Die Staatsanwaltschaft Linz beantragte die Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum, da der Mann laut Gutachten wegen einer psychischen Erkrankung nicht zurechnungsfähig, aber gefährlich sei.
Die Staatsanwaltschaft Linz beantragte die Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum, da der Mann laut Gutachten wegen einer psychischen Erkrankung nicht zurechnungsfähig, aber gefährlich sei.
"Am 9. Jänner 2023 hatten einige Personen im Umland von Linz großes Glück", begann der Staatsanwalt seinen Anklagevortrag und relativierte: "Glück im Unglück, dass es keine Toten gegeben hat", denn durch den Amoklauf wurden mehrere Menschen teils lebensbedrohlich verletzt. Wäre der Iraker zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig gewesen, müsste er sich wegen versuchten Mordes in drei Fällen, gefährlicher Drohung, versuchten und vollendeten schweren Raubs sowie wegen des Vergehens nach dem Waffengesetz verantworten.
Am Tattag wollte die getrennt lebende Frau des Mannes, gegen den schon mehrere Betretungsverbote ausgesprochen worden waren, zur Polizei gehen, um ihn nach einem neuerlichen Vorfall anzuzeigen. Als sie und ihre Tochter die Wohnung verlassen wollten, stand er plötzlich vor der Tür. Er soll das elfjährige Mädchen mit einem Messer bedroht und der Frau damit drei schwere Stichwunden zugefügt haben. Dann habe er versucht, sie mit einem selbst gebastelten Strangulationswerkzeug zu erwürgen, schilderte der Staatsanwalt. "Es wäre ihr auch gelungen, wenn die Tochter nicht so beherzt eingegriffen hätte." Dem Mädchen gelang es, mit der Hand zwischen den Hals der Mutter und die Schnur zu kommen und rettete der Frau so vermutlich das Leben. Der Angreifer flüchtete daraufhin.
Nach der Attacke am frühen Morgen machte sich der Iraker auf den Weg zu einem Kollegen seiner Frau, den er als Nebenbuhler ansah, und drohte ihm mit dem Umbringen. Im Umland von Linz waren zu diesem Zeitpunkt bereits zahlreiche Polizisten in schwerer Schutzausrüstung positioniert. An der Stadtgrenze zu Leonding soll der 42-Jährige auf einen Kontrollposten zugerast sein. Eine Polizistin wurde schwer, ihr Kollege lebensgefährlich verletzt. Dem bewusstlosen Beamten habe der Mann dann sein Sturmgewehr abgenommen, schilderte der Staatsanwalt, wie sich die Situation weiter zuspitzte.
Mit der Polizeiwaffe soll der Mann einem anderen Verkehrsteilnehmer das Auto geraubt haben. Dies gelang erst beim vierten Versuch, denn eine Lenkerin weigerte sich, zwei weitere Autos konnte der Iraker nicht starten, mit dem vierten setzte er seine Flucht fort - allerdings nur wenige hundert Meter. Dann baute er einen Unfall. Er habe dann neuerlich versucht, ein Auto zu rauben. Als sich der Lenker weigerte, habe er das Sturmgewehr repetiert, dank einer Ladehemmung habe er aber keinen Schuss abgeben können, so der Staatsanwalt. Da mittlerweile ein Großaufgebot an Einsatzkräften um den neuen Tatort Aufstellung genommen hatte, gelang es aber schließlich, ihn festzunehmen.
Der Betroffene war nur in wenigen Punkten geständig. Er habe seine Frau von ihren Scheidungsplänen abbringen wollen und drei Messer mitgehabt - eines um sich selbst zu töten und zwei zur Verteidigung, falls in der Wohnung ein Mann gewesen wäre, gegen den er sich hätte verteidigen müssen. Er habe die Frau nicht umbringen wollen, beteuerte er, gab aber zu, sie mit dem Messer attackiert zu haben. Er bestritt auch, seiner Stieftochter das Messer an den Hals gehalten - "es ist unmöglich, dass ich so etwas mache" - und seine Frau gewürgt zu haben. Auf die Polizisten sei er zugefahren, weil er gedacht habe: "Sie erschießen mich", auch das Sturmgewehr habe er nur genommen, um sich selbst das Leben zu nehmen, behauptete er. Außerdem habe er vor der Tat getrunken. Immer wieder sagte er: "Ich bin psychisch krank" und verwies auf Erinnerungslücken.
Seine Noch-Ehefrau war im Vorfeld kontradiktorisch einvernommen worden. Ihre Aussagen wurden via Video vorgespielt, um ihr ein Erscheinen vor Gericht zu ersparen. Sie schilderte ihn als sehr eifersüchtig. Er sei auch immer wieder beleidigend, teils auch gewalttätig gewesen, sie war deswegen in Kontakt mit dem Gewaltschutzzentrum. Nach der Trennung sei er immer wieder in ihrer Nähe aufgetaucht, habe sich etwa auf dem Dachboden versteckt und sei im Stiegenhaus plötzlich hinter ihr gestanden, und er habe sie auch "non-stop" mit wechselnden Telefonnummern angerufen.
Am Tattag wollte sie mit ihrer Tochter zur Polizei gehen und ihn anzeigen, weil er sie nicht in Ruhe ließ. An die Tat selbst könne sie sich nur bruchstückhaft erinnern. Sie wisse aber noch, dass er sie mit dem Messer gestochen und danach auf einem Bett gewürgt habe. Ihre Tochter habe "irgendwas gemacht und ich war wieder frei". Am Bett sei das Messer gelegen, das sie außer Reichweite geworfen habe, und ein Handy, mit dem sie den Notruf wählte. Daraufhin sei ihr Mann geflüchtet.
Der Prozess ist wegen vieler Gutachten für zwei weitere Tage anberaumt. Er wird am 30. Jänner und 1. Februar fortgesetzt.
(APA/Red)