In Österreich rechnet die Immobilienwirtschaft nicht mit sinkenden Immobilienpreisen.
Es gebe sowohl dämpfende als auch treibende Faktoren, sagte Michael Pisecky, Vizeobmann des Fachverband der Immobilientreuhänder. Kritik übt der Fachverband an den strengeren Regeln für Immobilienkredite. "Es droht keine Immobilienblase", betonte der steirische Fachgruppenobmann Gerald Gollenz. Die Bautätigkeit dürfte nach dem Rekord 2021 wegen der Unsicherheiten in nächster Zeit sinken.
Keine sinkenden Preise bei Immobilien in Österreich erwartet
Auf die Immobilienwirtschaft schlagen derzeit mehrere Probleme durch. Die hohen Energiepreise sowie Lieferschwierigkeiten und Kostensteigerungen bei Baumaterialien beschäftigen die Branche ebenso wie die Zinswende. Der Fachverband, der jährlich den Immobilien-Preisspiegel erstellt, stellte zudem fest, dass die Preise für Eigentumswohnungen, sowohl für neue als auch gebrauchte, deutlich stärker gestiegen sind als die Mieten, die stärker mit den Einkommen zusammenhängen.
In Wien ist die Nachfrage bei Mietwohnungen kleiner als Angebot
In
Wien sei bei Mietwohnungen die Nachfrage teilweise sogar kleiner als
das Angebot, weshalb Pisecky hier einen hohen Anpassungsdruck ortet. Die
steigenden Zinsen könnten auch dazu führen, dass sich Investoren
längere Leerstände nicht
mehr leisten können oder wollen. Anders sehe die Entwicklung bei
Eigentumswohnungen aus. Zwei Drittel der fertigstellten Wohnungen sei
freifinanziert und davon würde die Hälfte im Paket gekauft durch
Investoren. Für Käufer, die die Wohnung selbst nutzen wollen, sei der
Markt deshalb eng und werde es auch bleiben, erinnerte Pisecky daran,
dass der Eigentumsmarkt in der Bundeshauptstadt generell extrem klein
sei. Er sei kaum größer als in Graz obwohl Wien fünfmal so groß sei.
Zu Weiner Immobilienmarkt zählt auch das Umland
Allerdings
müsse man zum Wiener Immobilienmarkt auch das Umland zählen. Das
Einzugsgebiet von Wien umfasse mittlerweile ganz Niederösterreich sowie
das Nordburgenland. Aufgrund von Homeoffice sei die Akzeptanz für weite
Strecken gestiegen, erklärte Pisecky. Für Gollenz leicht
besorgniserregend ist zudem, dass auch in Bezirken wie Tamsweg oder
Wels-Land die Grundstückspreise weit über 20 Prozent gestiegen sind.
Generell seien Baugründe in Österreich ein knappes Gut bei gleichzeitig
hoher Nachfrage.
Pisecky steht strengeren Regeln bei Kreditvergabe kritisch gegenüber
Den strengeren Regeln bei der Kreditvergabe steht Pisecky kritisch gegenüber, der Zeitpunkt sei "nicht
wirklich gelungen", weil gleichzeitig auch die Zinsen steigen. Die
Banken würden einen Rückgang des Neugeschäfts um ein Viertel teils sogar
um die Hälfte erwarten und viele Kundengruppen würden davon abgehalten,
Eigentum zu kaufen. Die Immobilienwirtschaft werde etwa junge Familien mit
mittleren Einkommen als Kundengruppen verlieren. Aus der Sicht von
Pisecky gebe es bei den Einkommen und den Kreditlaufzeiten noch
Spielraum. So seien Kredite, die auf 25 Jahre abgeschlossen wurden, im
Schnitt schon nach 18 Jahren zurückgezahlt worden. Meist sei es nur die
ersten paar Jahre eng, so Pisecky.
Derzeit keine klaren Festpreise in der Bauwirtschaft
Wegen der Unsicherheiten in der
Lieferkette gibt es in der Bauwirtschaft derzeit keine Festpreise.
Pisecky hält dies aber für ein vorübergehendes Phänomen: Wenn sich die
Lieferketten stabilisieren, werde es auch wieder fixe Preise
geben. Die Bauleistung werde stabilisiert durch Projekte, die jetzt in
der Warteschleife sind sowie durch den Bestand, bei dem thermisch
saniert und die Heizungen getauscht werden müsse.
Lagezuschlag in Wien bei Richtwertmieten ein Problem
Der Lagezuschlag
in Wien bei den Richtwertmieten im Altbau, den Bürgermeister Michael
Ludwig (SPÖ) nach der jüngsten Anpassung vor dem Verfassungsgerichtshof
(VfGH) grundsätzlich infrage stellt, macht auch der Immobilienwirtschaft Probleme. Das Gesetz sei von der Judikatur inzwischen dermaßen "zerlegt", dass die Frage zum Lagezuschlag nicht mehr mit
Rechtssicherheit zu beantworten sei, so Pisecky. Die Folge seien
tausende Verfahren und Gutachten und eine Belastung sowohl für Mieter
als auch Vermieter, ortet der Interessensvertreter dringenden
Reformbedarf. Auch für die Investitionen in die Dekarbonisierung brauche
es rechtliche Klarheit.
(Redaktionelle Hinweise: GRAFIK 0776-22, Format 88 x 80 mm) pro/phsAPA