Am 1. Februar feiert der Baumagnat Hans Peter Haselsteiner seinen 80. Geburtstag.
Der Co-Eigentümer und Ex-Chef des Bauriesen Strabag (1998-2013) ist nach wie vor als Investor umtriebig - er ist auch maßgeblich an der insolventen Signa beteiligt. Da muss er nun Federn lassen. Der wohlhabende Tiroler, den es privat an den Millstätter See gezogen hat, wird das verkraften. Als "Tausendfüßler" ist er in Wirtschaft, Kultur, Gesellschaft und Politik engagiert.
Haselsteiner ist als "Tausendfüßler" engagiert
Diese Bezeichnung wählte der Industrielle selbst gerne als Beschreibung für den Strabag-Konzern, denn dieser sei breit aufgestellt und dadurch konjunkturell etwas weniger verwundbar: wenn es in einem Bereich schlecht läuft, läuft es in einem anderen gut.
Ungut läuft es für den Wahlkärntner mit Tiroler Wurzeln aktuell bei dessen finanziellem Großengagement beim Immobilienkonzern Signa des heimischen Investors René Benko. Die Firmenpleite sei für ihn "eine bittere Niederlage aus unternehmerischer Sicht", wie Haselsteiner erst kürzlich in einer Nachrichtensendung im ORF-Fernsehen einräumte. "Wie konnte mir das passieren?", fragte er sich retrospektiv. Als Gesellschafter gehören ihm 15 Prozent der Signa Holding und 9 Prozent des Immobilienentwicklers Signa Development. Im Zuge der derzeit laufenden Insolvenz ist er bereit, weitere 25 Mio. Euro zur Verfügung zu stellen. Als Verlierer der Pleite sieht er in erster Linie die Investoren, und damit auch sich selbst, sowie einige große institutionelle Kreditgeber, die nun alle "Federn lassen müssen". Das Ausmaß für ihn selbst will er nicht beziffern.
Baulöwe Haselsteiner wurde 1944 geboren
Unternehmerische Abenteuerlust zeigte der am 1. Februar 1944 geborene Tiroler auch bei seinem Einstieg in die Westbahn, die 2011 gegründet wurde und auf der lukrativen Strecke Wien - Salzburg als mehrheitlich private Konkurrenz gegen die etablierten Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) antrat. Gewinn stand dabei jahrelang nicht im Fokus. Der private Zuganbieter, an dem die Haselsteiner Familien-Privatstiftung als Großaktionärin 49,9 Prozent der Anteile erwarb, fuhr erst 2021 aus den roten Zahlen, als das österreichische "Klimaticket" die Basisauslastung deutlich zu erhöhen begann.
Der promovierte Handelswissenschafter beteiligte sich aber auch an einer ganzen Reihe weiterer Unternehmen, etwa an der Immobilienfirma conwert, die inzwischen dem größten deutschen Wohnungskonzern Vonovia gehört. Doch nicht nur in der Bau- und Immobilienbranche mischte Haselsteiner mit. 2009, ein Jahr nach den Anfängen der weltweiten Finanzkrise, übernahm er mit Partnern die finanziell angeschlagene Semper Constantia Privatbank, die dann 2018 zur Gänze an die Liechtensteinische Landesbank weiterverkauft wurde.
Vor einigen Jahren sicherte sich der Bauindustrielle die Mehrheit am Betreiber des Energiewechsel-Start-ups Energy Hero, das zur Firma Blue Minds des früheren Bundeskanzlers und Ex-SPÖ-Chefs Christian Kern. Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) stieg ebenfalls in das Unternehmen ein. Auch bei der Signa kreuzten sich die Wege von Haselsteiner und Gusenbauer wieder. Letzterer ist dort Aufsichtsratschef.
Sich zur Ruhe kam für Haselsteiner noch nie in Frage
Sich zur Ruhe setzen kam für den charismatischen Bau-Tycoon Haselsteiner noch nie in Frage. So absolvierte er auch einen Ausritt in die Politik. Von 1994 bis 1998 war er für das Liberale Forum (LIF) selbst Abgeordneter zum Nationalrat. 2008 startete er als Berater der SPÖ Kärnten für die Bereiche "Arbeit, Einkommen, Wirtschaft und Tourismus" ein weiteres Polit-Engagement. Der liberale Unternehmer hat auch politische Bewegungen gesponsert, die seine Gesinnung widerspiegeln - Nutznießer sind bisher die NEOS und das Liberale Forum (LIF) gewesen, die Haselsteiner - neben seinem persönlichen Einsatz - bereits mit millionenschweren Geldspenden aus seiner Kassa unterstützt hat. Für die NEOS saß Haselsteiner auch im ORF-Stiftungsrat.
Ein besonderes Anliegen ist dem in allen Gesellschaftsbereichen bestens vernetzten Baulöwen und Freimaurer dessen soziales Engagement bei der vom Jesuitenpater Georg Sporschill gegründeten Hilfsorganisation Concordia, für die er sich seit 2004 - zunächst als Beiratsmitglied, später als Stiftungsvorsitzender - einsetzt. Die Organisation betreut Tausende bedürftige Kinder und alte Menschen in der Republik Moldau, in Rumänien, Bulgarien und auch Österreich. Die Strabag, an der die Haselsteiner Familienstiftung als eine von drei Großaktionären beteiligt ist und an deren Konzernspitze seit 1. Jänner 2023 Haselsteiners Sohn Klemens sitzt, ist laut Concordia einer der beständigsten Wegbegleiter seit Gründung.
Von der Haselsteiner Familienstiftung ging bisher rund die Hälfte der Ausschüttung an kulturelle und soziale Zwecke, der andere Teil an die Begünstigten. Der bald 80-jährige Haselsteiner hat drei eheliche Söhne - Johannes, Sebastian und Klemens - sowie (seit 2002) Nachzügler Simon. Sein sehnlicher Wunsch nach einer Tochter blieb unerfüllt. Der Weinkenner mit Zweitwohnsitz in Bozen gilt als einer der reichsten Menschen Österreichs.
Rolle Haselsteiners als Kunstmäzen
Neben den Polit-Ambitionen und dem humanitären Engagement ist auch die Rolle Haselsteiners als Kunstmäzen evident. Kulturell verdingte sich der Bauunternehmer und Investor 2014 als Retter der privaten Kunstsammlung Essl in Klosterneuburg, die infolge der Zerschlagung der finanziell in Not geratenen Fachmarktkette bauMax (der Familie Essl) zum Verkauf stand. Die Republik hatte den Ankauf der Werke abgelehnt. Haselsteiner übernahm einen Anteil von 60 Prozent an der rund 4.600 Werke umfassenden Sammlung, was ihm damals dem Vernehmen nach mehr als 100 Mio. Euro wert war. Er stellt die Werke zeitgenössischer Malerei und Grafik der Albertina 27 Jahre lang als Dauerleihgabe zur Verfügung. Gezeigt wird die Sammlung im Wiener Künstlerhaus, das er um rund 40 Mio. Euro renovieren ließ und im Mai 2020 als "Albertina modern" seine Tore für das Publikum öffnete. Heuer im April wird auch das Essl Museum in Klosterneuburg (Bezirk Tulln) als Schaudepot und dritter Standort der Albertina wiedereröffnen.
In der Strabag selbst förderte Haselsteiner das firmeneigene Kunstforum inklusive Sammlung und Art Award. Das Kunstforum, das er Anfang der Neunzigerjahre gegründet hat, umfasst über 2.500 Werke zeitgenössischer Malerei und Grafik. 2004 entstand im Strabag-Haus in Wien die öffentlich zugängliche Privatsammlung Gironcoli-Kristall als Dauerpräsentation der Kunst- und Eventlocation. Die Skulpturen und Papierarbeiten des Kärntner Künstlers Bruno Gironcoli (1936-2010) bilden einen der Sammlungsschwerpunkte der Strabag Artcollection.
Haselsteiner ist Hauptsponsor und Präsident der Tiroler Festspiele Erl
Haselsteiner ist des Weiteren Hauptsponsor und Präsident der Tiroler Festspiele Erl (Bezirk Kufstein). In Erl finanzierte er mit 20 Mio. Euro gut die Hälfte des neuen Festspielhauses, das 2012 eröffnet wurde. Die Signa-Pleite soll keinerlei Folgen für Erl nach sich ziehen - Signa-Gründer Benko war ebenfalls ein Sponsor der Festspiele. Den Verlust des Festivals deckt dort Haselsteiner.
Der rührige Unternehmer wurde in Wörgl als Sohn einer Lehrerin geboren und studierte später an der Wirtschaftsuniversität Wien. Über seine Tätigkeit als Steuerberater kam er 1972 mit der Oberkärntner Baufirma Isola & Lerchbaumer (Ilbau AG) in Berührung. Der Tiroler heiratete die Tochter des Hauses, Ulrike, und übernahm nach dem Tod des Schwiegervaters die Firmenleitung. Im Laufe von drei Jahrzehnten baute der Wirtschaftstreibende, der sich privat auch für Heliskiing begeisterte, das mittelständische Unternehmen mit Sitz in Spittal an der Drau in einen der größten europäischen Baukonzerne um, der 2022 eine Bauleistung von fast 18 Mrd. Euro und unterm Strich einen Gewinn von knapp 473 Mio. Euro auswies.
Im Oktober 2007 hatte Haselsteiner den Baukonzern als Strabag SE ein zweites Mal an die Wiener Börse gebracht, nachdem die Bauholding-Strabag dem Börsenparkett erst wenige Jahre davor (2003) überraschend den Rücken gekehrt hatte. Als Begründung für den Abschied hatte es geheißen, die Börsennotiz (seit 1990) habe sich "nicht als taugliches Instrument für die Aufbringung von Eigenkapital erwiesen", zum anderen seien Akquisitionen ohne der Notierung leichter und schneller zu bewerkstelligen. Der Handel mit Strabag-Aktien war wegen des geringen Streubesitzanteils von damals nicht einmal 9 Prozent recht gebremst, die Liquidität also schlecht. Doch auch nach dem zweiten Anzapfen der Börse ist der Streubesitz mit heute 11,7 Prozent immer noch sehr klein. Den milliardenschweren Konzern dominieren einige wenige Eigentümer: Der Haselsteiner-Familie gehören laut Firmenhomepage 28,3 Prozent, dem im April 2007 hereingenommenen russischen Milliardär Oleg Deripaska (über dessen Rasperia Trading) derzeit noch 27,8 Prozent und den Gesellschaften UNIQA/Raiffeisen 29,5 Prozent der Unternehmensanteile.
Trotz des kurz zuvor erfolgten Einstiegs des einflussreichen Russen, der zum inneren Zirkel um Wladimir Putin gehören soll, ging die beim zweiten IPO (Initial Public Offering) an der Börse lancierte Investmentstory mit Russland als einem potenziellen dritten Strabag-Hauptmarkt (neben Deutschland und Österreich) nie auf. Die erhoffte Dimension an Bauaufträgen bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi blieb ebenfalls aus und wurde von 1 Mrd. auf 500 Mio. Euro zusammengestutzt. Bereits 2016 erzielte die Strabag in dem Land nicht einmal mehr 1 Prozent der konzernweiten Bauleistung. Finanzkrise, Ukraine-Konflikt, westliche Handelssanktionen und der Rohölpreisverfall hatten das Ihrige dazu beigetragen. Gegen drei russische Firmen Deripaskas waren schon damals, nach der Übernahme der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland, wegen seiner Nähe zum Kreml Sanktionen verhängt worden.
Das Verhältnis der Strabag zu Deripaska, der sich seinen Konzerneinstieg rund 1,2 Mrd. Euro hatte kosten lassen, ist seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine vor knapp zwei Jahren und den darauf folgenden westlichen Sanktionen erneut belastet, seine Dividenden sind eingefroren. Deripaska steht auf der Sanktionsliste der EU. Im Dezember 2023 kündigte er an, seinen Strabag-Anteil zu veräußern. Offiziell ist der Deal noch nicht über die Bühne und er somit immer noch Kernaktionär des größten österreichischen Baukonzerns - an der Seite der Familie Haselsteiner.