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Niederösterreich: Deutlicher Anstieg bei häuslicher Gewalt

6-02-2024, 14:57

In Niederösterreich wurden 2023 2.785 Betretungs- und Annäherungsverbote ausgesprochen. Laut Landespolizeidirektor Franz Popp liegen bei der Gewalt in der Privatsphäre ein Plus von knapp acht Prozent gegenüber 2022 und "eine kontinuierliche Entwicklung nach oben" vor.

Hervorgestrichen wurde bei einer Pressekonferenz gemeinsam mit dem Gewaltschutzzentrum NÖ und dem Verein Neustart die Bedeutung der Sensibilisierungsarbeit.

2023: Polizei in NÖ war 18.300 Stunden mit Gewalt in Privatsphäre beschäftigt

Seitens der Polizei wurden im Vorjahr im Zusammenhang mit Gewalt in der Privatsphäre mehr als 18.300 dokumentierte Stunden aufgewendet. Nach dem ersten Einschreiten folgen in vielen Fällen - grundsätzlich auf freiwilliger Basis - Opferkontakt- und Gefährdergespräche. Beides sei "sehr zeitintensiv", sagte Popp am Dienstag in St. Pölten. Im Bundesland stehen dafür 215 besonders geschulte Beamte zur Verfügung, weitere 25 sollen ab Oktober ausgebildet werden. "Stark intensiviert" worden seien die sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen, 68 davon wurden 2023 abgehalten.

Aufs Jahr verteilt gab es zuletzt im Mai mit 292 Betretungs- und Annäherungsverboten eine Spitze, zuvor lag der Peak ebenfalls stets rund um die warme Jahreszeit. Eine Erklärung dafür gibt es Popp zufolge nicht, mutmaßlich sei dieses Faktum dem Beginn "diverser Festivitäten" und damit einhergehendem vermehrten Alkoholkonsum geschuldet.

Potenziell tödlich: "Größere Gewalt lauert in den eigenen vier Wänden"

Das Gewaltschutzzentrum Niederösterreich betreute 2023 exakt 4.056 Personen (2022: 3.780), etwa drei Viertel davon waren weiblich. Geschäftsführerin Michaela Egger skizzierte häusliche Gewalt als "gesamtgesellschaftliches Phänomen", es gehe um "die Unterbrechung der Gewaltspirale" zwischen den Akteuren. Weltweite Unsicherheiten tragen Egger zufolge dazu bei, dass es auch "in der kleinen Einheit Familie" zu Stress komme. Die Vorfälle in Beziehungsverhältnissen würden dabei oftmals an Häufigkeit und Schwere zunehmen: "Und wir wissen auch, häusliche Gewalt kann tödlich enden."

Als "große Herausforderung" wurde von Egger das Stalking im Online-Bereich bezeichnet. Hier gebe es "ordentlichen Schulungsbedarf", weil "diese Gewaltform neu ist" und "die Gefährder uns meistens einen halben Schritt voraus sind".

Alexander Grohs, Leiter von Neustart Niederösterreich und Burgenland, charakterisierte Österreich als sicheres Land mit einer Problematik hinsichtlich häuslicher Gewalt. "Die größere Gefahr lauert nicht auf der Straße, sondern zumeist in den eigenen vier Wänden." Auch bei Neustart, der Beratungsstelle für Gewaltprävention, gibt es eine klare Geschlechterverteilung. Von den 2.543 im vergangenen Jahr zugewiesenen Personen waren 90 Prozent männlich. Positiv zu vermerken sei, dass sich 71 Prozent der Gefährder binnen fünf Tagen nach Ausspruch eines Betretungs- und Annäherungsverbots melden und einen Ersttermin vereinbaren. Mit Nachmeldungen steige dieser Wert auf 85 Prozent. "Die wenigsten Gewalttäter wollen Gewalttäter sein", ein Hemmschuh seien aber noch immer vorkommende patriarchale Strukturen und Haltungen.

Hilfe für Opfer häuslicher Gewalt

In Österreich finden Frauen, die Gewalt erleben, u. a. Hilfe und Informationen bei der Frauen-Helpline unter: 0800-222-555, www.frauenhelpline.at; beim Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) unter www.aoef.at; der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie/Gewaltschutzzentrum Wien: www.interventionsstelle-wien.at und beim 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien: 01-71719 sowie beim Frauenhaus-Notruf unter 057722 und den Österreichischen Gewaltschutzzentren: 0800/700-217; Polizei-Notruf: 133

(APA/Red.)

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