Das Ziel, die Zahl der Schüler in der ersten Schulstufe mit begrenzten Deutschkenntnissen zu senken ist klar verfehlt worden, das zeigt eine Anfragebenatwortung des Bildungsministers.
In einem Abkommen, das als "15a-Vereinbarung" zwischen dem Bund und den Ländern für den Zeitraum von 2018 bis 2022 abgeschlossen wurde, wurde das Ziel festgelegt, die Anzahl der außerordentlichen Schüler in der ersten Schulstufe um 20 Prozent zu reduzieren, indem die Sprachförderung in Kindergärten ausgebaut wird. Die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der NEOS durch Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) zeigt jedoch, dass dieses Ziel deutlich verfehlt wurde. Im Gegenteil: Die Anzahl der außerordentlichen Schüler ist sogar um knapp 20 Prozent gestiegen.
17 Prozent mehr Schüler können nicht ausreichend Deutsch
Außerordentliche Schülerinnen und Schüler sind solche, die aufgrund ihrer begrenzten Deutschkenntnisse nicht in der Lage sind, dem Unterricht angemessen zu folgen. Zwischen dem Schuljahr 2018/19 und dem Schuljahr 2021/22 stieg ihre Anzahl in der ersten Schulstufe in ganz Österreich von 14.292 auf 16.740 an, was einem Zuwachs von 17 Prozent entspricht. Die Entwicklung variierte je nach Bundesland. Besonders starke Zunahmen wurden im Burgenland (plus 140 Prozent) und in Tirol (plus 105 Prozent) verzeichnet. Nur Oberösterreich konnte tatsächlich einen Rückgang verzeichnen (minus sechs Prozent). Wien, das Bundesland mit der höchsten Anzahl an außerordentlichen Schülern, lag genau im österreichischen Durchschnitt (plus 17 Prozent).
In der Anfragebeantwortung werden zwei Hauptgründe für den Anstieg genannt: die Covid-19-Pandemie und die Zuwanderung. Während der Corona-Zeit wurde das verpflichtende Kindergartenjahr ausgesetzt, wodurch die Kinder seltener von den Förderangeboten profitieren konnten. Zusätzlich zeigen die Daten der Statistik Austria, dass etwa acht bis neun Prozent der Kinder in der Vorschule oder ersten Schulstufe weniger als ein Jahr in Österreich verbracht haben. Diese Kinder hatten daher keine Möglichkeit, den Kindergarten oder die Sprachförderangebote zu besuchen.
Wiens Vizebürgermeister Wiederkehr für verpdlichtendes Kindergartenjahr
"Man sieht, dass Sprachförderung nicht ausreichend stattfindet", so Wiens Vizebürgermeister und Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) vor Journalisten am Dienstag. Für ganz Österreich wurde von ihm ein zusätzliches, obligatorisches Jahr im Kindergarten gefordert. In Wien wurde kürzlich die Sprachförderung stark verbessert und es wurden 77 neue Mitarbeiter für die Kindergärten eingestellt. Ab Herbst wird es auch in jeder Familiengruppe und jeder Kleinkindgruppe eine dritte Betreuungsperson geben.
NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre kritisierte, dass im Vorfeld der neuen 15a-Vereinbarung (2022/23-2026/27) die Umsetzung des "alten" Vertrags nicht evaluiert worden sei. Man habe außerdem verabsäumt, neben dem quantitativen Ausbau das Augenmerk auch auf Qualität zu legen. Darüber hinaus brauche es auch einen Stufenplan für Verbesserungen im Kindergartenwesen. "Wir müssen den Leuten, die in diesem Bereich arbeiten, eine Perspektive geben." Traurig sei auch, dass trotz der verfehlten Ziele nichts Systematisches passiere.
Nach wie vor leide der Kindergartensektor unter zu wenig Personal. Daher unterstütze man auch die am Montag präsentierte Petition der Träger und Kindergarteninitiativen. "Es ist traurig, dass die Stakeholder jedes Jahr mit denselben Themen am Tag der Elementarbildung auf sich aufmerksam machen müssen."