Greenpeace ortet in der Causa "Sonnenweiher" in Grafenwörth (Bezirk Tulln) laut einer Aussendung "Versagen des Landes Niederösterreich beim Bodenschutz".
Die rechtliche Prüfung aller umweltrelevanten Unterlagen durch das Okobüro offenbare "schwammige Gesetzgebung und lasche Umsetzung". Daraus resultiere die Forderung an die Landesregierung in St. Pölten, das Raumordnungsgesetz nachzuschärfen und streng umzusetzen. Seitens des Landes wurden die Vorwürfe bestritten.
"Die rechtliche Analyse zeigt, dass das Bauprojekt trotz unzureichend argumentierter Umweltberichte und Befangenheit des Bürgermeisters und damaligen Gemeindebundpräsidenten Alfred Riedl (ÖVP, Anm.) durchgewunken wurde", teilte Greenpeace mit. Das Land Niederösterreich habe die Änderung des örtlichen Raumordnungsprogramms bewilligt, obwohl diese gegen zentrale Klima- und Bodenschutzziele der NÖ-Raumordnung verstoße.
"Lasche Gesetzgebung"
"Die derzeitige lasche Gesetzgebung ermöglicht, dass Bodenschutz schamlos für wirtschaftliche Interessen ausgehebelt werden kann." Der Fall "Sonnenweiher" zeige, wie einfach es sei, "als Bürgermeister private Profitinteressen mit abstrusen Argumenten durchzuboxen - und dann aufgrund fehlender Kontrollen damit davonzukommen", so die NGO.
Nach Kritik am Projekt habe Greenpeace gemäß Umweltinformationsgesetz alle umweltrelevanten Unterlagen zum Fall beantragt und von Ökobüro rechtlich prüfen lassen. Die Analyse zeige auf, dass ökologische Bedenken mit fadenscheinigen Argumenten vom Tisch gewischt worden seien. So sei das Areal des Bauvorhabens als "artenarm" bezeichnet worden, obwohl sich in unmittelbarer Nähe ein Europaschutzgebiet befinde. Der aus dem Grundwasser gespeiste Foliensee werde als umweltfreundlich dargestellt, "ohne Belege vorzuweisen". Konzepte, um die schlechte öffentliche Anbindung zu verbessern, seien nicht vorgelegt worden.
"In Grafenwörth gibt es kein explosives Bevölkerungswachstum, das ein Bauprojekt in dieser Größenordnung (mehr als 200 Häuser um den Foliensee, Anm.) rechtfertigen würde", erklärte Lisa Weinberger, stellvertretende Geschäftsführerin von Ökobüro. Ein Luxusprojekt für Pendler und Zweitwohnsitze als verdichtete Wohnform zu bezeichnen, die zur Verkehrsvermeidung beitrage, sei schlichtweg nicht nachvollziehbar.
Land NÖ äußerte sich
Seitens des Landes wurde festgehalten, dass die Unterlagen der Gemeinde allesamt plausibel und ausreichend begründet gewesen seien. "Das von der Gemeinde angestrengte und beschlossene Widmungsverfahren hat dem niederösterreichischen Raumordnungsgesetz nicht widersprochen, daher musste es aufsichtsbehördlich genehmigt werden", wurde in einer an den ORF Niederösterreich gerichteten Stellungnahme festgehalten.
Für Olga Voglauer, die Generalsekretärin der Grünen, zeigt die von Greenpeace in Auftrag gegebene Studie hingegen, "dass auch das Land Niederösterreich im Umgang mit unseren Böden höchst schlampig agiert". Eine Forderung erging zudem an den Gemeindebund, von dessen künftiger Führung Voglauer "eine andere Politik beim Thema Bodenschutz" und ein Ende der "Blockade bei der Bodenstrategie" erwartet.
Nach im Zusammenhang mit dem Projekt "Sonnenweiher" aufs Tapet gekommenen Grundstücksgeschäften des bisherigen Gemeindebund-Präsidenten Riedl, ÖVP-Bürgermeister von Grafenwörth, übte indes der Landesrechnungshof in einem vergangene Woche bekannt gewordenen Prüfbericht Kritik in Richtung Gemeinde. Bemängelt wurden etwa fehlende Regelungen für den Umgang mit Interessenskonflikten und mangelnde Dokumentation. Vorwürfe gegen Riedl wurden allerdings nicht erhärtet, Privatgeschäfte der Firma des Politikers waren nicht Teil der Prüfung.
Unterlagen beschäftigten Grafenwörther Gemeinderat
Besagte Unterlagen beschäftigten am Dienstagabend den Grafenwörther Gemeinderat. Riedl präsentierte laut ORF Niederösterreich eine Stellungnahme zu dem Prüfbericht, der Gemeinderat verabschiedete das Dokument mit einer Gegenstimme. Der Bürgermeister sah in dem Bericht eine "erfreuliche Bestätigung" der Arbeit in der Kommune, private Interessenskonflikte wurden neuerlich zurückgewiesen.
"Alfred Riedl ist offenbar weder in der Lage, sein Fehlverhalten zu erkennen noch den Prüfbericht des Landesrechnungshofs korrekt wiederzugeben. Dieser ist nämlich alles andere als ein Persilschein", reagierte die Landesparteivorsitzende der niederösterreichischen NEOS, Indra Collini, in einer Aussendung. Die Mehrheitspartei ÖVP gewähre Riedl in Grafenwörth "scheinbar absolute Narrenfreiheit".