Die Experten Franz Essl (Universität Wien), Reinhard Steurer (BOKU) und Günther Emberger (TU Wien) haben Bedenken hinsichtlich der geplanten Ostumfahrung von Wiener Neustadt geäußert.
Die Initiative "Vernunft statt Ostumfahrung" informierte in einer Pressemitteilung während einer Pressekonferenz am Samstag in der Fischa-Au bei Lichtenwörth darüber und forderte die Politik auf, das Projekt zu stoppen. Am Freitag wurde bekannt gegeben, dass der Baubeginn für den Herbst 2024 geplant ist.
Experten: Ostumfahrung in Wiener Neustadt "aus der Zeit gefallenes Projekt"
"Der Neubau hochrangiger Straßen ist in Zeiten der Klimakrise ein nicht mehr zeitgemäßes Erbe des fossilen Zeitalters. Dies gilt ganz besonders für Wiener Neustadt, der Hauptstadt des Flächenverbrauchs durch Versiegelung in Österreich", sagte Franz Essl, Biodiversitätsforscher der Uni Wien und Wissenschafter des Jahres 2022. "Statt Naturzerstörung und Schaffung neuer Verkehrslawinen durch die Ostumfahrung" brauche es dringend ein anderes Verkehrskonzept für die Statutarstadt.
Für Reinhard Steurer, Klimapolitikexperte der Universität für Bodenkultur, ist die Ostumfahrung ein "aus der Zeit gefallenes Projekt", das für noch mehr Verkehr sorgen würde: "Entweder wir schaffen in ganz Österreich eine Verkehrswende, die beim Bau von Infrastruktur beginnt, oder wir eskalieren die Klimakrise immer weiter in eine globale Katastrophe."
Förderung von öffentlichem Verkehr gefordert
Günter Emberger, Professor und Leiter des Forschungsbereichs Verkehrsplanung und -technik der Technischen Universität Wien, betonte: "Der Klimawandel ist zweifellos die größte Herausforderung unserer Zivilisation. Um diese globale Bedrohung zu bewältigen, müssen wir unsere Mobilität drastisch überdenken und unsere Abhängigkeit vom Autoverkehr verringern. Dazu ist die Einführung von Kostenwahrheit im Verkehr bei gleichzeitiger Förderung von Zu-Fuß-Gehen, Radfahren und öffentlichem Verkehr notwendig." Emberger erklärte weiters: "Verantwortungsbewusste Politiker haben die Aufgabe, diese notwendigen Verhaltensänderungen der Bevölkerung zu erklären, und dürfen nur noch jene Maßnahmen umsetzen, die diese Verhaltensänderungen unterstützen."
Das Pressegespräch fand den Angaben zufolge auf dem Acker eines Biobauers statt, der für den Bau der Straße enteignet werden soll. Als Zeichen des Protests wurde vergangenen Dezember ein Baumhaus errichtet. In Bezug auf die aktuelle Besetzung erklärte Irene Nemeth von "Vernunft statt Ostumfahrung", die Initiative weise bereits seit fast vier Jahren "auf die Fakten hin, die von renommierten Wissenschaftlern untermauert werden".
Ostumfahrung Wiener Neustadt soll bis 2027 gebaut werden
Die rund 4,8 Kilometer lange B17 Ostumfahrung Wiener Neustadt soll nach ihrer geplanten Fertigstellung im Juni 2027 an die B60 anschließen und in Richtung Süden bis zur B53 beim Anschluss zur Mattersburger Schnellstraße (S4) führen. Nach Angaben des Landes soll der Straßenring den Stadtverkehr in den Projektgemeinden entlasten, die Erreichbarkeit des neuen Landesklinikums verbessern und den Ausbau der sanften Mobilität in der Innenstadt von Wiener Neustadt ermöglichen. All das geschehe "unter Wahrung modernster Natur- und Umweltschutzstandards", wurde am Freitag anlässlich der Bekanntgabe des geplanten Baubeginns festgehalten.
"Der Ringschluss ist eine der meistgeprüften Infrastrukturmaßnahmen in Niederösterreich und hat in allen Instanzen einen positiven Bescheid erhalten", erklärte der für Verkehr zuständige Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) in einer Aussendung. Die Umweltverträglichkeit sei "klar festgestellt worden".