Eine Studie kritisiert Online-Lebensmittelwerbung für junge Zielgruppen in sozialen Medien.
Wien. Über 70 Prozent der Lebensmittelwerbung in sozialen Medien für eine junge Zielgruppe vermarktet für diese ungeeignete Produkte. Das ist das Ergebnis einer Studie, die im Auftrag des Gesundheitsministeriums erstellt wurde. In einer Aussendung am Dienstag hieß es aus dem Ministerium, dass Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen ansteigen und Marketing von süßen, salzigen oder fetten Produkten diesen Trend stärke - es brauche daher strengere Regulierungen.
Rauch fordert strengere Regulierung von Lebensmittelwerbung mit Zielgruppe Kinder
"Gesunde Ernährung von Kindern und Jugendlichen ist die Voraussetzung, damit sie auch als Erwachsene länger gesund bleiben", wurde Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) zitiert. Eine gesunde, kostenlose Mahlzeit pro Schultag sei deshalb eine der Maßnahmen im Nationalen Aktionsplan Kindergarantie. Der Minister forderte im Kontext zur Studie eine strengere Regulierung von Lebensmittelwerbung mit Zielgruppe Kinder.
Durchgeführt wurde die Studie von der Universität Wien, die häufig genutzte Social-Media-Plattformen Instagram, Youtube, TikTok und Twitch auf Werbebeiträge für Lebensmittel, Getränke und Produktdarstellungen der 61 größten Lebensmittelmarken in Österreich sowie der reichweitenstärksten deutschsprachigen Influencer und Influencerinnen über ein Jahr lang - 1. Juli 2021 bis 30. Juni 2022 - analysierte.
Hälfte der Online-Inhalte von Lebensmittelmarken war an Kinder und Jugendliche gerichtet
Die Untersuchung ergab, dass rund die Hälfte der Online-Inhalte von Lebensmittelmarken in sozialen Medien explizit an Kinder und Jugendliche gerichtet war. Über 70 Prozent der in sozialen Medien gezeigten Lebensmittelwerbung sei laut Nährwertprofil der Nationalen Ernährungskommission (NEK) nicht für die Bewerbung an Kinder geeignet. Häufigste Produkte waren Schokolade und Süßwaren (17 Prozent), Getränke wie Limonaden (elf Prozent) sowie Fertiggerichte und Convenience-Lebensmittel (zehn Prozent).
Bei Influencer-Marketing sollten laut Nährwertprofil je nach Plattform zwischen 57 Prozent und 73 Prozent der Produkte nicht beworben werden. Hier waren je nach Plattform mit elf bis 28 Prozent ebenfalls Schokolade und Süßwaren am häufigsten, gefolgt von Kuchen, süßen Keksen und Gebäck (zwölf bis 23), Fertiggerichten und Convenience-Lebensmitteln (neun bis 22) und Getränken (elf bis zwölf). Auf YouTube-Kanälen mit Zielgruppe Kinder führen ebenfalls Schokolade und Süßwaren (28 Prozent) die Liste an, auf der Streamingplattform Twitch waren es hingegen Energy Drinks (44 Prozent).
Kinder erkennen oft schwer kommerzielle Inhalte
Das Gesundheitsministerium wies darauf hin, dass Influencer-Marketing zwar verpflichtend bezahlte Inhalten als Werbung ausweisen müsse, Kinder und Jugendliche aber trotz der Hinweise oft nur schwer zwischen nicht-kommerziellen und kommerziellen Inhalten unterscheiden können. Mehrere aktuelle experimentelle Studien ergaben demnach, dass Jugendliche den Empfehlungen häufig folgen würden, auch wenn sie die werbliche Intention erkennen.
"Wir müssen Kinder besonders vor dem Einfluss der Werbung schützen. Die neue Studie der Universität Wien zeigt deutlich: Neben Bewusstseinsbildung, Stärkung der Gesundheitskompetenz und freiwilligen Empfehlungen brauchen wir auch Beschränkungen bei der Lebensmittelwerbung, die sich speziell an Kinder und Jugendliche richtet", resümierte Rauch und kündigte dazu weitere Gespräche mit dem Koalitionspartner ÖVP an.
Die NGO foodwatch begrüßte den Vorstoß, so eine Regulierung sei längst überfällig, hieß es in einem Statement. Es müsse endlich Schluss damit sein, dass die Lebensmittelindustrie mit aggressiven Marketingtricks Kindern und Jugendlichen Burger, Süßigkeiten und Limonaden "andreht". Ein gesetzliches Werbeverbot für unausgewogene Lebensmittel sei zum Schutz der Kinder dringend nötig.