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AMA-Gütesiegel: Bauern für Änderungen

8-02-2024, 05:00

Heimische Bauern plädieren für ein Qualitätsstufen-System beim AMA-Gütesiegel.

Die Landwirtschaftskammer und die Tierhaltungsverbände in Österreich haben den Vorschlag gemacht, ein neues Qualitätsstufen-System für tierische Lebensmittel einzuführen. Dieses System soll auf dem bereits existierenden AMA-Gütesiegel basieren.

AMA-Gütesiegel soll neben Herkunft auch Haltungsform und Qualität sichtbar machen

Ziel ist es, nicht nur die Herkunft der Lebensmittel, sondern auch die Haltungsform und Qualität für Verbraucher sichtbar zu machen. Laut Josef Moosbrugger, dem Präsidenten der Landwirtschaftskammer Österreich, sind in den letzten Jahren zahlreiche private Tierwohlsiegel von Supermarktketten und Lebensmittelproduzenten eingeführt worden.

Das Ziel besteht darin, den Verbraucherinnen und Verbrauchern eine verbesserte Auswahlmöglichkeit zu bieten, sie für den Tierschutz zu gewinnen und eine verbesserte Lebensgrundlage für österreichische Landwirte zu schaffen, erklärte Moosbrugger. Obwohl der Präsident der Landwirtschaftskammer darauf hinwies, dass es noch kein konkretes Konzept gibt.

Vorschlag für 5-Stufen-System bei AMA-Gütesiegel

Die landwirtschaftlichen Branchenvertreter wünschen sich von der AMA-Marketing ein "gut durchdachtes, zertifiziertes und unabhängig kontrolliertes System von Qualitätsstufen für tierische Produkte". Wichtig sei auch die Verständlichkeit für Konsumentinnen und Konsumenten. Die Einordnung der Tierhaltung soll in einem 5-Stufen-System vom gesetzlichen Mindeststandard bis Bio erfolgen. Auch die Tierfütterung, Gentechnikfreiheit und Biodiversität-Maßnahmen soll im Rahmen des Qualitätsstufen-Systems berücksichtigt werden.

AMA-Marketing-Chefin Christina Mutenthaler-Sipek begrüßt die Vorschläge der Landwirtschaftskammer und Tierhaltungsverbände. Man werde bald mit der Landwirtschaft, Lebensmittelproduzenten, Supermarktketten und NGOs das Gespräch suchen und gemeinsam bis zum Sommer einen gemeinsamen Vorschlag erarbeiten, sagte Mutenthaler-Sipek zur APA. "Nur nachhaltige Branchenlösungen bieten Kosteneffizienz für alle Beteiligten und schaffen ein einfaches praxisrelevantes System für Betriebe und Konsumentinnen und Konsumenten." Auch das Sozialministerium begrüßte in einer Aussendung den Vorstoß der Landwirtschaft. Als positives Beispiel führte die AMA-Marketing-Chefin Deutschland an. Dort gibt es eine freiwillige Haltungsformkennzeichnung, die unter anderem dabei hilft, verschiedene Tierwohlsiegel in eine Range einzuordnen und zu klassifizieren.

In Österreich hatten im Vorjahr von den 4,3 Millionen geschlachteten Schweinen rund 2 Millionen das behördlich anerkannte AMA-Gütesiegel. Von hierzulande 13,7 Mio. Hendlmast-Mastplätzen entfielen 2023 rund 12 Millionen auf das AMA-Gütesiegelprogramm. Bei Rind-Frischfleisch belief sich der Anteil auf 43 Prozent. Fleisch dürfe nur dann ein rot-weiß-rotes AMA-Zeichen tragen, wenn die Tiere in Österreich geboren, gemästet, geschlachtet und zerlegt wurden, heißt es von der AMA-Marketing. Diese umfassende Herkunftsregelung gelte auch für Milch und Milchprodukte wie Käse oder Joghurt.

Kritik von Umwelt- und Tierschützern an AMA-Gütesiegel

Umwelt- und Tierschützer haben in der Vergangenheit beim AMA-Gütesiegel vor allem das Thema Fütterung und Tierschutz kritisiert. "Aus Übersee importiertes gentechnisch verändertes Futtermittel ist in der Schweine- und Rindermast zulässig und wird auch häufig verwendet", schreibt Greenpeace in ihrem Gütesiegel-Guide. "Tierschutzstandards gehen bei den Basisanforderungen nur selten wesentlich über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. Es gibt allerdings freiwillige Zusatzmodule", so die Umweltschützer zum AMA-Gütesiegel. Das AMA Bio-Siegel stuft Greenpeace hingegen als "sehr vertrauenswürdig" ein.

Im Jahr 2022 haben skandalöse Zustände in einem steirischen Hühnermastbetrieb sowie Missstände in einem Schweinemastbetrieb in Kärnten und Niederösterreich für Aufsehen gesorgt. Die AMA-Marketing sperrte daraufhin die Betriebe für ihr Gütesiegel und sprach von "punktuellem Fehlverhalten". Tierschützer und Rewe Österreich (u.a. Billa, Penny) forderten strengere AMA-Kontrollen. Die AMA-Marketing erhöhte die Zahl der jährlichen Kontrollen. Seit langem kritisieren Tierschützer in Österreich auch die Haltung von Schweinen auf Spalten-Betonböden ohne Einstreu. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat zu Jahresbeginn die bis 2040 dauernde Übergangsfrist beim Verbot von Vollspaltenböden in der Schweinehaltung aufgehoben. Dem Gesetzgeber wurde bis Juni 2025 Zeit gegeben, die Regelung zu reparieren. Die Landwirtschaftskammer will bald einen eigenen Vorschlag auf den Tisch legen.

Die Landwirtschaft fordert seit langem eine kostendeckende Abgeltung der höheren Produktionsstandards. "Wenn es unsere Handelspartner und qualitätsbewussten Gruppen in der Gesellschaft wirklich ernst meinen mit mehr Tierwohl, braucht es einen konkreten Plan mit klaren Zukunftsperspektiven für unsere tierhaltenden Betriebe", so Landwirtschaftskammer-Österreich-Chef Moosbrugger. Investitionen in Tierwohl-Ställe müssten über mehrere Jahre bis Jahrzehnte abbezahlt werden. "Hingegen ständig die nationalen Produktionsstandards ohne Begleitmaßnahmen erhöhen zu wollen führt lediglich zu einem unfairen Wettbewerb, schließenden Bauernhöfen und Billigimporten jener Standards, die dann in Österreich verboten sind", warnte der Bauernvertreter.

(APA/Red)

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