Jack Unterweger, welcher wegen neunfachen Mordes schuldig gesprochen worden war, war ein begnadeter Manipulator. Nun ist ein neues Buch über ihn erschienen.
Er schaffte es etwa, große Teile der heimischen Kulturszene als Fürsprecher zu gewinnen. Vor dem 40. Jahrestag des Suizids des "Häfenliteraten" erscheint nach "Mordsmann" vom Ex-Chefermittler Ernst Geiger ein zweites Buch: "AustrianPsycho". Autor Malte Herwig versucht, auf rund 120 knappen Seiten aufzubereiten, wie Unterweger Frauen, Journalisten und Intellektuelle täuschte.
Stilistisch ist der Band mit dem reißerischen Titel so aufbereitet, als würde ein nicht genannt werden wollender Schreiber im Auftrag des deutschen Journalisten, Schriftstellers und Literaturkritikers Herwig seine Erinnerungen an Unterweger, im Buch fast immer nur als Jack angeführt, verfassen. "Ein zwiespältiger Text, der sich wie ein Kolportageroman liest und dann wieder wie eine Reportage. Die Sprache ist voller Klischees, aber hier und da erstaunlich präzise", schreibt Herwig selbst im Nachwort über das Werk seines angeblichen Kollegen.
Besonders in die Tiefe geht "Austria Psycho" nicht, auch fehlen die erschütternden Details zu den Taten, wie sie Geiger schonungslos präsentiert. Die Schicksale all jener, denen Unterweger Leid angetan hat, sind hier nicht das Thema. "Die Opfer? Auch wenn es mir um jedes Menschenleben leidtut, muss ich gestehen, dass sie für mich nicht darstellbar sind", sinniert der "anonyme Autor", so wie wohl seinerzeit viele, die von Unterweger fasziniert waren, gedacht haben. Der Text stellt die Vorgangsweise Unterwegers in den Mittelpunkt, Leute für sich zu gewinnen: "Jack hat uns die Geschichte erzählt, die wir hören wollten. Er hat gespürt, welche Wirkung Worte haben können", heißt es da an einer Stelle.
Der Erzähler spart nicht mit Sarkasmus, wenn er die "Karriere" Unterwegs nachzeichnet: "Jack hat kapiert, wie der Literaturbetrieb funktioniert: schreiben und hochgelobt werden. Hauptsache, du trittst selbstbewusst auf und hast die richtigen Fürsprecher." Trocken hält er fest: "Niemand hat gefragt" - weder die Ungereimtheiten in Unterwegers Darstellungen und Aussagen betreffend, noch seine Werke. Elfriede Jelinek wird wörtlich zitiert zum berühmten Roman "Fegefeuer" (der "viele Schriftstellerinnen, auch mich, dazu bewogen hat, sie für ihn einzusetzen"): Sie sei sich sicher, dass ihn Unterweger "nicht selbst geschrieben hat, beziehungsweise allein".
Es verwundert, wie ungeniert Unterweger ab- bzw. umschrieb oder Texte anderer als seine eigenen ausgab - und damit lange durchkam. Oder selbst Vertreter von Recht und Ordnung, wie den FPÖ-Justizminister Harald Ofner dazu brachte, ihn zu preisen. Als Begleitlektüre zur Geigers "Mordsmann" rundet "Austrian Psycho" das Gesamtbild populär aufbereitet ab. Eine fundierte Analyse oder gar ein lückenloses Gesamtbild darf man nicht erwarten. "Und wie jedes Heldenepos braucht natürlich auch dieses eine Liebesgeschichte", heißt es im Buch. Dazu sei festgehalten: Unterweger als Held zu verklären, ist überhaupt nicht angebracht!
(Von Wolfgang Hauptmann/APA)