"Man hat zu sehr den Orbans Europas die Bühne überlassen. Die muss zurückgewonnen werden", so Ex-EU-Kommissar Fischler am Montag.
Die gefühlte Distanz der Bevölkerung zur EU sei größer als die objektive, dies sei auch im Inland so. Bei der Kommunikation über EU-Themen sieht der der ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler (ÖVP) bei einer Diskussion im Vorfeld der im Haus der EU in Wien "sehr viel Luft nach oben".
Ex-EU-Kommissar Fischler: Kein direkter Austausch zwischen Bürgern und Europa
Der direkte Austausch mit den Bürgern über Europa sei sehr weit in die Ferne gerückt. Man könne den Menschen nicht verübeln, dass sie nicht viel über die EU wüssten, so Fischler. Dieser Trend sei seit der EU-Osterweiterung stärker geworden. Es sei klar, dass man auf die Frauen und auf die Jungen setzen müsse, um Europa voranzubringen, so der ehemalige EU-Kommissar. Frauen könnten besser gute Kompromisse schmieden als männliche Prinzipienreiter. Und unter den Jungen sei die Zustimmung zur EU laut Eurobarometer-Umfragen doppelt so groß wie unter den Alten.
"Europa ist zur Zeit so wichtig wie noch nie"
Fischler zufolge befindet sich die Europäische Union aber in einer schwierigen Lage in Hinblick auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Diesbezüglich seien Dinge wahrgeworden, die so nie gewollt gewesen seien. "Es sollte uns klar sein, dass wir uns im Krieg befinden, und das schon seit zwei Jahren." Dieser Krieg sei näher an Wien als an Bregenz. Die großen Herausforderungen seien nur mehr international zu regeln. "Europa ist zur Zeit so wichtig wie noch nie", sagte Fischler.
Bei den Europawahlen gebe es andererseits auch "gewisse Konstruktionsmängel". Es sei schwierig zu erklären, dass die Wahlberechtigungen und Wahlordnungen in jedem EU-Staat anders seien. Wenig verständlich sei auch, dass es ein Spitzenkandidatenmodell gebe, an das sich 2019 niemand mehr erinnert habe. "Die Politik muss ihre Bürger auch ernst nehmen."
Ederer kritisiert vor EU-Wahl Regierungen
Die ehemalige EU-Staatssekretärin Brigitte Ederer (SPÖ) kritisierte, alle Regierungen hätten seit dem österreichischen EU-Beitritt die EU als Ausrede verwendet. "Man hat nicht das Gefühl, dass man Teil der Europäischen Union ist." Die offizielle Politik beleuchte fast nie die Vorteile der EU-Mitgliedschaft. Die heutige Situation sei aber auch schwieriger: Die EU-Mitgliedstaaten würden weniger an einem Strang ziehen als 1995, dem Jahr des österreichischen EU-Beitritts.
Anna Stürgkh, Listenzweite der NEOS für die Europawahl, kritisierte die Konferenz zur Zukunft Europas sei "versickert worden". Es brauche eine echte Bürgerbeteiligung. Nini Tsiklauri, Spitzenkandidatin der paneuropäischen Partei VOLT für die Europawahl, konstatierte, die Stimmung habe sich zu Lasten Europas verschlechtert. "Es muss eine europäische Bewegung geben", sagte sie.