noch der Teil aus dem Energieministerium, das Energieministerium arbeitet daran." Wichtig sei, dass man ein "Gesamtkonzept" habe, das "stimmig" sei, "das auch realistisch ist, das umsetzbar ist".
Dass die Verurteilung von Ex-ÖVP-Chef und -Kanzler Sebastian Kurz wegen Falschaussage im U-Ausschuss der ÖVP im Wahlkampf schaden wird, glaubt Nehammer nicht: "Nein. Vor allem, es ist ja kein letztinstanzlich gesprochenes Urteil, es gibt ja eben noch einen Instanzenzug, also derzeit ist es kein rechtskräftiges Urteil."
ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker hatte sich zuletzt auf den Richter im Kurz-Prozess eingeschossen, weil dieser eine Disziplinarstrafe aus einem anderen, früheren Verfahren als Staatsanwalt nicht öffentlich gemacht hat. Zur Frage, ob es nicht dem Ansehen der Justiz schade, wenn die Kanzlerpartei einen Richter angreift, entgegnete Nehammer: "Es gibt hier eine klare Rollenverteilung zwischen dem Generalsekretär und mir. Ich als Bundeskanzler respektiere die Gewaltenteilung, und die Unabhängigkeit der Gerichte ist ein tatsächlich hohes Gut", betonte er. "Ich kommentiere daher auch selbst kein laufendes Verfahren." Stocker sei ja "nicht nur der Generalsekretär der Volkspartei, sondern auch Rechtsanwalt", meinte Nehammer, "er hat seine Einschätzung dazu gegeben, was medial berichtet worden ist, und das war aus meiner Sicht legitim".
Gefragt, ob er nach der Wahl den Kanzleranspruch stellen will, egal, auf welchem Platz die ÖVP landet, meinte Nehammer: "Wir haben im September die Wahl, dann kommt es darauf an, wie die Wählerinnen und Wähler den Auftrag verteilen." Danach könne man überhaupt erst sehen, "welche Mehrheiten sich ausgehen und daraus resultierend bilden sich dann mögliche Koalitionen", führte er aus. "Ja, ich stelle für mich den Anspruch, dieses Land weiter repräsentieren zu dürfen als Bundeskanzler, das ist mein Angebot an die Wählerinnen und Wähler, durch die Arbeitsweise, die ich als Bundeskanzler die letzten zweieinhalb Jahre bewiesen habe, für das Land." Er sei bereit, "diese Verantwortung zu übernehmen, aber den Auftrag, den müssen mir die Wählerinnen und Wähler geben". Es sei "keine Frage von Eins, Zwei oder Drei", sondern man brauche eine stabile Mehrheit im Parlament, und diese zu finden, sei eigentlich die Aufgabenstellung.
Nehammer hat jedenfalls wiederholt ausgeschlossen, FPÖ-Chef Herbert Kickl zum Kanzler zu machen. Ob die ÖVP Kickl im Fall des Falles aber zum Nationalratspräsidenten wählen würde, ließ Nehammer mit Verweis darauf, dass dies Spekulation sei, offen. Man werde sehen, wie sich der Wahlkampf und die Wahl entwickeln. Erst dann sei es seriös, darüber zu sprechen, welche Mehrheiten es gebe und wer von den derzeit handelnden Personen überhaupt noch Verantwortung in den Parteien trage. "All das ist ja noch nicht in Stein gemeißelt."
(APA/Red)