Laut dem Obmann des ÖVP-Seniorenbund in Oberösterreich sind offenbar Coronahilfen aus dem "Non Profit Organisationen-Unterstützungsfonds" auch für Personalkosten verwendet worden. Das sagte Obmann Josef Pühriger den "OÖ Nachrichten".
Der Seniorenbund der oberösterreichischen ÖVP hat für Vereine und Nichtregierungsorganisationen vorgesehene Corona-Förderungen in der Höhe von fast zwei Millionen Euro kassiert, obwohl Parteien und ihre Teilorganisationen davon ausgeschlossen sind. Auch der Tiroler Seniorenbund hat offenbar Geld - knapp 185.000 Euro - aus diesem Topf lukriert. Argumentiert wird das mit einer formalen Doppelexistenz des Seniorenbundes als ÖVP-Teilorganisation und als Verein.
Corona-Förderung laut Pühringer fast ausschließlich für Gehälter verwendet
Der Obmann
des oö. Seniorenbundes, Alt-Landeshauptmann Josef Pühringer, sagte im
Gespräch mit den OÖN, dass ein Viertel des Geldes an die Landesleitung,
der Rest an die 250 ansuchenden Ortsgruppen gegangen sei. "Mit dem Geld
für die Landesleitung wurden fast ausschließlich Gehälter bezahlt. Wir
haben 20 Mitarbeiter und in der Corona-Zeit keine Kurzarbeit in Anspruch
genommen." Hätte man dies getan, hätte man mehr öffentliches Geld
bekommen, ist er überzeugt.
Auf die Frage, ob er ausschließen könne, dass 2021 Veranstaltungen des Vereins auch dem Wahlkampf der ÖVP dienten, meinte er allerdings: "Im Wahlkampf kann sich das schon mal ein bisschen vermischen. Aber ich kann ausschließen, dass Gelder für politische Veranstaltungen verwendet wurden." Dass man etwas zurückzahlen muss, erwarte er, auch wenn Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) das bereits prüfen lässt, nicht. "98 Prozent unserer Tätigkeit sind Vereinstätigkeit. Da geht es um Veranstaltungen, Reisen und Bildungsprogramme. Kein Euro der Fördermittel wurde für Parteiarbeit benützt", beteuerte Pühringer, "wir haben ganz sicher nichts widerrechtlich verwendet".
ÖVP-Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec weist alle Vorwürfe zurück
Seniorenbund-Präsidentin Korosec weist in der Tageszeitung "Österreich" alle Vorwürfe zurück: "Es wurde alles nach bestem Wissen und Gewissen eingereicht." Förderungen seien "ausschließlich über den Verein abgewickelt worden". Und die Präsidentin der Bundesorganisation denkt auch nicht an Rückzahlungen: "Wir zahlen nichts zurück." Korosec deutet auch an, dass Oberösterreich und Tirol nicht die einzigen Bundesländer mit dieser Praxis waren: "Das haben einige gemacht."
Parteienfinanzierungs-Experte hält Vorgehen des ÖVP-Seniorenbund nicht für rechtens
Parteienfinanzierungs-Experte
Sickinger bezweifelt aber offenbar, dass alles rechtens ist: "Es ist
ausdrücklich ausgeschlossen, dass hier Personalkosten abgedeckt werden
dürfen", erklärte er im Ö1-"Morgenjournal". Das könnte auch den
Rechnungshof noch beschäftigen. Im Rechenschaftsbericht müssten die
Teilorganisationen ihre Einnahmen und Ausgaben offenlegen, "und da wird
der Rechnungshof natürlich Nachfragen haben", ist er überzeugt. Und wenn
dieser zur Ansicht gelange, dass die Förderung unzulässig war, "wäre
das die Annahme einer Parteispende einer öffentlich-rechtlichen
Körperschaft, und das dürfen Parteiorganisationen nicht".
Der oö. Seniorenbund will aber keine ÖVP-Vorfeldorganisation sein: "Dem OÖ-Seniorenbund ist auch keine politische Partei bekannt, in deren Statut/Satzungen eine Mitwirkung des Vereins OÖ-Seniorenbundes an der Willensbildung dieser Partei, etwa durch Entsendungen in deren Organe, vorgesehen wäre", schreibt Rechtsanwalt Werner Suppan in einer Stellungnahme. Den Förderbezug rechtfertigt man mit einem Schreiben aus dem Sozialministerium, in welchem dem Seniorenrat, in dem auch der Seniorenbund vertreten ist, geraten wird, einen Antrag an den NPO-Unterstützungsfonds zu stellen. Und man führt die Doppelexistenz als Teilorganisation der ÖVP und als gemeinnütziger Verein ins Treffen, die allerdings weitgehend personalident sind.
NEOS bringen Anzeigen gegen ÖVP Seniorenbund ein
Wegen der Aussage Pühringers, dass "mit dem Geld für die Landesleitung fast ausschließlich Gehälter bezahlt" wurden, bringen die NEOS Anzeigen gegen den Seniorenbund in Oberösterreich und Tirol ein. Die Förderungen aus dem NPO-Fonds dürfen laut Gesetz nur für Miete und Pacht oder Betriebskosten und dergleichen verwendet werden, nicht aber für Personalkosten. "Die ÖVP hat sich also nicht nur mutmaßlich rechtswidrig Förderungen in Millionenhöhe gekrallt, sie hat sie laut eigenen Aussagen auch unrechtmäßig verwendet", sagt NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos in einer Aussendung.
SPÖ fordert von ÖVP Rückzahlung der Förderung
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch
fordert die ÖVP indes auf, die Fördersumme von 1.915.194,14 Euro
zurückzuzahlen. Außerdem müsse geprüft werden, ob hier eine illegale
Parteispende für die ÖVP vorliege, betonte Deutsch in einer Aussendung.
FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz "empfiehlt" in einer Aussendung
Korosec und Pühringer "den Hut zu nehmen". Sowohl die SPÖ als auch die
FPÖ fordern erneut Neuwahlen.
Der SPÖ-Pensionistenverband betonte unterdessen, keine Förderung aus dem NPO-Fonds beantragt oder bezogen zu haben. Präsident Peter Kostelka erklärte auf Anfrage der APA, dass dies auch gar nicht möglich wäre, weil beim Pensionistenverband Bund, Land und Ortsgruppen eine Rechtspersönlichkeit seien. Außerdem gebe es einen Beschluss des Vorstandes, keine Förderung zu beantragen.